"Zu Gast auf dem Sofa" Lesung eines Modernitätsverweigerers

SANKT AUGUSTIN · Ob er ein Modernitätsverweigerer wie der Protagonist seines neuen Romanes sei, wollte Moderatorin Susanne Kundmüller-Bianchini von Autor Wilhelm Genazino am Donnerstagabend wissen. "Ich habe keinen Computer, kein Auto oder Handy", erzählte der 71-Jährige daraufhin.

Er habe Angst, von der Technik abhängig zu sein und ertrage die Geräusche des Computers nicht. Dagegen lobte er seine leise und unzerstörbare Schreibmaschine, auf der seine Bücher entstehen würden. Diese und andere Anekdoten aus der Welt des Autors konnten rund 100 Besucher der Veranstaltung "Zu Gast auf dem Sofa" in der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg erfahren. Die Lesereihe wird von der Hochschulbibliothek in Kooperation mit der Bücherstube Sankt Augustin und dem General-Anzeiger präsentiert.

Wilhelm Genazino war eingeladen, seinen neuen Roman "Bei Regen im Saal" vorzustellen. Die stellvertretende Bibliotheksleiterin Susanne Kundmüller-Bianchini führte durch den Abend und entlockte dem Schriftsteller noch mehr Gemeinsamkeiten mit seinem Protagonisten, der sich in der Geschichte des Buches als Bar-Mixer, Provinzjournalist oder Überwinder durchschlägt. Auch der 71-Jährige arbeitete für Lokalzeitungen und ab den 1970er Jahren für die Satirezeitschrift "Pardon". Als er als Schriftsteller zu arbeiten begann, bescheinigte ihm die Frankfurter Allgemeine Zeitung "psychologischen Realismus sowie Nüchternheit und Genauigkeit im Detail".

In seinem aktuellen Roman liebt der Protagonist ebenfalls die Beobachtung von Details und findet darin seine Profession, die er dem angepassten Leben seiner Mitmenschen entgegenstellt. Was dem Leser auf den ersten Blick wie eine Schwäche vorkommen könnte, beschreibt Genazino im Gespräch mit der Moderatorin als eine Stärke. Sich die Lebendigkeit zu bewahren und nicht im Alltagstrott zu versinken, das sei ein ganz zentrales Thema seiner Werke.

Der Autor ließ in der Veranstaltung seinen Gedanken und Assoziationen freien Lauf, was dazu führte, dass er hin und wieder den Faden verlor, den die Moderatorin gekonnt wieder aufgriff. Fast eine Stunde las er aus seinem Werk, das es am Ende der Veranstaltung für die Besucher zu kaufen gab.

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