Schüleraustausch in Rheinbach Großer Fan von Lionel Messi

RHEINBACH · Sie konnte nur ein paar Worte Deutsch, als sie im August 2014 nach Rheinbach kam. Mittlerweile spricht Lucia Lazarte die neue Sprache fließend und berichtet im Gespräch mit dem General-Anzeiger über ihr bald zu Ende gehendes Jahr als Austauschschülerin in Deutschland. Die 17-jährige Argentinierin nimmt am internationalen Jugendaustauchprogramm der Rotary Clubs teil.

 Eine Argentinierin in Rheinbach: Lucia Lazarte nimmt am Jugendaustausch des Rotary Clubs teil.

Eine Argentinierin in Rheinbach: Lucia Lazarte nimmt am Jugendaustausch des Rotary Clubs teil.

Foto: Roland Kohls

Sie lebt mit ihrer Familie in der 100 000 Einwohner großen Universitätsstadt Tandil, etwa 360 Kilometer südlich von Buenos Aires.Das Jahr in Deutschland ist aufgeteilt in Aufenthalte in zwei Familien. So sollen die jungen Leute möglichst viele Lebensweisen kennen lernen. Zunächst war Lucia bei Familie Hertel zu Gast, jetzt bei Familie Schlösser. Sie besucht die 11. Klasse des Städtischen Gymnasiums.

Auf die Idee, ein Jahr in Deutschland zu verbringen, kam die damals noch 16-Jährige durch eine Freundin, die 2014 bei einer Familie in Potsdam gelebt hatte. Und da war auch für Lucia schnell klar, dass sie nach Deutschland wollte. "Ich habe mich sehr für deutsche Geschichte und deutsche Kultur interessiert", erklärt sie ihre Wahl. Von Rheinbach hatte sie natürlich keine Vorstellung. Mit Deutschland verband sie eher die Alpen, den Schwarzwald, Berlin und den Rhein.

Ihr erster Eindruck nach ihrer Ankunft: "Hier ist alles sehr komprimiert, man ist schnell mit der Bahn in Bonn. Und selbst bis nach Paris sind es mit der Bahn nur fünf Stunden." Zum Vergleich erzählt sie von einer Busfahrt, die sie von ihrer Heimatstadt Tandil in der Mitte Argentiniens in den Norden des riesigen Landes führte und die 21 Stunden dauerte.

In Rheinbach hat sich Lucia schnell zurecht gefunden, obwohl sie anfangs zuweilen das Heimweh plagte. Doch dank Skype ging auch diese Phase vorüber. Zunächst verständigte sie sich auf Englisch, dann besuchte sie einen Intensiv-Kursus Deutsch in der Sprachschule Bonn. So fiel es ihr mit der Zeit immer leichter, dem Unterricht in der komplizierten Fremdsprache ("Deutsch ist viel schwieriger als Englisch") zu folgen.

Im Gymnasium hat sie inzwischen viele Freunde gefunden und hält hin und wieder Referate über ihr Heimatland, etwa, wie dort Weihnachten oder Karneval gefeiert wird. Von Deutschland und Europa hat sie inzwischen einiges gesehen: Mit ihren Gastgeberfamilien war sie in Berlin, Hamburg, Heidelberg, München, Straßburg, Paris, Amsterdam und Prag. Mit ihrer Freundin Sandra Willutzki unternimmt sie viel. Manchmal geht es nach Köln oder Bonn zum Shoppen oder einfach nur an den Rhein. Lucia hat festgestellt, dass Verabredungen in Deutschland zeitiger getroffen werden als in Argentinien. "Hier muss man schon eine Woche vorausplanen, in Argentinien treffen wir uns auch oft spontan."

Nach weiteren Unterschieden zwischen beiden Ländern gefragt, erwähnt sie das Schulsystem. In Argentinien existiere kein mehrgliedriges System, dort werde nur zwischen öffentlichen und privaten Schulen unterschieden. Die ersten neun Schuljahre verbringen die Schüler in der "Education General Basica", danach kann man in die "Polimodal" wechseln und das Abitur anstreben. Während Lucia in ihrer Heimat viel Fleisch gegessen hat, genießt sie hier häufiger die verschiedenen Brotsorten. Und sie hat sogar schon die ihr völlig unbekannten "Rievkooche" probiert.

Lucia Lazarte ist eine talentierte Hockeyspielerin. Ihr Debüt in der 3. Damenmannschaft des BTHV Bonn kommentierte die Vereinszeitschrift so: "0:1 gegen RTHC. Klar zu erkennen auf jeden Fall der Aufwärtstrend. Super vor allem Neuzugang Lucia Lazarte (17) aus Argentinien!" Natürlich interessiert sich Lucia auch für Fußball. In ihrer Heimat werde Diego Maradona nahezu "wie ein Gott" verehrt. Die Niederlage Argentiniens gegen Deutschland im WM-Finale war für sie "ein sehr trauriger Tag", aber dafür wurde sie als Fan von Lionel Messi mit dem Sieg des FC Barcelona im Champions-League-Finale gegen Juventus Turin zumindest etwas entschädigt.

Wenn Lucia Deutschland am 18. Juli wieder verlässt, steigt sie mit einem lachenden und einem weinenden Auge ins Flugzeug nach Buenos Aires. "Auf der einen Seite freue ich mich auf meine Familie und meine Freunde in Tandil, auf der anderen Seite lasse ich auch viele Freunde zurück", sagt sie. Doch sie möchte zurück kommen. Denn nach dem Abitur will sie studieren. Was genau, weiß sie noch nicht, aber ein Semester in Deutschland würde sie sehr gerne absolvieren.

Jugendaustausch der Rotarier

Der Rotary-Jugendaustausch ermöglicht jedes Jahr 8000 Schülerinnen und Schülern einen Aufenthalt im Ausland, wo sie eine neue Kultur entdecken können. Der Austausch kann ein paar Wochen oder ein ganzes Jahr dauern, die Austauschschüler sind Gast eines lokalen Rotary Clubs im Ausland. Das Angebot richtet sich an junge Leute zwischen 15 und 19 Jahren, die sich an ihrer Schule und in ihrem Gemeinwesen durch besonderes Engagement hervor getan haben, die flexibel und offen für Neues sind, die gerne eine neue Kultur erleben und die bereit sind, als Botschafter ihres Landes aufzutreten. Die Kosten variieren von Land zu Land. Austauschteilnehmer werden von einem lokalen Rotary Club betreut, der die Unterkunft in einer Gastfamilie organisiert und ein Stipendium zur Verfügung stellt.

Die Teilnehmer sind in der Regel für Hin- und Rückreise, Versicherung, Reiseunterlagen und Taschengeld selbst verantwortlich.

Wer Interesse am Rotary-Jugendaustausch hat, kann sich an einen lokalen Rotary Club (www.rotary1810.de/bonn_rheinbach) wenden, um zu erfahren, ob dieser beim Austauschprogramm mitmacht. Da der Auswahl- und Orientierungsprozess einige Zeit in Anspruch nehmen kann, wird empfohlen, sich sechs bis zwölf Monate vor dem geplanten Auslandsaufenthalt zu bewerben. Auch Familien, die einen jungen Gast aus dem Ausland aufnehmen möchten, können sich an den örtlichen Rotary Club wenden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort