Infoveranstaltung in Sankt Augustin Medienzentrale platzt aus allen Nähten

Sankt Augustin · Riesenandrang am Mittwochabend bei der Informationsveranstaltung zur neuen Flüchtlingsunterkunft in Sankt Augustin: Mehrere hundert Bürger zog es auf Einladung der Stadt zur ehemaligen Medienzentrale der Bundeswehr, die ab September als zentrale Unterbringungseinrichtung genutzt werden soll.

Da nur 400 Besucher in das ehemalige Fernsehstudio passten, musste der Rest draußen bleiben. Es wird nun eine weitere Infoveranstaltung angeboten. Während vor dem Haupteingang die Enttäuschung groß war, wurde drinnen offen und sachlich diskutiert. Vertreter der Bezirksregierung Köln, der Stadt, der Polizei und des Betreibers European Homecare standen Rede und Antwort. Mit Marcus Bloser war ein professioneller Moderator engagiert worden.

Wie berichtet, sieht die Bezirksregierung Köln in der leer stehenden Medienzentrale einen idealen Standort für eine zentrale Unterbringung von Flüchtlingen. Sie ist dazu gedacht, dass die Menschen nach ihrer Flucht zur Ruhe kommen, Sprachkenntnisse erwerben sowie die deutsche Kultur kennenlernen. Das ist ein Unterschied gegenüber Erstunterkünften oder Notunterkünften wie in Troisdorf; dort geht es darum, die Menschen zu registrieren und ärztlich zu untersuchen. In der Medienzentrale sind 500 Plätze vorgesehen, in Spitzenzeiten sollen sogar bis zu 800 Flüchtlinge aufgenommen werden.

Bürgermeister Klaus Schumacher erinnerte daran, dass Sankt Augustin schon in den 80er Jahren vor der Aufgabe stand, viele Aussiedler und Flüchtlinge aufnehmen zu müssen. "Wir haben solche Herausforderungen immer gestemmt", sagte er, ermunterte das Publikum aber ausdrücklich, kritische Fragen zu stellen. Die gab es denn auch - wenngleich die geplante Unterkunft in keiner Wortmeldung auf pauschale Ablehnung stieß.

[fotos]Ein Teil der Nachfragen bezog sich auf die Wohnqualität in der Nachbarschaft: Sinkt der Wert der Immobilien? Wilhelm Steitz von der Bezirksregierung äußerte Verständnis, meinte aber, dass es keinen Anspruch auf "Nicht-Veränderung des Umfelds" gebe. Bloser wurde deutlicher und bestritt einen Zusammenhang: "Das ist nicht belegbar." Das Land will die Medienzentrale für einen Zeitraum von zehn Jahren vom Bund mieten.

Infoveranstaltung in Medienzentrale
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Eine Bürgerin wollte wissen, ob im Umfeld von Flüchtlingseinrichtungen ein erhöhtes Gesundheitsrisiko bestehe - weil Bewohner Virusinfektionen mitbringen könnten. Steitz: "Einer Flüchtlingsfamilie zu begegnen, ist genau so gefährlich wie mit den Kölner Verkehrsbetrieben zu fahren." Heißt: Es gebe immer und überall ein Ansteckungsrisiko. Flüchtlinge würden aber in den Erstaufnahmestellen ärztlich untersucht und nähmen in der Regel auch die Impfangebote wahr, so Steitz.

"Wenn 800 Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen auf engstem Raum zusammenleben, dann sind Konflikte nicht ausgeschlossen - zumal die Menschen in der Einrichtung zum Nichtstun verdammt sind", sagte ein Anwohner. Ein anderer erklärte, er störe sich überhaupt nicht an der Unterkunft als solcher.

Er hinterfragte jedoch das Konzept: Dieses sieht vor, dass die Flüchtlinge nur drei bis sechs Wochen bleiben, bis sie auf Kommunen verteilt werden. "Da ist Integrationsarbeit kaum möglich", so der Sankt Augustiner. Dem widersprach Snezana Doroski, Leiterin einer Unterkunft in Neuß. Dort seien bis zu 40 Ehrenamtliche engagiert.

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