Denkmalpflegeplan von Sankt Augustin Nicht geschützt, aber erhaltenswert

SANKT AUGUSTIN · Während sich vielerorts im Stadtgebiet die Baukräne drehen, alte Gebäude abgerissen und durch moderne Neubauten ersetzt werden, kommt eine wichtige Frage auf: Sind bisherige Gebäude ein Denkmal oder kein Denkmal, aber erhaltenswert, oder einfach nur "schön anzusehen", jedoch nicht unbedingt schützenswert?

 Wertvolles Ensemble: vorne das Bodendenkmal "Alte Kirche", in der Mitte geschützte Fachwerkhäuser und im Hintergrund die "neue" Pfarrkirche St. Augustinus in Menden. FOTO: THOMAS HEINEMANN

Wertvolles Ensemble: vorne das Bodendenkmal "Alte Kirche", in der Mitte geschützte Fachwerkhäuser und im Hintergrund die "neue" Pfarrkirche St. Augustinus in Menden. FOTO: THOMAS HEINEMANN

Antworten hierauf soll der neue Denkmalpflegeplan der Stadt Sankt Augustin bieten, dessen Erstellung sich derzeit auf der Zielgeraden befindet.

So gab das von der Stadt beauftragte Büro Voigt-Werling nun der Politik zu Protokoll, dass die Bestandsaufnahme und Analyse der Gebäude-, Boden- und sonstigen Denkmäler zu 80 Prozent abgeschlossen seien. Abgeschlossen seien auch die Erfassung und Bewertung der Denkmäler. Planungs- und Handlungskonzepte zum Erhalt und zur Pflege sollen im Laufe des Jahres erarbeitet werden, sagte Michael Werling.

Der Architekt und Denkmalpfleger ist Professor für "Baugeschichte, Stadtbaugeschichte und Entwerfen" an der Fachhochschule Köln und arbeitet sich seit Herbst 2013 tief durch die Stadtgeschichte Sankt Augustins.

Historische Karten, Archivalien und Begehungen seien hierfür notwendig gewesen, berichtete Werling im Umwelt-, Planungs- und Verkehrsausschuss: "Wir haben in den letzten Wochen auch sachkundige Bürger eingeladen, auch aus dem Arbeitskreis Stadtgeschichte, weil es für uns wichtig ist, die Leute einzubeziehen, die hier großgeworden sind."

Für Zeitreisen noch weiter in die Vergangenheit nutzte der Denkmalpfleger die Vorzüge preußisch-penibler Genauigkeit bei der Vermessung des Rheinlands. Bereits 1824 erstellten die preußischen Behörden ein Aufmaß der Ortsbebauung, das der Städtebauhistoriker auf moderne Katasterkarten übertrug. Grobe Züge zeigte auch das älteste nutzbare Aufmaß um das Jahr 1800, erstellt von zwei Brüdern, das als erstes Zeitfenster für die Denkmalbetrachtung in Sankt Augustin dient.

"Das Jahr 1893 ist unser nächstes Zeitfenster. Es zeigt, wie sich zum Beispiel Obermenden entwickelt hat. Da wurde städtebaulich nicht nur arrondiert (abgerundet), sondern auch gezielt städtebaulich entwickelt." Ein viertes Zeitfenster reicht bis 1950, als im heutigen Stadtgebiet große Flächen neu als Bauland ausgewiesen wurden. "Auf dieser Grundlage sind wir alle Stadtteile abgelaufen und haben untersucht, was noch da ist und was verloren gegangen ist.

Einiges, was wir gefunden haben, ist bereits als Denkmal ausgewiesen, aber auch einige andere Objekte sind sehr denkmalverdächtig", berichtete Michael Werling und präzisierte: "Ein Haus unter Denkmalschutz zu stellen heißt, dass es nicht nur von außen originär erhalten sein muss, sondern auch von innen. Denn gab es hier gravierende Veränderungen, greift der Denkmalschutz nicht."

An Türen geklingelt und nachgeschaut habe der Denkmalpfleger freilich nicht: "Das müssen Fachbetriebe prüfen." Und selbst wenn der Denkmalschutz nicht gegeben sei, könnten Gebäude dennoch "erhaltenswert" sein, betonte Michael Werling, der diese Gebäude im Pflegeplan erfasst hat, denn "sie gehören zum Stadtbild, und wir möchten sie nicht missen. Und 'erhaltenswert' heißt, dass dies für den Eigentümer nicht von Nachteil ist, sofern man von Nachteilen sprechen kann, sondern konkret: Hier steht ein Schätzchen".

Und für dessen Erhalt sollten sich Eigentümer und Stadt einsetzen. Das gelte auch für historische Wegebeziehungen, Wegekreuze, Heiligenhäuschen, für bestimmte Industrie- und Verkehrsanlagen wie die historischen Pfeiler der Mülldorfer Siegbrücke aus dem Jahr 1890, historische Hofanlagen, die einst entscheidend für das Leben der Dörfer waren, und sogar auch für so manchen Siedlungsbau aus den Fünfziger bis Siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts.

Etwa die Wohnhäuser in der Siedlung "Auf der Heide" in Sankt Augustin-Ort, die von Emil Steffann gebaut wurden, der als Kölner Kirchenarchitekt insbesondere für seine katholischen Sakralbauten in unzähligen Städten und auch in der Region seine Handschrift hinterließ.

Die zwischenzeitlich modernisierten Mehrfamilienwohnhäuser seien daher etwas Besonderes, betonte Michael Werling und ergänzte mit einem Augenzwinkern: "Zugegeben, sie waren früher schon sehr schlicht, hatten aber immerhin Kreuzfenster und Klappläden."

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