Kräutergarten in Sankt Augustin Ein Ort der Ruhe und Selbstfindung

SANKT AUGUSTIN · GA-Serie zum Frühlingsbeginn: Im Kräutergarten der Steyler Missionare wachsen heimische und exotische Kräuter. Er wird jeden Freitag gehegt und gepflegt.

 Jeden Freitag wird im Kräutergarten gearbeitet.

Jeden Freitag wird im Kräutergarten gearbeitet.

Foto: Holger Arndt

Zwei knallbunte Primelchen, die frisch eingepflanzt wurden, bilden derzeit die einzigen Farbtupfer am Wegesrand des riesigen Klostergartens der Steyler Missionare. Das Rauschen des Windes in den alten Bäumen, Vogelgezwitscher und das immer wiederkehrende Klopfen des Spechtes sind die einzigen Geräusche, die die erholsame Stille der Natur unterbrechen.

An einer Lichtung tummeln sich die einzigen Gäste des Klostergartens, die sich jeden Freitagnachmittag dort treffen. Es ist die Gruppe um Anne Schwabedal, die den Kräutergarten des Klosters pflegt. Jetzt wird er für den Frühling vorbereitet, und die Hobbygärtner hacken den Boden auf, teilen die vielen Kräuter, die sich im Moment noch gegenseitig den Platz wegnehmen, und schneiden Stauden zurück. In den Pausen gibt es Ingwertee und selbst gebackene Plätzchen.

Als hier alles anfing vor mehr als zehn Jahren, das genaue Datum weiß keiner der Akteure mehr, musste an der Stelle des Kräutergartens zunächst ein riesiger Nussbaum weichen. Dort, wo die Wurzel des Baumes entfernt wurde, entstand ein beeindruckender Krater, erinnert sich Anne Mayer, die von Beginn an in dem Kräutergartenteam mitarbeitet.

Das Team umfasst ungefähr zehn Leute, drei bis vier Gärtner finden sich allwöchentlich ein, um den Kräutergarten der besonderen Art zu pflegen. Er ist nach altem, überlieferten Vorbild der klösterlichen Kräutergärten angelegt: Quadratisch, in Kreuzform geviertelt und mit Buchsbaum eingefasst. Den Eingang markiert ein Torbogen umrankt von der Passionsblume, die den eher milden Winter gut überstanden hat und immer noch mit dichtem grünen Laub die Besucher begrüßt.

Pater Anton Gessler ist für die Pflege dieses Teils des Parks zuständig und unterstützt die Gartengruppe. Im hinteren Teil hat Pater Johannes Füllenbach die Verantwortung. "Er ist ausgebildeter Gärtner und steht uns bei allen Fragen mit Rat und Tat zur Seite", erzählt Anne Schwabedal. Allzu viele Fragen dürfte es aber angesichts der inzwischen umfangreichen Kenntnisse und Erfahrungen der Gruppe gar nicht mehr geben. Schon während des Studiums zur Apothekerin beschäftigte sich Schwabedal, Initiatorin des Kräutergartens, mit der heilenden Kraft der Kräuter.

"Während des Studiums musste ich das lernen und hatte nicht so viel Spaß dabei." Das hat sich mittlerweile geändert. Im Winter liest die seit vier Jahren nicht mehr aktive Apothekerin die Fachbücher, und im Frühjahr wird dann ausprobiert. So gibt es im Klostergarten den Heilkräutergarten, wo Salbei und Fenchel wachsen. Im Bibelkräutergarten steht ein Feigenbaum, der sogar noch kleine Früchte trägt, Aloe Vera wächst dort, und ein Olivenbaum hat den Winter überstanden. Wurzeln und Stamm haben die Hobbygärtner mit Luftkammerfolie warmgehalten, denn sie lässt das Licht weiterhin durch.

Der heimische Kräutergarten beherbergt neben Zwiebeln, Knoblauch und Pfefferminze auch Zitronenmelisse, Rettich und Basilikum, das allerdings jedes Jahr neu eingepflanzt werden muss. Das vierte Gartenstück ist der Missionsgarten, in dem die Samen der Missionare aus aller Welt Platz finden. So der Rizinusbaum, die Passionsblume, die Bananenstaude, die unter einem Blätterbett überwintert hat, und die Bitterorange und die Goji-Beere, die zwar für das ewige Leben steht und aus China kommt, allerdings noch nie Beeren getragen hat in Sankt Augustin.

"Ich mag den stacheligen Busch nicht so besonders", meint Schwabedal, lässt ihn aber dennoch stehen. Gleich nebenan gibt es den einjährigen Beifuß (Artemisia annua) und den wilden Beifuß. Ersterer ist eine hervorragende Arznei gegen Viren aller Art. In Afrika wird er sowohl gegen Malaria als auch gegen Aids eingesetzt.

"Außerdem wächst er als tolle, imposante und dichte grüne Pflanze im Kräutergarten und ist immer ein Hingucker", erzählt Schwabedal. Auch Baumwolle wurde mal im Missionarsgarten angepflanzt, hat allerdings nicht überlebt. Ganz anders jedoch das Zitronenkraut, daraus könne man einen tollen Tee machen oder wie in Frankreich einen Digestif, sprudelt es aus den Kräutergärtnern heraus.

Auch die Ringelblume wächst im Klostergarten, und daraus macht die Apothekerin Salbe nach einem Rezept von Maria Treben, einer Kräuterkundigen des 20. Jahrhunderts. Kosten und erwerben kann man die Produkte der Kräutergärtner beim alljährlichen Erntedankfest. Dann gibt es nicht nur selbst hergestellte Ringelblumensalbe, sondern auch aufgesetzte Schnäpse aus Kümmel oder Nüssen. Auch für die Patres der Steyler Missionare sei dies ein immer gerne wahrgenommener Termin. Selbst der Schnaps gegen Frauenleiden werde dann ohne Zögern von den Patres verkostet.

Ganz wichtig ist der Gruppe auch der gesellschaftliche Aspekt, denn sie kommen nicht nur zum Arbeiten. Die Gespräche, der Austausch, das Auftanken in dieser ganz besonderen Atmosphäre des Klostergartens und das gemütliche Beisammensein mit Keksen und Ingwertee oder anderen Leckereien locken. "Man kommt wieder bei sich selbst an", formuliert es Schwabedal.

Interessenten, die gerne im Kräutergarten mitarbeiten möchten, sind jederzeit willkommen, immer freitags von 14 bis 16 Uhr.

Experten-Tipp

Allen, die sich daheim gerne einen Kräutergarten anlegen möchten, rät Anne Schwabedal, mit Thymian, Salbei, Lorbeerblatt, Rosmarin und Zitronenmelisse zu beginnen. In einer anderen Ecke kann man dann auch noch Zwiebeln und Knoblauch anpflanzen.

Schwabedal empfiehlt jeden Tag mit Knoblauch und Zwiebeln zu kochen, dann habe man alles, was das Herz-Kreislauf-System braucht. Ihr Lieblingskraut ist Salbei, denn damit könne man fast alles heilen. Schon ihr Opa habe mit Salbei gegurgelt, wenn er Halsschmerzen hatte, Umschläge mit Salbei helfen, um das Fieber rauszuschwitzen.

Geschmacklich schätzt die Apothekerin besonders Thymian. Dieses Kraut wirkt als Tee oder Saft auch gegen Husten.

Die oben genannten Kräuter haben alle ähnliche Ansprüche. Man sollte sie an einer geschützten Stelle anpflanzen und sie benötigen Sonne, da sie aus Südeuropa kommen. Dann müsse man nur noch die Pflanzen beobachten und sich um sie kümmern, und schon wisse man, wenn ihnen etwas fehlt, wie zum Beispiel Wasser oder ein wenig Dünger.

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