Kinderschutzbund in Sankt Augustin "Kinderschutz muss Pflicht werden"

SANKT AUGUSTIN · "Man braucht nicht mehr so viel Mut wie früher, um sich für den Schutz der Kinder einzusetzen." Mit diesen Worten versuchte die Vorsitzende des Deutschen Kinderschutzbundes (DKSB) in Sankt Augustin, Sibylle Friedhofen, den Wandel zum Thema Missbrauch und Gewalt an Kindern zu beschreiben.

 Die Gesichter der Beratungsstelle (v.l.): Birgit Hund-Heuser, Sibylle Friedhofen und Anja Brückner-Dürr.

Die Gesichter der Beratungsstelle (v.l.): Birgit Hund-Heuser, Sibylle Friedhofen und Anja Brückner-Dürr.

Foto: Martina Welt

In Sankt Augustin feierte die Anlauf- und Beratungsstelle des DKSB gegen sexuellen Missbrauch, Misshandlung und Vernachlässigung von Kindern jetzt ihren 25. Geburtstag.

Auch das Kinderbildungsgesetz habe dazu beigetragen, dass der Kinderschutz stärker in den Fokus der Gesellschaft gerückt werde, so Friedhofen weiter. In Sankt Augustin sind es die beiden Sozialpädagoginnen Anja Brückner-Dürr und Birgit Hund-Heuser, die möglichst niederschwellige Angebote und Projekte initiieren.

Kinderschutzbund muss um Finanzierung kämpfen

Und dennoch: Jedes Jahr muss Friedhofen aufs neue um die Finanzierung kämpfen. Deshalb fand die Vorsitzende auch kritische Worte. "Eigentlich müssten wir nach 25 Jahren aus der Probezeit heraus sein", meinte sie vor den zahlreichen Geburtstagsgästen. Ihr Wunsch wäre eine längerfristige Finanzierungssicherheit auch im Hinblick auf ihre Mitarbeiterinnen, denen sie attestierte, dass sie ihre Arbeit "mit Leidenschaft, Energie, Engagement, Freude, Herz und Verstand" wahrnähmen. Die Beratungsstelle ist laut Friedhofen für den gesamten Rhein-Sieg-Kreis zuständig und werde dementsprechend aus dem Kreishaushalt finanziert, in dem sie allerdings immer noch als freiwillige Leistung aufgeführt sei. Friedhofens Forderung: "Der Kinderschutz muss zur Pflichtaufgabe werden."

Einen kleineren Anteil der Kosten übernimmt das Land. Zu 90 Prozent besteht die Arbeit der Sozialpädagoginnen aus der Beratung bei sexuellem Missbrauch von Kindern und Jugendlichen. Dazu zähle neben der Krisenintervention auch die Präventionsberatung, die immer wichtiger werde. "Prävention ist unser Auftrag, der wird jedoch nicht im Budget berücksichtigt", machte Hund-Heuser auf eine weitere Herausforderung bei der täglichen Arbeit aufmerksam. Jeder, der Gewalt gegen Kinder oder Jugendliche vermute, könne einen Beratungstermin vereinbaren - wenn gewünscht auch anonym. "Wann immer etwas auffällt, ist es sogar Aufgabe der Erzieher, Lehrer oder Nachbarn, sich beraten zu lassen", sagte Brückner-Dürr. Die Begleitung der betroffenen Familien könne sich unter Umständen über Jahre hinziehen, beschrieben die Mitarbeiter einen wichtigen Teil ihrer Arbeit und die der neun ehrenamtlichen Betreuer.

Flüchtlingskinder stellen den Bund vor neuen Herausforderungen

Einer, der von Beginn an dabei war, ist Sozialpädagoge und Bürgermeister Klaus Schumacher. Mit Puppe Charly, an der Kinder oftmals vieles zeigen, was sie nicht aussprechen können, erinnerte er sich daran, wie Kinderschutz vor 35 Jahren mit dem Seelsorgetelefon angefangen hatte. "Der Deutsche Kinderschutzbund reagiert auf gesellschaftliche Nuancen", und sei Brückenbauer zu den Fachleuten, so dass der Ruf weit über die Grenzen der Stadt hinaus reiche, lobte Schumacher.

Neue Herausforderung werden die Flüchtlingskinder sein. Es müsse Standards geben, "um die Kinder in den Einrichtungen vor sexueller Gewalt und weiterer körperlicher Gewalt zu schützen", sagte Brückner-Dürr.

Erreichbar ist die Anlauf- und Beratungsstelle des Deutschen Kinderschutzbundes unter Tel. 02241/28000 oder per E-Mail unter info@kinderschutzbund-sankt-augustin.de

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