Theater "les-bon(n)mots" im Rheinbacher Gefängnis Schauspieler hoffen auf kriminelle Energie

RHEINBACH · Sie kennen keine Gnade: Ob es Mord ist, Betrug oder Organhandel - die Schauspieler des Bonner Improvisationstheater "les-bon(n)mots" schrecken, nach eigenem Verständnis, vor gar nichts zurück, wenn es um skurrile Szenen auf der Bühne geht.

 Ungewöhnlicher Auftritt: Das Ensemble des Bonner Improvisationstheaters "les-bon(n)mots" spielte in der Rheinbacher JVA.

Ungewöhnlicher Auftritt: Das Ensemble des Bonner Improvisationstheaters "les-bon(n)mots" spielte in der Rheinbacher JVA.

Foto: Quadt

Was mag dann nur in den Köpfen der Hobbyschauspieler um Theaterpädagogin Eva-Maria Esch vorgehen, wenn sie einen Auftritt in einem echten Gefängnis, vor wahren, rechtmäßig verurteilten Häftlingen haben? Keine Frage: Sie hoffen nach eigenem Bekunden auf die "kriminelle Energie" des Publikums. Auf Einladung des Dortmunder Kunst- und Literaturvereins für Gefangene gastierte das Ensemble aus drei Frauen und zwei Männern jetzt in der Rheinbacher Justizvollzugsanstalt.

Vor ihrem Auftritt in der Rheinbacher Anstaltskirche absolvieren die fünf Akteure erst noch ein paar Dehnübungen. Speziell auf das spezielle Publikum eingestellt - zuhören dürfen übrigens alle Häftlinge, die keine Freizeitsperre haben - habe sich das Ensemble übrigens nicht, wie Esch berichtet. "Wir spielen völlig normal, und es gibt keine Tabus", verspricht sie. "Wir werden aber vor einer Improvisation nicht fragen: Wohin geht euer nächster Urlaub?"

Dann dürfen die rund 40 Häftlinge in die Anstaltskirche. Lebhaften Applaus spenden sie den "les-bon(n)mots", die in der Tat kaum einen Pointengaranten auslassen, den sie zugerufen bekommen. Beim Erfindungsquiz etwa muss ein Schauspieler sein Patent vorstellen, das er noch gar nicht kennt, weil er zuvor den Raum verlassen musste. So muss Eva-Maria Esch die Drogenvakuummaschine für Sportmanager anpreisen - nur mit Hilfe der Hände eines Ensemblekollegen, die durch einen Umhang gesteckt sind und so ein lustiges Eigenleben entwickeln.

Als es heißt, die Schauspieler - im wahren Leben Rechtsanwälte, Büroleiterinnen für Strafverteidiger oder Stadt- und Verkehrsplanerin - suchen einen Freiwilligen für eine Tatort-Improvisation, zieren sich die Häftlinge zuerst. Nur einer, der aussieht, als könne Schauspieler Armin Rohde, glatt rasiert und mit geschnittener Glatze, sein Leben verfilmen, traut sich, von seinen Mitinsassen und frenetischem Jubel ermutigt, nach vorne. Ein paar Stichworte für humorvolles Morden soll er liefern, damit der Tatort für alle zur Komödie wird. Das Experiment gelingt.

Die fünf Schauspieler brillieren mit einer Mimik nah am Gesichtsinfarkt, Bewegungen nah am Bandscheibenvorfall und Pointen, die die Häftlinge zum Weinen bringen - vor Lachen nämlich.

Kein Wunder, dass die Rheinbacher Gefängnisinsassen nach Nummern wie der Verkaufsschau für Produkte, die es noch gar nicht gibt, nach Leibeskräften Beifall klatschen und die Frage der Schauspieler: "Hat es euch gefallen?" mit einem lang gezogenen "Yoooo" beantworten.

Zum Schluss, nach einer Stunde sind alle Zugaben gegeben, bekommen die Bonner Improvisationsmeister noch ein herzliches "Ihr ward jot" auf den Weg. Gesagt von Armin Rohde - oder zumindest von dem Mann, dessen Leben von Rohde verfilmt werden könnte.

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