Rheinbacher Verein "Togo-Kinder Zukunftschance" bietet 100 Familien Hilfe Lebensperspektive für Buschleute

RHEINBACH · Karl Ludwig Krakow aus Rheinbach gründete 2006 mit weiteren Mitstreitern den Rheinbacher Verein "Togo-Kinder Zukunftschance". Inzwischen hat der Verein 100 Patenkinder und

 Eine florierende Landwirtschaftsgenossenschaft haben die Eltern der rund 100 Rheinbacher Patenkinder des Vereins "Togo-Kinder Zukunftschance" gegründet. Die orangefarbenen Eimer hat ein Unternehmen aus Rheinbach gestiftet.

Eine florierende Landwirtschaftsgenossenschaft haben die Eltern der rund 100 Rheinbacher Patenkinder des Vereins "Togo-Kinder Zukunftschance" gegründet. Die orangefarbenen Eimer hat ein Unternehmen aus Rheinbach gestiftet.

Foto: Togo-Kinder Zukunftschance

Der sprichwörtliche Ruck ging durch Karl Ludwig Krakow aus Rheinbach als er die Worte des Bundespräsidenten vernimmt: "Ich möchte nicht auf Dauer erleben, dass afrikanische junge Menschen über das Wasser Mittelmeer kommen und ertrinken. Wir müssen helfen, im eigenen Interesse, dass sie zu Hause bleiben können, dort Arbeit finden."

Horst Köhler, der langjährige Direktor des Internationalen Währungsfonds, sagte diese Worte 2006. Noch im gleichen Jahr gründete Krakow mit weiteren Mitstreitern den Rheinbacher Verein "Togo-Kinder Zukunftschance". Mit inzwischen 100 Patenkindern, einer großen Landwirtschaftsinitiative und 350 000 Euro Investitionen in diese Projekte ist er eine der großen Hilfsorganisationen im Kreis geworden.

Es kommen keine Almosen aus der Glasstadt in dem bettelarmen westafrikanischen Land an, sondern Hilfsimpulse, damit sich die Menschen selbst helfen. Das Programm, das Projekte zur Bildung, zur Arbeitssuche oder zur Förderung der Gesundheit beinhaltet, trägt reiche Früchte: Seitdem das Rheinbacher Engagement läuft, ist kein Bewohner der beiden Buschdörfer "verreist", wie Krakow schildert.

So nämlich nennen die Togoer den Schritt, die Heimat zu verlassen, um in Nordafrika ein Boot zu suchen und nach Europa zu gelangen. "Wir haben uns auf zwei Dörfer konzentriert und leisten hier nachhaltige Entwicklungshilfe", berichtet Stefan Raetz.

Rheinbachs Bürgermeister ist Patengeld-Controller des Vereins, der wie alle Mitglieder ehrenamtlich arbeitet. Er räumt ein: "Wir haben nicht die Möglichkeit, die große Politik zu machen." Gleichwohl ist das, was der Verein in den beiden Buschdörfern schafft, für deren Bewohner weltbewegend. "Das sind die Allerärmsten gewesen", berichtet Krakow, der 2006 erstmals nach Togo reiste.

Ein erster Baustein ist die Begabtenförderung. "Wir haben unsere Patenkinder mit Förderunterricht durch angestellte Lehrer an die Leistungsspitze in allen Klassen der Grund- und Realschulen geführt", erzählt der studierte Soziologe. Dafür haben die Rheinbacher eigene Schulräume gebaut, sie übernehmen das Schulgeld, Bücher und Material, Schulkleidung, eine warme Mahlzeit am Tag sowie die Kleidung.

In jedem Schulraum ist eine Kinderbibliothek eingerichtet. "Wir bezahlen 16 Lehrer, die nebenamtlich Förderunterricht für unsere Patenkinder in Kleingruppen geben." Mit durchschlagenden Folgen: Die Zukunftschancenschüler gehören zu den Besten in der Provinz - von 200 Schulen. Für die Begabtenförderung sind zwei Oberschullehrer eingestellt worden.

Bewegung und Musik

Zur Bildung gehört aus Sicht des Vereins auch die Persönlichkeitsentwicklung. "Dazu zählen wir Kultur gleich Musik, Tanz und Sport. Um hier regelmäßigen Unterricht zu gewährleisten, stellt der Vorstand zwei Musiklehrer, eine Choreographin und einen Trommellehrer ein. "Für die Entwicklung der Kinder sind Musik und Bewegung ganz wichtig."

Da Krankheiten bei 80 Prozent der Kinder durch unsauberes Trinkwasser oder Malariaplagen ein Dauerproblem sind, macht sich der Verein auch beim Thema Gesundheit stark. Die Patenkinder kommen in den Genuss von regelmäßigen Gesundheitschecks. Außerdem erhalten sie Moskitonetze und Wasserfilter.

Wasserbrunnen und Toiletten entstehen, ferner gibt es Sexual- und Aids-Aufklärungsunterricht. "Zum Vortrag über Ebola kamen 5000 Menschen", weiß Krakow. Ein Kernstück zur Verbesserung der Lebenssituation für alle Familien durch deren eigene Leistung ist die Landwirtschaftsgenossenschaft. "Die Familien unserer Patenkinder haben in Eigeninitiative eine Landwirtschaftsinitiative gegründet. 70 Familien mit circa 100 Einsatzkräften arbeiten mit."

Dabei sehen sich die Rheinbacher als eine Art Förderverein. Zwölf Hektar Ackerland beschafft dieser als ersten Baustein. Damit die Feldfrüchte bewässert werden, entstehen zwei Brunnen - einer aus einer 72 Meter tiefen Bohrung. Viele kleine Puzzleteile sorgen dafür, dass das Projekt weiter gedeiht - etwa mit dem Bau von Wassertürmen, unterirdischen Leitungen oder einer stabilen Brücke, über die Lastwagen rollen können.

Aus der Lethargie entfliehen

Die Arbeit erfüllt einen doppelten Effekt: Die Eltern arbeiten an drei Tagen in der Woche, entfliehen somit jener lähmenden Lethargie, die Krakow während seiner bislang zehn Visiten in Togo feststellte. Da die Arbeit der Mütter und Väter die Existenz der Familien sichern hilft, müssen die Kinder nicht zusätzlich zum Broterwerb beitragen. "Die Menschen müssen aus ihrer Lethargie heraus, somit schließt sich der Teufelskreis", findet Krakow.

"Die Genossenschaft ist auf dem Weg, ein wichtiger Versorger der Region Kpalimé zu werden für Mais, Bohnen, Erdnüsse, Pfeffer, Erdnüsse und Maniok." Diese Art der Hilfe, so Raetz und Krakow unisono, sei nachhaltiger als so manches Entwicklungshilfeprojekt aus Bundestöpfen. Raetz ist sich sicher: "Wenn wir mehr Menschen in Afrika solch eine Zukunftsperspektive sichern können, würden nicht alle ins goldene Paradies nach Europa wollen."

Wer Hilfe zur Selbsthilfe leisten möchte, bekommt Informationen unter www.zukunftschance-togo.de.

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