Sankt Augustiner Integrationsrat erneuert Antrag Debatte über Wahlrecht für Migranten

SANKT AUGUSTIN · Steter Tropfen höhlt den Stein. So könnte man das Vorgehen der Internationalen Liste im Integrationsrat nennen. Schon vor einem Jahr beschloss das Gremium, dass der Stadtrat die Verfassungskommission des Landes bitten solle, das kommunale Wahlrecht für alle auf Dauer in NRW lebenden Migranten in seine Beratungen einzubeziehen. Doch im Rat fand dieses Ansinnen keine Mehrheit. 23 Mitglieder votierten dafür, 27 dagegen.

 In Deutschland dürfen Nicht-EU-Bürger nicht an den Kommunalwahlen teilnehmen. Der Integrationsrat will das ändern. SYMBOLFOTO: DPA

In Deutschland dürfen Nicht-EU-Bürger nicht an den Kommunalwahlen teilnehmen. Der Integrationsrat will das ändern. SYMBOLFOTO: DPA

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Am Mittwochabend hat die Internationale Liste den Antrag erneut im Integrationsrat eingebracht. Das Thema war also bekannt, eine hitzige Diskussion gab es dennoch. "Man will, dass die Migranten sich in Deutschland integrieren und wohlfühlen, aber gleichzeitig entzieht man ihnen die politische Beteiligung", sagte Nikolaos Pasaportis.

Dem hielt Jürgen Kammel von der FDP entgegen: "Wer nicht Deutscher werden will, kann nicht wählen. Man kann sich nicht die Rosinen rauspicken." Am Ende sprach der Integrationsrat sich mehrheitlich für den Beschlussvorschlag bei zwei Gegenstimmen und einer Enthaltung aus .

Die Liste begründete ihren erneuten Vorstoß mit einer Unterschriftenliste. Darauf hatten rund 70 Leute während des Hangelarer Spektakels die Aktion des Landesintegrationsrates mit dem Titel "Hier wo ich lebe, will ich wählen" unterstützt. "Ich bin sicher, bei entsprechender Fragestellung hätten sich auch 70 Leute dagegen gefunden", meinte Kammel.

Als zweites Argument brachte die Liste eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Infratest dimap:. Demnach haben sich 62 Prozent der deutschen Bevölkerung in NRW für die Einführung des kommunalen Wahlrechts für alle dauerhaft hier lebenden Menschen ausgesprochen.

Aussicht auf Erfolg?

Sascha Lienesch von der CDU sagte: "Wir sehen keine neuen Argumente, unsere Entscheidung von vor elf Monaten zu überdenken. Die CDU wird auch dieses Mal im Rat nicht zustimmen." Das kündigte auch Kammel für die Liberalen an. Wolfgang Haacke (Grüne) sagte: "Wer hier dauerhaft lebt, sollte auch wählen dürfen. Man muss Demokratie auch wagen, und das sollte auf kommunaler Ebene beginnen." Und Jutta Bergmann-Gries, stellvertretende Bürgermeisterin und SPD-Ratsmitglied, sagte: "Ich finde, das ist ein ganz wichtiger Antrag."

Einen anderen Aspekt thematisierte Herbert Montexier von der Internationalen Liste: Er sprach die mangelnde Beteiligung bei der vergangenen Wahl des Integrationsrates an. Sie lag laut Landesintegrationsrat in Sankt Augustin bei vier Prozent, die niedrigste in NRW.

"Angesichts dieser Zahl frage ich mich schon, wo da die Integrationsbereitschaft ist?" Ohnehin habe der Antrag seiner Ansicht nach wenig Aussicht auf Erfolg. Dazu sagte Pasaportis: "Es geht uns um einen ganz kleinen Schritt. Wir bitten den Rat nur, sich dafür stark zu machen. Was die Verfassungskommission dann zu Tage fördert, ist ein anderes Thema."

Kommunales Wahlrecht

Auf Landes- und Bundesebene dürfen nur deutsche Staatsbürger wählen. Das Bundesinnenministerium schreibt: "Das Grundgesetz lässt es nicht zu, Ausländern durch einfaches Gesetz das aktive oder passive Wahlrecht zu den Bundestagswahlen einzuräumen. Gleiches gilt auch für die Teilnahme an Landtagswahlen und für die Teilnahme an Volksabstimmungen auf der Bundes- oder der Landesebene.

Das Wahlrecht, mit dem das Volk in erster Linie die ihm zukommende Staatsgewalt ausübt, setzt nach der Konzeption des Grundgesetzes die Eigenschaft als Deutscher voraus."

Anders sieht es bei den Kommunalwahlen aus: In der Europäischen Union dürfen EU-Bürger an ihrem Hauptwohnsitz an Wahlen teilnehmen - unabhängig davon, in welchem Mitgliedsstaat sich dieser befindet. Im Umkehrschluss heißt das aber: Türken beispielsweise dürfen nicht an Kommunalwahlen teilnehmen, ihr Land gehört nicht zur EU. Um dies zu ändern, bedürfte es einer Verfassungsänderung, die zwei Drittel des Bundestags gutheißen müssen.

Deutschland ist eines von zwölf EU-Ländern, in denen es kein kommunales Wahlrecht für Nicht-EU-Bürger gibt. In den 16 anderen Mitgliedsländern ist es erlaubt, wenn auch zum Teil nur für Bürger aus bestimmten Ländern oder mit Wartezeiten.

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