Gottesdiensten für Demenzkranke in Rheinbach Pfarrer Diethard Römheld möchte die Sinne ansprechen

RHEINBACH · Ein paar leere Einweckgläser mit noch einem Hauch von Apfelkompott-Duft können mitunter ein Lächeln auf zuvor verschlossene Gesichter zaubern.

 Einmal im Monat hält Pfarrer Diethard Römheld im Altenzentrum "Haus am Römerkanal" einen Gottesdienst für Demenzkranke.

Einmal im Monat hält Pfarrer Diethard Römheld im Altenzentrum "Haus am Römerkanal" einen Gottesdienst für Demenzkranke.

Foto: Wolfgang Henry

Wenn Pfarrer Diethard Römheld die Herzen dementer Bewohner des Evangelischen Altenzentrums "Haus am Römerkanal" in Rheinbach erreichen möchte, wählt er den Weg solch sinnlichen Wachrufens von Kindheitserinnerungen. Einmal im Monat zelebriert der evangelische Pfarrer in der Hauskapelle einen ökumenischen Gottesdienst speziell für Demenzkranke.

Römheld gestaltet den Gottesdienst mit erinnerungsträchtigen Dingen des täglichen Lebens. Dabei hat er in den vergangenen fünf Jahren viel Fingerspitzengefühl und ein teils eigenes Konzept entwickelt, um die Menschen aus ihrem Schneckenhaus zu locken: "Zunächst einmal gilt es zu erahnen, was Demenz für die Betroffenen bedeutet, nämlich den Verlust von Zusammenhängen und Ordnung und somit in der Folge Hilflosigkeit und Verängstigung bis hin zu Depression oder Aggression", erklärt Pfarrer Römheld. "Indem ich an Jugenderinnerungen anknüpfe, versuche ich, dieser Orientierungslosigkeit ein Gefühl von Wiedererkennen und Ordnung entgegenzusetzen."

Bis zu 75 Prozent der Seniorenheimbewohner seien heute in verschiedenen Graden dement. Das gelte es in der sozialen Betreuung aufzufangen, sagt Leiterin Cornelia Schimikowski. "So haben wir Gruppenangebote zu Erinnerungsthemen entwickelt, wo die Teilnehmer etwa Kuchen backen oder Sprichwörter ergänzen.

Auch übergreifende und integrative Angebote im Haus wie das 'Café Wolle' regen die Sinne dementer Menschen an", nennt sie Beispiele für die Bemühungen ihres Hauses. Zudem tagt dort regelmäßig das auch für Außenstehende offene "Café Vergissmeinnicht" für Betroffene und Angehörige.

Eine Schlüsselrolle kommt in den Gottesdiensten für Demenzkranke der Musik zu: "Die musikalische Erinnerung bleibt am längsten erhalten, daher weckt Musik auch noch bei stark dementen Menschen Emotionen", sagt Römheld und schildert eindrucksvoll, wie zuweilen selbst völlig in sich verschlossene Menschen beim Klang bestimmter Lieder plötzlich in den Gesang einstimmen oder zumindest im Takt mitwippen.

Daher setzt der Pfarrer bei der Gottesdienstgestaltung bewusst auf die bekanntesten Kirchenlieder und jeweils die erste Strophe. Und auf das sakrale Element der Orgel, gespielt von Ina-Maria von Harling. "Wenn ich ein solches Echo bei den dementen Menschen erzielen kann, ermutigt mich das", sagt Römheld.

Ein Echo der biblischen Botschaft von den Vögeln, die weder säen noch ernten und doch von Gott genährt werden, erreicht die Gottesdienstbesucher anhand der Versinnbildlichung durch die leeren Einweckgläser: Es bedarf keiner Regale voll verschlossener Vorräte zum Überleben. Und es bedarf keines lückenlosen Gedächtnisses, um Geborgenheit in der christlichen Gemeinschaft zu finden.

0 Offener ökumenischer Gottesdienst für Demenzkranke an jedem letzten Donnerstag im Monat um 16 Uhr in der Hauskapelle des "Hauses am Römerkanal", Römerkanal 11, in Rheinbach.

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