Goldmedaille im Einspännerfahren Alexandra Röder ist Weltmeisterin

SANKT AUGUSTIN · Sie ist Weltmeisterin, hat mit acht Jahren den Krebs besiegt und hat sich vor kurzem ganz locker mit Prinz Philip, dem Ehemann der Queen, unterhalten. Die 26-jährige Alexandra Röder aus Sankt Augustin hat allen Grund zum Stolz, doch sie sagt nur mit einem sympathischen Lächeln: "Ich hab' Glück gehabt."

Vor zwei Wochen hat sie zusammen mit ihrem Pferd Evi die Goldmedaille bei der Weltmeisterschaft der Einspännerfahrer mit Behinderung in Sandringham, England, gewonnen. "Am meisten überrascht hat es mich selbst. Ich war eine totale Newcomerin bei der WM und fahre erst seit fünf Jahren Einspänner", erzählt sie immer noch etwas ungläubig.

Reiten wollte sie schon immer, seit sie das erste Mal mit vier Jahren auf dem Rücken eines Pferdes saß. Das war auf einem Reiterhof im beschaulichen Oberscheuren im Siebengebirge. Derselbe Hof war vor zwei Wochen komplett in Schwarz-Rot-Gold geschmückt, ausnahmsweise nicht wegen der Fußball-WM: "Willkommen, unsere Weltmeisterin", stand auf den Schildern, die ihre Freunde hochhielten.

Dabei blieb Alexandra Röder der Traum vom Reiten lange verwehrt, denn mit acht Jahren entdeckte ein Arzt durch Zufall einen Knochentumor am Knie. Die Chemotherapien schlugen nicht an. Ganz offen spricht sie darüber, wie die Hälfte ihres linken Beins amputiert werden musste. "Wenn man so klein ist, wächst man mit der Prothese auf, das ist dann ganz normal." Selbst beim Laufen ist diese mittlerweile kaum zu bemerken.

"Mit zehn hatte ich dann endlich meine erste Reitstunde", erzählt sie. Mit 18 Jahren bekam sie ihr eigenes Pferd. Es hieß Manfred und hatte bisher Einspänner gezogen. Doch erst nach drei weiteren Jahren legte sie selbst ihr Fahrabzeichen ab, um ihr Pferd einmal vor die Kutsche spannen zu können. "Ich merkte: Das macht mir Spaß und ich begann, zu kleineren Turnieren zu fahren."

Der Sport ist für sie sehr zeitintensiv. Sie arbeitet bei der Telekom, doch verbringt nach Feierabend jeden Tag zwei bis vier Stunden bei den Pferden. Wenn möglich, fährt sie einmal in der Woche zu ihrem Trainer nach Rommerskirchen. Außerdem ist sie verantwortlich für den Jugendsport der Ein- und Zweispännerfahrer in Nordrhein-Westfalen. So fährt sie an diesem Wochenende nach Aachen zum CHIO-Turnier, um mit zwölf jugendlichen Einspännerfahrern eine gemeinsame Figurenfahrt zu präsentieren.

Viele ihrer Freunde wussten am Anfang gar nicht genau, was Einspännerfahren ist: "Der Freund einer Freundin denkt immer noch, ich sei Weltmeisterin im Bierkutschenfahren geworden", lacht sie und räumt dann mit den Vorurteilen gründlich auf. Die 1,40 Meter breiten, wendigen und eleganten Kutschen sind eigens für den Sport entwickelt worden.

Bei den Turnieren treten die Einspännerfahrer mit zwei verschiedenen Kutschen in drei Disziplinen an. Ein Gefährt benutzen sie für die Dressurvorstellung und das Kegelfahren. Bei letzterem navigieren die Fahrer ihre Wagen durch Kegelpaare, zwischen denen nur 1,60 Meter Platz ist. Für die dritte Disziplin, den Marathon, benutzen die Sportler eine etwas robustere Kutsche, da sie längere Geländefahrten mit Hindernissen bewältigen müssen.

"Im Einspännerfahren braucht man wie in jedem Sport Konzentration, Ehrgeiz und viel Glück", so Röder. "Besonders wichtig ist ein zuverlässiges Pferd, dem man voll und ganz vertrauen kann."

Das Einspännerfahren sei gefährlich, doch Angst dürfe man keine haben. "Das wittern die Pferde und werden selbst nervös." Bei ihr überwiege die Liebe zum Pferd und zum Pferdesport. Das hat sie mit dem 93-jährigen Prinz Philip gemeinsam, den Röder in Sandringham beim Abend der Nationen vor den Wettkämpfen traf. Laut Röder fährt der Duke of Edinburgh selbst in seinem Alter noch Einspänner. Er würde Alexandra Röder wohl zustimmen, wenn sie sagt: "Mit dem Gedanken gespielt aufzugeben, habe ich noch nie, denn ohne möcht' ich nicht."

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