Inklusion im Verein Beim SV Menden spielen Menschen mit Behinderungen Fußball

SANKT AUGUSTIN · Der Ball ist es, der sie fasziniert. Und sie sind Fußball-Fans. Jubeln, wenn sie ein Tor schießen oder ihr Verein gewonnen hat und tragen stolz die Trikots, ob von Schalke, Bayern oder dem FC.

 Mein Freund, der Ball: Thomas Averbeck (rechts) trainiert seine Jungs auf dem Platz des SV Menden.

Mein Freund, der Ball: Thomas Averbeck (rechts) trainiert seine Jungs auf dem Platz des SV Menden.

Foto: Michael Lehnberg

Die Freitagskicker des SV Menden sind fußballverrückt und haben Spaß am Spiel wie jeder andere Fan auch, und doch sind sie ein wenig anders. Es sind Menschen mit Behinderungen, die für anderthalb Stunden auf dem Kunstrasenplatz der Mendener Sportarena zusammenkommen, um gemeinsam Fußball zu spielen, zu trainieren und Spaß am Leben zu haben.

Der SV Menden ist einer der wenigen Vereine in der Region, der ein solches Angebot macht, und Thomas Averbeck einer der wenigen Übungsleiter, der Fußball mit Behinderten trainiert. Mit Claudia Standley verfügt der Verein sogar über eine Inklusionsbeauftragte.

"Es macht mir unheimlich viel Spaß mit den Jungs zu arbeiten und zu sehen, wie sie über den Fußball Selbstbewusstsein tanken", sagt Averbeck, der selbst einen geistig behinderten Sohn hat. Der heißt Alexander, ist Schalke-Fan und der eigentlich Grund, warum es das Angebot beim SV Menden gibt.

"Er wollte unbedingt Fußball spielen, aber es gab kein richtiges Angebot für ihn", sagt Averbeck, der mit seiner Familie in Sankt Augustin lebt. "Ich bin dann auf den Verein zugegangen, habe gefragt und bin auf offene Ohren gestoßen. Inklusion findet nicht nur in der Schulen statt."

Seit Anfang März kommen zehn bis 15 behinderte Kicker zusammen. Auch zwei Mädels sind dabei. Ab und an spielen auch Sportler von der Bonner Lebenshilfe mit. Es wird aber nicht nur gespielt. Averbeck macht auch Technik- und ein kleines Kreislauftraining.

"Aber alles in Maßen, man muss ja berücksichtigen, dass die Leistungsunterschiede sehr groß sind." Aber gerade das macht den Reiz für den Sankt Augustiner aus. "Die Leistungsstarken sind meine Co-Trainer und helfen mir", sagt er.

Rudolf Könenberg ist an diesem Freitag zum ersten Mal dabei. 60 Jahre alt ist er, aber es spielt für ihn und die anderen Kicker keine Rolle, dass er der älteste ist. "Ich will ein bisschen Sport machen, aber nicht an Geräten hängen. Ich will an den Ball ran", sagt er.

Meisterschaftsspiele und Ligen für behinderte Fußballer gibt es in Fußballverband Mittelrhein noch nicht. Ab der kommenden Saison indes richtete der Fußballverband Rheinland eine Liga ein. "Klar wollen unsere Spieler sich auch mit anderen messen, aber dafür brauchen wir keine Meisterschaftsspiele", sagt Averbeck.

Seine Spieler haben auch ohne den Wettbewerb viel Ehrgeiz, rackern und laufen, so gut wie sie es eben können. Stress gibt es auch schon mal, aber auf den Trainer wird gehört.

"Sie halten sich gut an die Regeln." Böse Fouls gibt es gar nicht. Und der Ruf "Ey, komma", steht auf dem Index. "Das geht gar nicht", sagte Averbeck, wohl wissend, dass sich seine Schützlinge daraus schon mal gerne einen Spaß machen. "Der ein oder andere muss deswegen aber schon mal eine Runde extra laufen."

Humor hat auch Martin Ritter, trotz seines Schicksals. 1988 lag er nach einem schweren Autounfall ein halbes Jahr im Koma, musste danach das Sprechen und Laufen wieder neu lernen. Davor hat der 36-Jährige als Bub beim ASV Sankt Augustin und SV Menden gespielt.

"Ich komme hierher wegen der Leute, und dass ich ein paar Pfunde runterkriege", beschreibt er seine Motivation. In seinem Schlepptau fährt auch Daniel Klein, der das Down-Snydrom hat, immer mit nach Menden. Beide wohnen in derselben Wohngemeinschaft in Troisdorf.

Stolz trägt Daniel Klein sein Podolski-Trikot auf dem Platz. Im Vorbeilaufen ruft er: "Wir waren sogar schon mal auf Schalke." Fußball, eine Leidenschaft, ein Sport der Teilhabe, allemal für Menschen mit Handicap. Das soll im Verein auch forciert werden. "Wir werden in der Sportwoche ein Freundschaftsspiel mit einer Hennefer Behindertenmannschaft organisieren", sagt Claudia Standley.

Es kann auch gut sein, dass es bald einen zweiten Trainingstermin in der Woche gibt. "Da arbeiten wir dran", sagte Averbeck. Die Leute müssen ja fit sein - beim Essels-Cup" im Herbst, bei dem alle Teams gemischt spielen werden.

Horst Ritter, der Vater von Martin und Behindertenbeauftragte der Stadt Sankt Augustin kommt vorbei. "Na, wie viel Prozent willst du geben heute?", fragt er seinen Sohn. "100 Prozent", lautet die klare Antwort - wie jeden Freitag.

Info

Am Freitag treffen sich die Kicker mit Handicap wieder: 17.30 Uhr Sportplatz SV Menden, Fritz-Schröder-Straße.

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