Ruppichteroth Einfach schön hier

RUPPICHTEROTH · Ruppichteroth steht im Finale des Bundeswettbewerbs "Unser Dorf hat Zukunft". Ein Rundgang durch die Gemeinde.

Man kennt sich, man grüßt sich. Wenn nach längeren Ruhephasen mal wieder ein Auto durch die Gasse fährt, heben Wolfgang Steimel und Hans-Peter Hohn ihre Hände zum Gruß. Und wer auch immer im Wagen sitzt, winkt den beiden Männern zurück. Es werden ein paar Worte gewechselt, der neueste Klatsch ausgetauscht. "Wir kennen uns hier alle aus den Vereinen, das sind ja immerhin an die 30 Stück", sagt Steimel. Das macht für den 67-Jährigen einen Teil der Begeisterung für seinen nun ausgezeichneten Heimatort aus.

Schließlich hat der alte Ortskern von Ruppichteroth beim Landeswettbewerb "Unser Dorf hat Zukunft" eine Goldmedaille gewonnen und steht damit in der Finalrunde auf Bundesebene. Auf dem Weg dorthin hat der Preisträger NRW-weit 50 Konkurrenten, alles Orte unter 3000 Einwohner, hinter sich gelassen.

Angezettelt hat diesen Erfolg Wolfgang Steimel, denn seine Idee war es, dass sich die Bröltalgemeinde in Sachen Schönheit und Lebensqualität mit anderen Orten messen sollte. Schnell konnte der Ehrenvorsitzende des Bürgervereins Ruppichteroth Gleichgesinnte in seiner Truppe davon überzeugen, sich mit ihm für den Wettbewerb zu engagieren. Unter anderem hat die Gruppe einen professionellen Bild- und Informationsband für die Bewertungsjury zusammengestellt und herausgebracht.

Auch Hans-Peter Hohn war direkt dabei. Der 59-Jährige, der bei der Wirtschaftsförderung des Rhein-Sieg-Kreises in Siegburg arbeitet, begleitet den Rentner an diesem Tag bei einem Spaziergang durch die Gemeinde. Diese Touren schütteln die Männer mittlerweile locker aus dem Ärmel. 2014 hatte sich Ruppichteroth-Ort mit seinen rund 2800 Einwohnern bei der ersten Teilnahme am Wettbewerb überhaupt zunächst auf Kreisebene durchgesetzt. Der dazugehörige Rundgang mit der Jury durch die Gemeinde dauerte anderthalb Stunden. 2015 dann der Landeswettbewerb, wieder eine Tour mit den Wertungsrichtern, diesmal waren es zwei Stunden. "Und für den Jurybesuch zum Bundeswettbewerb im Frühjahr 2016 sind drei Stunden angesetzt", erzählt Hohn.

Gerne zeigen die beiden die besonders schönen Ecken ihres Ortes. Und davon gibt es einige im historischen Oberdorf, sogar an diesem Tag, bei trübem Himmel und Nieselregen. Da ist zum Beispiel der sogenannte Malerwinkel. "Der wird oft auf Bildern festgehalten", erklärt Steimel. Verständlich: Das gepflegte Fachwerkensemble gibt wirklich ein gutes Motiv ab. Mittendrin steht das restaurierte Wirtshaus, eine von zwei Kneipen im Ort. Mit ihren Ruhetagen wechseln sich die Lokale ab, so dass den Ruppichterothern immer eine Gaststättentür offensteht.

Neben dem Fachwerkidyll gibt es das moderne Ruppichteroth: Dazu zählen unter anderem eine Grundschule, die auslaufende Hauptschule, eine Dependance der Sekundarschule, zwei Kindergärten und fünf Spielplätze. Auf dem Gelände der Industriebrache des ehemaligen Huwil-Werkes ist an der Brölstraße ein neues Fachmarktzentrum mit vielen Einkaufsmöglichkeiten entstanden. Auch die Bäckerei im historischen Ortskern ist ein wichtiger Teil der Nahversorgung. Hier sagt Petra Engelmann, wo es langgeht. 1993 hat sie ins Dorf eingeheiratet, leitet den Verkauf der Brote, Brötchen und Kuchen, die ihr Mann als Bäckermeister herstellt. "Inzwischen kenne ich alle meine Kunden beim Namen und fühle mich hier sauwohl", erzählt die 50-Jährige.

Sogar die nahe gelegene Zahnarztpraxis sieht mit ihrer bepflanzten Veranda hübsch aus. Aber hin und wieder finden die Spaziergänger, wie in allen anderen Städten und Gemeinden auch, auf dem Gehweg weggeworfene Papierchen, Taschentücher und Zigarettenkippen. Das kann Hans-Peter Hohn nicht gut sehen, er bückt sich ab und zu, schmeißt den Unrat in den Mülleimer.

Das Leitmotiv der Bewerbung für den Landeswettbewerb hieß "Der Star ist die Landschaft". Aber ausschließlich mit Naturschönheiten kommt auch Ruppichteroth nicht aus. Zum Blick aufs Dorf gehören ebenso die Hochhäuser, dreimal acht Stockwerke. "Eine Bausünde aus den 70er Jahren", meint dazu Hans-Peter Hohn.

Auf die goldene Auszeichnung weist eine Urkunde in einer Holzhütte auf dem Burgplatz der Bröltalgemeinde hin. Direkt daneben beginnt der Fachwerkwanderweg. Die 11,5 Kilometer lange Strecke rund um Ruppichteroth führt durch kleine Dörfer, die den Blick auf die historischen Fachwerkbauten der Region freigeben. Auch für Touristen, die diese Route erwandern, hätte Wolfgang Steimel gerne ein paar Übernachtungsmöglichkeiten in seinem Dorf. "Ein Hotel oder eine Pension mit fünf bis zehn Betten wäre nicht schlecht", sagt der 67-Jährige.

Gemeinsam mit seinem Kompagnon hat Steimel schon überlegt, wie Ruppichteroth mit Blick auf den Bundeswettbewerb noch an seiner Bewerbung feilen könnte. "Wir wollen noch stärker unser reges Vereinsleben und besonders die verschiedenen Musikensembles herausstellen", erklärt Hans-Peter Hohn. Für den nächsten Juryrundgang könnte er sich zum Beispiel ein kurzes Platzkonzert der Musiker vorstellen. Und wo? Na dort, wo es besonders schön ist: im von Fachwerkhäusern eingerahmten Malerwinkel.

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