Bäume im Rheinbacher Stadtwald Pilz befällt Zehntausende Eschen

RHEINBACH · Mit sorgenvoller Miene blickt Rheinbachs Stadtförster Sebastian Tölle derzeit gen Himmel - genauer gesagt in die Baumkronen. Besonders nach den ergiebigen Regenfällen dieses wasserreichen Sommers beobachtet der Fachmann ein immer mehr um sich greifendes Eschensterben.

 Folge des Befalls: Revierförster Sebastian Tölle zeigt abgestorbene Triebe einer erkrankten Esche.

Folge des Befalls: Revierförster Sebastian Tölle zeigt abgestorbene Triebe einer erkrankten Esche.

Foto: Roland Kohls

Alleine im Rheinbacher Stadtwald sind mehrere Zehntausend Bäume betroffen - junge, aber zunehmend auch sogenannte Altbäume. Heute Abend ist das Eschensterben Thema im Rheinbacher Ratsausschuss für Stadtentwicklung, Umwelt, Planung und Verkehr.

Über die Ursache der Erkrankung der Laubbäume müssen Forstleute nicht rätseln: "Grund ist ein japanischer Pilz, der seit einigen Jahren in Europa auftritt", sagte Katja Eschmann, Pressesprecherin des Rhein-Sieg-Kreises, auf Anfrage. Nicht nur in Rheinbach ist der Pilz aufgetreten, sondern auch in anderen Teilen der Region, so die Kreissprecherin. Gesunde Alteschen sind bislang offensichtlich widerstandsfähig gegenüber dem Pilz und können diese Eigenschaft bestenfalls vererben.

Nur: Ist eine Esche einmal befallen, gibt es bis dato kein geeignetes Gegenmittel, das Absterben des Baumes aufzuhalten. Erst seit kurzem ist der Pilz, ein Becherling, als Verursacher der Krankheit bekannt. Am Infektionsweg, der Ausbreitung und dem Krankheitsverlauf forschen Fachleute allerdings noch fieberhaft.

Nicht nur für Rheinbach bedeutet dies, dass im ungünstigsten Krankheitsverlauf in den nächsten Jahren der überwiegende Teil der Eschen im Stadtwald, im Stadtpark und in den übrigen Parkanlagen befallen wird. Die Folge: Die erkrankten Bäume müssen gefällt werden, wie Reiner Schrage vom Pflanzengesundheitsdienst der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen in Bonn auf Anfrage sagte. Seine Befürchtung: Die Esche könnte langfristig sogar aussterben.

Die umfangreichen Niederschläge dieses Sommers haben das Wachstum des Pilzes ungemein begünstigt. Bereits im Spätsommer des vergangenen Jahres waren in Rheinbach erste Fälle des Eschensterbens festgestellt worden. Würde sich der Pilz weiter so ausbreiten, hätte dies massive Folgen für den heimischen Forst. "Für den Wald ist das dramatisch", sagte Schrage.

Denn bei der Esche handelt es sich um einen wichtigen Waldbaum - auch, was die Holzproduktion angeht. Der Nachweis des Pilzes ist in den Labors der Bonner Landwirtschaftskammer bereits erfolgt. Zweifel, dass es noch weitere Gründe für den Befall geben könnte, gibt es nicht. Der Pilz sei außerdem kein Problem, welches auf Rheinbach oder den Rhein-Sieg-Kreis begrenzt sei. "Er ist zwischenzeitlich in Europa weit verbreitet - besonders in Bayern."

Erkennbar ist die Krankheit laut Reiner Schrage daran, dass der Baum welk aussieht, insbesondere an der Baumkrone der Esche erkennbar. Der Pilz gelangt über die Triebe ins Innere des Baumes. Nach seinem Dafürhalten handelt es sich nicht um eine aus fernen Ländern eingeschleppte Krankheit, sondern um einen Pilz, "der im Wald vorkommt". Anschließend verfärbt sich die Rinde der befallenen Esche rötlich und Triebe trocknen aus. Wenn dann sogar Äste trocken werden, wird die kranke Esche zur Gefahr. "Bei Absterbeerscheinungen müsste sie gefällt werden", so Schrage.

Das Eschensterben ist heute Thema im Ausschuss für Stadtentwicklung. Die öffentliche Sitzung beginnt um 18 Uhr im Großen Sitzungssaal des Rathauses.

Chalara fraxinea

Der Pilz Chalara fraxinea tritt seit einigen Jahren in Europa auf und führt bei Eschen zu einem Triebsterben. Die Erkrankung zählt zu den Tracheomykosen. Mittlerweile geht man davon aus, dass Chalara fraxinea aus Asien stammt. Die dortigen Eschen scheinen eine Art Resistenz entwickelt zu haben. Forscher wollen europäische Eschen, die eine natürliche Resistenz aufweisen, herauszüchten. Zu dem Pilz forscht auch das Institut für Nutzpflanzenwissenschaften und Ressourcenschutz (INRES) an der Uni Bonn.

Der Stadtwald

Der Rheinbacher Stadtwald ist Teil des Naturparks Kottenforst-Ville. Er umfasst insgesamt etwa 826 Hektar Fläche. Der Stadtwald ist ein charakteristischer Mischwald, mehr als 50 Prozent der Bestände sind nach Angaben der Stadt über 100 Jahre alt und daher ökologisch besonders wertvoll. Zu 72 Prozent besteht er aus Laub- und zu 28 Prozent aus Nadelbäumen. Mehr als die Hälfte des Laubbaumbestandes sind Traubeneichen (39,2 Prozent) und Rotbuchen (23,8 Prozent). Eschen machen einen Anteil von gerade 1,3 Prozent aus.

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