Interview "Mein Motto lautet: Lachen gegen Angst"

Özgür Cebe, in Deutschland geborener Kabarettist mit türkischen, kurdischen und armenischen Wurzeln, ist überzeugter Demokrat, Deutscher, gläubiger Moslem, Türke und bekennender Rheinländer in einer Person.

Mit seinem Programm "Freigeist oder geistfrei" tritt er am Donnerstag, 5. Februar, ab 20 Uhr im Haus Menden auf. Restkarten gibt es an der Abendkasse. GA-Mitarbeiter Paul Kieras sprach mit Cebe vor dem Auftritt.

Sehen Sie sich mehr als politischen Kabarettisten oder als Comedian?
Özgür Cebe: Als eine Mischung. Mein Programm enthält ebenso Elemente der Stand-up-Comedy wie solche des gesellschaftlichen und politischen Kabaretts. Aber nicht so knallhart, wie viele Kollegen es präsentieren. Nicht mit dem erhobenen Zeigefinger, sondern mit viel Humor.

Also eher auf die sanfte Tour?
Cebe: Nicht unbedingt, ich kann auch hart und vulgär. Aber nicht um vulgär zu sein, sondern nur dann, wenn es Sinn macht. Ansonsten halte ich mich an den Satz: Wenn der kürzeste Weg zwischen zwei Menschen ein Lächeln ist, dann ist das Lachen wohl ein Kuss.

Aber Sie teilen auch ordentlich aus.
Cebe: Ja, allerdings beleidige ich nie Institutionen, also beispielsweise nie den Islam oder den Katholizismus, sondern immer nur die Menschen - und auch nur, wenn es die Situation erfordert.

Zum Beispiel?
Cebe: Nehmen wir die Terroristen, die im Namen Allahs Anschläge verüben. Über die muss man sich lustig machen. Terroristen bekämpft man am besten mit Satire, indem man sie lächerlich macht. Ihre Macht ist das Schüren von Angst - übrigens dasselbe Mittel, das die Rechten in Deutschland anwenden, wie Pegida zeigt. Mein Motto lautet: Lachen gegen Angst.

Wie definieren Sie Rassismus?
Cebe: Rassismus ist für mich das Selbstbewusstsein der Charakterlosen und kein Problem bestimmter Nationalitäten, sondern ausschließlich des Charakters. Rassismus gibt es überall. Ich will Vorurteile brechen und Mauern in den Köpfen einreißen. Es gibt genug Muslime, die nach dem Freitagsgebet auch mal ordentlich einen heben gehen, die wie Christen auch Sexualität vor der Ehe haben. Allerdings sind die Medien nicht ganz unschuldig an dem Bild, das viele Deutsche vom Islam haben. Dabei leben die meisten Muslime nicht anders als ihre deutschen Mitbürger. Der Islam hat viele Strömungen, wird aber meist einseitig radikal dargestellt.

Wie weit darf Satire gehen?
Cebe: Ich kann nicht beantworten, wo die Grenze gezogen werden muss. Auf jeden Fall hört für mich Satire da auf, wo Volksverhetzung beginnt. Aber auch das ist schwer zu beurteilen. Zeichnet man einen Araber mit Hakennase, gilt das als Satire, zeichnet man einen Juden so, wird das als Volksverhetzung gewertet. Die Satire gehört aber zu unserem hohen Grundrecht der Presse- und Meinungsfreiheit.

Wie beurteilen Sie die Entscheidung des Festkomitees Kölner Karneval, den Motivwagen zu "Charlie Hebdo" zurückzuziehen?
Cebe: Das ist für mich ein Skandal. Ein Schwanz-Einkneifen. Der Wagen war ein wunderbares Bild, wie Satire gegen Terror eingesetzt wird. Ein Bleistift steckt in einem Gewehr und macht es so unbrauchbar. Damit war der Nagel auf den Kopf getroffen.

Haben Sie Ihr Programm nach dem Terroranschlag in Paris denn geändert?
Cebe: Einen Tag später bin ich in Berlin aufgetreten und habe einige Programmpunkte etwas entschärft. Aber nicht, weil ich vor dem Terror eingeknickt bin, sondern aus Pietätsgründen.

Haben Sie eine abschließende Botschaft?
Cebe: Wir sollten alle nicht päpstlicher als der Papst sein und nicht mulliher als der Mullah.

Zur Person

Özgür Cebe wurde 1974 in Bielefeld geboren und zog 1975 mit seinen Eltern nach Bonn. Er ist Schauspieler, Kabarettist und Comedian. Im letzten Ausbildungsjahr zum IT-Systemkaufmann begann Cebe eine Ausbildung zum Schauspieler, die er mit Bühnenreife abschloss. Bekannt wurde er durch verschiedene Rollen in TV-Serien wie "Alarm für Cobra 11" oder aus Kaya Yanars "Was guckst du?!". Mit seinem ersten Soloprogramm "Der bewegte Muselmann" machte er sich auch als Kabarettist einen Namen

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