Rathaus Sankt Augustin Im Clinch um einen Aufsichtsratssitz

SANKT AUGUSTIN · Der Bürgermeister hat zur zweiten Sitzung des Stadtrates nach den Wahlen im Mai geladen. In die Sitzung am Mittwoch ab 18 Uhr im Rathaus wird die erste und konstituierende Sitzung, in der die CDU auf bittere Weise erfahren musste, dass sie keine Mehrheit mehr stellt, noch kräftig hineinwirken.

 Unter einem Dach: Die Wirtschaftsförderungsgesellschaft und die Kreishandwerkerschaft.

Unter einem Dach: Die Wirtschaftsförderungsgesellschaft und die Kreishandwerkerschaft.

Foto: Michael Lehnberg

So wie es CDU, FDP und Aufbruch sehen, haben die Fraktionen sowie die Stadtverwaltung in der turbulenten Sitzung, in der sich SPD, der ehemalige CDU-Partner FDP und Grüne zu einer Liste zusammengeschlossen hatten, bei der Vergabe der Aufsichtsratsposten für die Wirtschaftsförderungsgesellschaft (WFG) nicht aufgepasst. Und nun hat sich darüber ein politischer Streit entzündet - ein Clinch um Pöstchen und Mehrheiten.

Der angestammte Sitz für die Kreishandwerkerschaft wurde - nach Aussage der CDU und Bürgermeister Klaus Schumacher unbeabsichtigt - einstimmig an ein Ratsmitglied vergeben und die Kreishandwerkerschaft quasi vergessen. Stellvertreter wäre die Industrie- und Handelskammer (IHK) gewesen. Beide Institutionen sind bereits seit 2004 in dieser Konstellation im WFG-Aufsichtsrat vertreten. Dass das so ist, war bisher bei allen Parteivertretern auch Konsens - außer bei den Grünen.

Stand jetzt ist, dass Kreishandwerkerschaft und die IHK als ihr Stellvertreter nicht mehr dabei sind, was aber nun geändert werden soll. Bei einem Krisengespräch zwischen Bürgermeister Schumacher und den Faktionsvorsitzenden am Montagabend verständigten sich die Fraktionen darauf, den WFG-Aufsichtsrat um einem Sitz aufzustocken. Zusätzlich dazu soll ein Wirtschaftsbeirat ins Leben gerufen werden. "Wir wollen den Bürgermeister jetzt nicht im Regen stehen lassen", sagte SPD-Fraktionschef Marc Knülle am Dienstag auf Anfrage.

Besonders pikant war, dass Schumacher die Kreishandwerkerschaft und die Industrie- und Handelskammer vor der ersten Ratssitzung bereits aufgefordert hatte, einen Kandidaten für den Aufsichtsrat zu benennen, was auch geschehen ist. Dabei handelt es sich nicht um irgendwen: Immerhin wurden Hauptgeschäftsführer Alois Blum und Dario Thomas, Leiter des Kompetenzzentrums für Fachkräftesicherung bei der IHK, benannt.

"Uns war das schon bewusst, dass die Kreishandwerkerschaft nicht mehr im Aufsichtsrat ist", widerspricht Knülle der Darstellung der CDU, man habe nicht aufgepasst. Man habe inhaltlich auch etwas anderes vor mit der WFG. Deshalb auch der Plan mit dem Wirtschaftsbeirat. Ein entsprechender Antrag von SPD, Grünen und FDP liegt dem Stadtrat vor. Die CDU will laut Fraktionschef Georg Schell nun den Änderungsantrag vorlegen, den Aufsichtsrat um einen Sitz aufzustocken.

Noch steht in der Satzung der WFG explizit aufgeführt, dass der Kreishandwerkerschaft ein Sitz im Aufsichtsrat eingeräumt werden soll. Dieser Passus sollte geändert werden, wird nun aber bleiben - noch. "Für die nächste Ratsperiode werden wir das dann neu diskutieren", so Knülle, der für den Wirtschaftsbeirat wirbt. "Da kommen doch die wichtigen Player der Stadt an einem Tisch zusammen", so Knülle.

Im WFG-Aufsichtsrat werde dagegen gar nicht über die Sankt Augustiner Wirtschaft diskutiert. "Das ist ein Kontrollgremium einer städtischen Gesellschaft. Da geht es nicht um Konzepte." Der WFG-Aufsichtsrat hat derzeit zwölf Sitze. Davon entfallen fünf auf die CDU, vier auf die SPD, dazu jeweils einer für FDP und Grüne sowie für einen Vertreter der Stadtverwaltung. Das ist der Erste Beigeordnete Rainer Gleß - Pattsituationen sind da immer möglich, was nun aber ausgeschlossen werden soll.

Er sei sich durchaus bewusst gewesen, dass die Kreishandwerkerschaft nicht in den Aufsichtsrat gewählt worden sei, sagte Grünen-Fraktionschef Martin Metz. "Für eine wirksame und transparente Einbindung des städtischen Wirtschaftslebens ist der Weg über ein Aufsichtsratsmitglied, das auch noch der Verschwiegenheit unterliegt, auch denkbar ungeeignet." Ein Wirtschaftsbeirat könne da viel besser vernetzen sowie offen und transparent beraten.

"Das ist sicher keine schöne Situation gewesen und im Eifer des Gefechts durchgegangen, aber auch wir halten den Wirtschaftsbeirat für sinnvoll", sagte die FDP-Fraktionsvorsitzende Stefanie Jung. Sie erhoffe sich davon ein stärkeres Hineinwirken der städtischen Wirtschaft in die WFG. Dem Aufbruch ist auch durchgegangen, dass die Kreishandwerkerschaft nicht berücksichtigt wurde. "Wir halten aber einen Wirtschaftsbeirat durchaus für sinnvoll, weil dort mehr Stimmen der Wirtschaft zum Tragen kommen", sagte Fraktionschef Wolfgang Köhler.

In der Ratssitzung am Mittwochabend (18 Uhr, Rathaus) wird die Wirtschaftsförderungsgesellschaft Thema sein.

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