Seelsorgebereich Sankt Augustin Eine Frau für alle Fälle

SANKT AUGUSTIN · Jeden Mittwoch kommen sie. Die Menschen, die wenig Geld haben. Mitunter so wenig, dass sie sich nicht einmal etwas zu essen kaufen können. Die Sankt Augustiner Tafel am Pfarrweg 9 in Mülldorf hat regen Zulauf.

 Netzwerk der Hilfe und Helfer: Irmgard Hölzemann koordiniert den Lotsenpunkt.

Netzwerk der Hilfe und Helfer: Irmgard Hölzemann koordiniert den Lotsenpunkt.

Foto: Michael Lehnberg

Es gibt dort immer genügend Lebensmittel und Konserven, um die Hilfesuchenden zu versorgen. Einen Kaffee und ein Stück Kuchen im Pfarrheim gibt es dazu, und seit Anfang Juni mit dem "Lotsenpunkt" ein neues Hilfsangebot für den Seelsorgebereich Sankt Augustin.

Die Anlaufstelle ist dafür da, jene Menschen zu unterstützen, die mit einem Problem, sei es nun eines mit Behörden, wegen mangelnder Sprachkenntnisse oder mit sich selbst, nicht fertig werden. "Wir kümmern uns um jeden, der Hilfe bei uns sucht", sagt Irmgard Hölzemann.

Die Sankt Augustinerin koordiniert den Lotsenpunkt, bei dem es sich um ein Pilotprojekt des Diözesan-Caritasverbandes des Erzbistums Köln handelt. "Wir haben uns darum beworben und den Zuschlag bekommen", sagt die engagierte Mülldorferin, die früher für die SPD im Sankt Augustiner Stadtrat saß. Verantwortlich für das Projekt insgesamt zeichnet Dechant Fred Schmitz.

Noch ist der Lotsenpunkt im Aufbau begriffen, wenn auch schon der eine oder andere vorbeikam. "Über mangelnden Zulauf können wir uns nicht beklagen", sagt Hölzemann, die dringend ehrenamtliche Helfer sucht, die im Team mitarbeiten möchten. Annemarie Schwabedal macht das bereits und wird gerade "angelernt" . Möglichkeiten zu helfen gibt es viele. "Manches Mal reicht es schon, wenn man ein guter Zuhörer ist", sagt Schwabedal. Da komme der ein oder andere auch mal nur zu einem "Schwätzchen".

Das ist aber die Ausnahme. In der Regel sind die Sorgen groß. Etwa die des jungen Pärchens aus Albanien, dessen sich der Rechtsanwalt Bernhard Schölwer angenommen hat. Der Asylantrag wurde abgelehnt, jetzt sollen die beiden binnen einer Woche ausgewiesen werden, und das, obwohl die junge Frau schwanger ist.

"Das ist aber eine besondere Härte." So hofft Schölwer zu erreichen, dass die Aufenthaltsgenehmigung doch noch verlängert wird. "So bringt sich jeder unserer Helfer mit dem ein, was er kann", freut sich Hölzemann.

Der Lotsenpunkt ist ganz bewusst nahe der Sankt Augustiner Tafel angesiedelt worden, und er hat auch dann geöffnet, wenn die Tafel die Lebensmittel ausgibt. "Hier ist ja unsere Klientel", sagt Hölzemann. Wenngleich sie nicht erst darauf wartet, bis jemand zu ihr kommt und sein Herz ausschüttet. "Wir gehen auch gezielt auf die Menschen zu", so Hölzemann, die sich die Gäste im Kontaktcafé - der Vorläufer des Lotsenpunktes gewissermaßen - genau anschaut.

"Wenn da jemand allzu traurig ausschaut, frage ich ihn, ob er nicht Hilfe braucht und rüberkommen will zu mir", sagt sie. Jeden Mittwoch ist Sprechstunde im Lotsenpunkt, jeweils von 14 bis 16 Uhr. Nicht in jedem Fall ist direkte Hilfe möglich. "Aber wir wissen, wer bei welchen Problemlagen helfen kann, und vermitteln. Wir gehen auch selber mit den Hilfesuchenden dorthin, wenn sie es sich nicht zutrauen", so Hölzemann.

"Grundsätzlich bieten wir Hilfe jeder Art an, nur keine finanzielle", sagt sie weiter. Der Familie, die immer wieder nach 6000 Euro für eine medizinische Therapie gefragt hat, erteilte Hölzemann eine Absage. "Abgesehen davon, dass wir so etwas nicht unterstützen: Die Familie hatte es nur auf das Geld abgesehen."

Es ist ein Ausnahmefall. Oft dagegen sitzt Irmgard Hölzemann mit einem Klienten am Schreibtisch und schreibt einen Brief für ihn, sie hat aber auch schon mal für eine Person mehrere Tage lang das Essen gekocht oder begleitet ihre "Kunden" zur Kleiderstube nach Menden, wo für die Caritas-Gutscheine eingekauft werden kann. "Das Wichtigste von allem aber ist, dass die Menschen unsere Wertschätzung spüren und wir sie so annehmen, wie sie sind", sagt Hölzemann.

Regelmäßig treffen sich die Koordinatoren in Köln, um sich auszutauschen. Auf ein Jahr ist das Projekt wie in 16 anderen Gemeinden auch, zunächst angelegt. "Es soll aber in unserem Seelsorgebereich fortgeführt werden, auch wenn die Caritas die Finanzierung nicht mehr übernimmt", sagt Hölzemann, die damit begonnen hat, ein Netzwerk der Hilfe und Helfer aufzubauen. "Auch das sehe ich als meine Aufgabe." Die Zusammenarbeit mit Claudia Gabriel vom Caritasverband Rhein-Sieg sei schon mal sehr gut.

Zwei Projekte hat sie schon in der Planung. So will sie einen Sprachkursus organisieren. "Da steht die Finanzierung schon fast. Ich brauche nur noch jemanden, der ihn macht", so Hölzemann, die sich auch vorstellen kann, einen Kochkurses anzubieten - Lebensmittel dafür gibt es jeden Mittwoch in der Tafel genug.

Lotsenpunkt

Der Lotsenpunkt im Seelsorgebereich Sankt Augustin ist jeden Mittwoch von 14 bis 16 Uhr im Pfarrbüro der Gemeinde Sankt Mariä Heimsuchung am Pfarrweg 9 geöffnet. Gesucht werden noch freiwillige Helfer, die sich engagieren wollen. Voraussetzung ist Interesse am Kontakt mit anderen Menschen, Akzeptanz und Wertschätzung sowie die Bereitschaft, im Team zu arbeiten und sich auf neue Erfahrungen einzulassen.

Nähere Informationen erteilt Koordinatorin Irmgard Hölzemann unter der Telefonnummer 0151/2236 22 81 oder Fred Schmitz, Caritasbeauftragter im Seelsorgebereich, unter der Telefonnummer 02241/999 45 54.

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