Kunst gegen das gängige Schönheitsideal Skulpturen mit Ecken und Kanten

RHEINBACH-HARDT · Wer Andreas J. Finke fragt, wie viele Stunden am Tag er arbeitet, bekommt eine eindeutige Antwort. "Morgens beschäftige ich mich mit künstlerischen Dingen, nachmittags male oder bildhauere ich, und nachts träume ich davon."

24 Stunden Kunst - dieses Projekt verwirklicht er in Hardt. Sein Atelier liegt neben dem Wohnhaus, die Pläne hat er zusammen mit einem Architekten selber entworfen.

Schon in dem kleinen Garten werden Besucher von seinen Skulpturen begrüßt, die von der Zeit gezeichnet sind. Trocknungsrisse im Holz gehören bei Finke zum Konzept. In seinem verwinkelten Atelier steht ein kleiner Holzofen, der nicht nur zum Heizen dient. Fertige Bildhauerarbeiten stellt er oft daneben. Mit lautem Knallen reißen die Holzfiguren dann auf. "Ich freu' mich richtig, wenn die reißen", sagt der 60-Jährige.

Risse, Kanten und Falten machen die massiven Figuren ausdrucksvoll. Eine der Halbfiguren besteht aus Kirschholz, das jahrelang auf einem Bauhof in Euskirchen lag. Es schimmert silbern, laut Finke Folge des Draußenliegens. "Das ist wie eine Patina, aber eine ganz andere Färbung, als wenn man's bemalt. Die Farbe kommt von innen."

Der gebürtige Bochumer will mit seinen Skulpturen gegen das bestehende Schönheitsideal ankämpfen, er will "gezielte Hässlichkeit" erzeugen. Aber auch das andere Extrem beherrscht er. Anmutig die Frauenkopfskulptur, die zur Hälfte bemalt ist. Von hinten ist sie ausgehöhlt, damit keine Trockenrisse entstehen. "Das ist Ästhetik, aber wenn man hinten reinguckt, ist nichts drin", sagt der Bildhauer.

Auf seiner Staffelei steht ein Bild, das er vor drei Tagen gemalt hat. Blau, Rot und Grün sind die vorherrschenden Farben. Das Bild ist aus der Erinnerung an einen Aufenthalt in der Provence entstanden. Regelmäßig fährt er zu einem künstlerischen Arbeitsurlaub in einen kleinen Ort bei Avignon. "Das sind Farben, die ich hier nicht sehen werde", so Finke. Es geht ihm nicht darum, eine Landschaft abzubilden. Sie ist stark abstrahiert. "Die äußere Natur ist nur Anlass, die innere zu malen", sagt der Hardter, dessen Lebensgefährtin auch Künstlerin ist. Er habe schon immer gemalt, erzählt Finke.

Nach Ansicht seiner Eltern sollte er nach seinem Schulabschluss aber erst mal "etwas Richtiges" lernen. Er wurde Orgelbauer. Nach einem Arbeitsunfall sattelte er um, wurde Glas- und Porzellanmaler am Staatlichen Berufskolleg Rheinbach und studierte Kunst in Köln.

Heute arbeitet er freischaffend. Seine Freude am kreativen Schaffensprozess gibt er gerne an andere weiter: Er ist in der Erwachsenenbildung tätig und hat auch schon Kunstprojekte für Kinder angeboten. Wenn er nicht malt, zeichnet oder bildhauert, spielt er Akkordeon in der Rheinbacher Band Rawjam, auf deren Programm irische Folklore und Klezmer-Musik stehen. Auf ihrer Webseite beschreibt Rawjam den Künstler so: "Ein kleiner, stiller Mann mit großem Herz und unendlichem Mut im Leben."

Atelierbesichtigungen und Kontakt: Andreas J. Finke, Hardt 7, Rheinbach, Tel. 0 22 55/48 22, E-Mail: andreasFinke1@gmx.de.

Frühlingsausstellung

Von Samstag, 13., bis Sonntag, 28. Juni, fertigt Andreas J. Finke im Rahmen des Projekts "Kunst im Busch" des Naturparks Nordeifel und acht Kooperationspartnern, darunter auch die Internationale Kunstakademie Heimbach, im Deutsch-Belgischen Naturpark Eifel eine Skulptur aus einem vier Meter hohen Baumstamm.

Mit der Kettensäge gestaltet er sie passend zum Thema "Mensch und Natur". Wie die anderen fünf Künstler des Projekts ist er während der Entstehung der Skulptur für Fragen und Gespräche mit den Besuchern offen. Die Skulpturen, Plastiken und Installationen entstehen im Landschaftsraum nahe der Stadt Heimbach.

Nach Abschluss der Werkphase sind die Kunstwerke Teil eines zwei Kilometer langen Skulpturenwegs.

Mehr Informationen zu dem Projekt gibt es unter www.naturpark-eifel.de.

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