Wohnpark Niederpleis Gemeinsam gegen den Müll

SANKT AUGUSTIN · Im vergangenen Mai hatte Margret Datz genug gesehen. Seit fast 25 Jahren wohnt Datz schon im Wohnpark Niederpleis, aber in den beiden Vorjahren sei es schlimmer geworden mit dem Müll.

 Auch in Spanisch sollen die Anwohner sensibilisiert werden.

Auch in Spanisch sollen die Anwohner sensibilisiert werden.

Foto: Holger Arndt

"Hier wurde es immer dreckiger", sagt die 68-Jährige. Windeln, Essensreste, Dosen: Jeden Tag sah Datz die Überreste. Also schrieb die pensionierte Lehrerin laut eigener Aussage viele Briefe: an Bürgermeister Klaus Schumacher, an Sozialdezernent Marcus Lübken, an die Parteien und ans Jugendamt. "Ich habe einfach genervt", sagt sie: "Aber anfangs fühlte sich niemand zuständig."

Irgendwann wurde sie erhört, der Bauhof schaute öfter vorbei, sammelte den Müll ein. Doch damit war Datz nicht zufrieden. Sie wollte, dass die Menschen eigenverantwortlich dafür sorgen, dass der Müll entsorgt wird. "Das könnte hier eine so schöne interkulturelle Begegnungsstätte sein - wenn es sauberer wäre", sagt Datz.

Also rief sie gemeinsam mit anderen Anwohnern eine neue Interessengemeinschaft ins Leben: "Gemeinsam für einen sauberen Wohnpark" - unterstützt von der Stadtteilwohnung, einer von acht Einrichtungen des Vereins zur Förderung der städtischen Jugendeinrichtungen in Sankt Augustin. Weitere Kooperationspartner sind das Familienzentrum Wacholderweg sowie das marokkanische Kulturzentrum.

Los ging es im September 2014: Beim Anwohnerfest sammelten die von der Stadtteilwohnung betreuten Kinder Müll, wogen und entsorgten ihn. Zudem befragten sie die Anwohner. Das Motto der Aktion: "Der Dreck muss weg." Die Resonanz war positiv, viele hatten den Dreck ebenfalls schon bemerkt.

Zum Start der Freiluftsaison auf den Spielplätzen des Wohnparks wollen die Macher nun optisch für ihr Anliegen werben. Deshalb haben sie Banner und Aufkleber entworfen - und zwar mehrsprachig: deutsch, französisch, türkisch und spanisch. Darauf steht in der jeweiligen Landessprache: "Sommer. Sonne. Sauber. Schön." Ute Braun, Projektleiterin von der Stadtteilwohnung, sagt: "Keiner fühlt sich hier für das Müllproblem verantwortlich. Das wollen wir durch das Projekt ändern, aber ohne nervtötend zu sein oder den Zeigefinger zu heben." Ihre Kollegin Kessy Berger sagt: "Die Kinder waren letztes Jahr schon beim Anwohnerfest mit Feuereifer dabei. Wir hatten mehr Freiwillige als Helferwesten."

Jeden Freitag betreut die "Stadtteilwohnung" im Wohnpark Kinder, begleitet vom Spielwagen "August". Dabei steht der Müll im Mittelpunkt: Unter anderem basteln die Kinder, dabei verwenden sie Abfall und nutzen ihn gestalterisch - etwa den Verschluss eines Tetra Paks, mit dem sie beispielsweise einen Bilderrahmen verzieren. Und sie sammeln Müll wie im vergangenen Jahr. Eine von ihnen ist Yousra Sammat. Die Neunjährige sagt: "Es hat Spaß gemacht, weil es dadurch sauberer wird. Es ärgert mich, wenn Menschen ihren Müll liegen lassen. Ich finde, das ist Umweltverschmutzung." Bei der Vorstellung der Banner sagte Anne-Katrin Silber-Bonz, Vorsitzende des Vereins zur Förderung der städtischen Jugendeinrichtungen: "Es ist toll, was hier geschaffen worden ist. Das Umfeld wurde für das Thema Müll sensibilisiert."

Es hat sich also etwas getan im Wohnpark, seit Margret Datz vergangenes Jahr ihre Protestschreiben verschickt hat. Datz sagt mittlerweile: "Letztes Jahr wäre ich hier nicht mit meinen Enkeln auf den Spielplatz gegangen - jetzt schon."

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