Gericht in Rheinbach "Man wollte sich aufblasen und in Szene setzen"

RHEINBACH · 20-Jähriger fühlt sich provoziert und schlägt Autoscheibe ein. Strafe: 100 Euro, eine Verwarnung und 50 Sozialstunden.

Dass ein Jugendlicher komisch gezappelt hatte, führte zur Reaktion eines 20-Jährigen mit Folgen: weil er glaubte, der Beifahrer hätte ihm "den Mittelfinger gezeigt", schlug er an einer roten Ampel gegen die Scheibe der Beifahrertür eines Pkw, in dem fünf Insassen "einfach nur in Partylaune" Musik gehört und dazu Tanzbewegungen gemacht hatten. Dabei zersplitterte die Scheibe und den Beifahrer traf der Schlag im Gesicht. Zu ernsthaften Verletzungen durch Glassplitter kam es nicht. Der 20-Jährige aber saß jetzt wegen vorsätzlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung auf der Anklagebank des Rheinbacher Amtsgerichts.

"Der Beifahrer hatte was geschrien und den Mittelfinger gezeigt. Wir wollten ihn einfach nur fragen, was sein Problem ist, deshalb sind wir ihnen hinterher gefahren", sagte der Angeklagte, der mit seinem Cousin unterwegs war. Er habe mit der Hand "normal" gegen die Scheibe geschlagen und verstehe nicht, wieso die dabei zu Bruch gegangen sei. Der Pkw mit der kaputten Scheibe sei dann "bei roter Ampel abgehauen". Was sein Verteidiger verstehen konnte: "Wenn da zwei Russen kommen und wollen was klären und dabei geht die Scheibe kaputt, kann das schon was auslösen."

Die jungen Leute aus dem anderen Pkw verneinten unisono, dass es "einen ausgestreckten Mittelfinger" gegeben habe. Nachdem die Scheibe kaputt gegangen, er von dem Faustschlag gestreift und er selbst und Freunde von Glassplittern leicht verletzt worden seien, hätten sie das Weite gesucht und die Polizei gerufen, so der 15-jährige Beifahrer.

Der Verteidiger sah eine Art Imponiergehabe bei seinem Mandanten und dessen Cousin nach der mutmaßlichen Beleidigung. "Man wollte sich aufblasen und die mutmaßliche Beleidigung wieder gutmachen, indem man sich in Szene setzte. Eine Absicht die Scheibe zu zerschlagen oder den Beifahrer zu verletzen gab es aber nicht", sagte der Verteidiger, der mangels Tatnachweises einen Freispruch forderte.

Dem folgten Staatsanwalt und Richter Jan Fante aber nicht. Sie sahen fahrlässige Körperverletzung in Tateinheit mit Sachbeschädigung als gegeben an. Das Urteil: 100 Euro Schadenswiedergutmachung, 50 Sozialstunden und eine Verwarnung.

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