Flugplatz Hangelar Blick hinter die Kulissen - Im Tower laufen die Informationen zusammen

SANKT AUGUSTIN · An Weihnachten bleibt die Tür geschlossen. Silvester und Neujahr auch. Es sind die einzigen fünf Tage im Jahr, an denen der Tower auf dem Flugplatz in Hangelar nicht besetzt ist. Tower? Hört sich hoch an, doch der in Hangelar misst gerade mal 14 Meter, und schlappe 28 Stufen müssen bis in den Arbeitsraum überwunden werden. Allerdings: Der Flugplatz Hangelar liegt 200 Fuß über dem Meeresspiegel. So gesehen, von Meereshöhe aus gemessen, also doch ganz schön hoch.

Wie auch immer, auf die Höhe der Schaltzentrale am Flugplatz kommt es nicht unbedingt an. Wichtiger ist da schon die gute Sicht, und die ist für Flugleiter Michael Lindner rundum gegeben. "Von hier aus kann ich alle Flieger in der Platzrunde sehen", sagt der 30-Jährige, der an diesem Tag Dienst hat im Tower.

Es ist ein bedeckter Tag, die Wolkenuntergrenze liegt bei 6000 Fuß, das sind rund 1800 Meter. Gleichwohl lässt sich gut in die Ferne blicken. Früher habe man den Kölner Dom sehen können. "Aber die Bäume sind zu hoch gewachsen. Man kann ihn nur erahnen", sagt Lindner. Am Horizont fliegt ein Düsenflieger gerade den Flughafen Köln/Bonn an. Auf dem Vorfeld stehen, ordentlich aufgereiht, die kleinen Motorflieger, alle mit einer "Mütze" auf als Schutz für die Haube.

"Lima Whisky" meldet sich ein Pilot, der mit seinem Hubschrauber die Landebahn kreuzen will. "Der Verkehr, der auf die Hauptbahn will, hat Vorrang." Momentan will kein Flieger raus, und es schwebt auch keiner ein. Lindner gibt das Okay. "Aber ich gebe keine Anweisungen, wir sind eine reine Informationsstelle. Hier muss jeder selbst auf den Verkehr achten, natürlich mit unserer Unterstützung. Wir helfen, wo wir können", sagt Lindner.

Zugang zu seinem Arbeitsplatz haben natürlich nur Berechtigte, gestört werden wollen die "Aufpasser" nicht so gerne. Zumal an Tagen, an denen sich die Flieger in der Luft und auf dem Vorfeld knubbeln. "Heute ist es ruhig hier", sagt Lindner. Wobei Ruhe nicht heißt, dass nicht geflogen wird. "Vor allem die Hubschrauber können bei fast jedem Wetter raus", erklärt Lindner. "November Tango" meldet sich über Funk.

Er checkt gerade sein Funkgerät und bittet um Rückmeldung. "Sie sind gut zu hören." Ein Flieger mit zwei Insassen meldet an, nach Freiburg fliegen zu wollen. Alles läuft über die Flugplatz-Frequenz 135,150. "Wer in den Bereich des Flugplatzes kommt, muss Hörbereitschaft herstellen." Ein Motorflieger in der Platzrunde gibt gerade seine Position durch. "Das können dann die anderen auch hören, sich orientieren und entsprechend reagieren", so Lindner.

Er muss die Platzrunde schon sehr genau im Blick haben, vor allem, wenn viele Flieger in der vorgeschriebenen Runde sind. Es kann auch schon mal passieren, dass ein Pilot zwar die richtige Flugrichtung und Position im Gegenanflug 2.9 über Funk angibt, aber in die falsche Richtung fliegt, wie ein Geisterfahrer auf der Autobahn. "Das ist mir hier schon passiert", sagt Lindner. Es sei aber glücklicherweise niemand anderes in der Platzrunde gewesen.

Der Mann ist sicher gelandet, und Lindner hat ihn auf seinen Fehler hingewiesen. "Insgesamt fliegen die Piloten hier am Platz aber sehr diszipliniert und verantwortungsbewusst." Lindner und seine fünf Kollegen müssen es wissen, so oft wie sie wachen Auges im Tower über Platz und Platzrunde blicken. 360 Tage im Jahr von 7.30 bis Sonnenuntergang. An diesem Tag verschwindet die Sonne um 16.53 Uhr am Horizont. Nur gesehen hat Lindner sie nicht.

Informationsquelle für die Flieger:
Die Piloten am Flugplatz Hangelar fliegen auf Sicht in einem unkontrollierten Flugraum und müssen selbstständig auf den Flugverkehr achten. Dabei helfen ihnen die Flugleiter im Tower, die einen guten Blick über Start- und Landebahn und die Platzrunde haben. Alle Piloten müssen sich an- und abmelden und im Bereich des Flugplatzes über Funk Hörbereitschaft herstellen.

Anweisen dürfen die Flugleiter nicht, sie geben Empfehlungen über Funk an die Piloten und beantworten deren Fragen. Ein Knackpunkt ist die Platzrunde, die besondere Aufmerksamkeit fordert. Die Luftaufsicht bei der Bezirksregierung Düsseldorf hat im Jahr 2012 300 Kontrollen durchgeführt. Gegen zwei Piloten hat sie ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet, weil die Piloten die Platzrunde nicht eingehalten hatten und keinen triftigen Grund für die Abweichung nennen konnten. Flugleiter sind auch Hilfspolizeibeamte für die Grenzabfertigung. Wer aus einem Land nach Hangelar einfliegt, das nicht zur Schengen-Zone gehört, etwa aus England oder Irland, muss kontrolliert und abgefertigt werden.

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