Albert-Schweitzer-Schule Förderschule in Rheinbach vor dem Aus

RHEINBACH · Während sich die Diskussion um die Schullandschaft in Rheinbach derzeit vor allem auf die mögliche Gründung einer Gesamtschule und das damit verbundene Auslaufen der Haupt- und Realschule konzentriert, ist die Zukunft einer weiteren Schule ungewiss: Die Albert-Schweitzer-Schule, Förderschule mit dem Schwerpunkt Lernen, steht vor dem Aus - zumindest in ihrer jetzigen Form.

Denn mit 55 Schülern ist sie weit davon entfernt, die künftige Mindestgröße von 144 Schülern zu erreichen. Diese gilt nach einer neuen Landesverordnung ab dem Schuljahr 2015/16.

"Die Förderschule wird mit ihrem jetzigen Schwerpunkt Lernen kaum aufrecht zu erhalten sein", sagt Rheinbachs Erster Beigeordnete, Raffael Knauber. Die Stadt Rheinbach betreibt die Schule hauptverantwortlich, auch Meckenheim sowie die Gemeinden Swisttal und Wachtberg sind jedoch als Träger mit im Boot. Am Donnerstag haben sich Vertreter der vier Kommunen getroffen, um über die Zukunft der Albert-Schweitzer-Schule zu beraten. "Wir sind uns einig, dass wir den Förderschulstandort Rheinbach erhalten wollen, gegebenenfalls unter Veränderung des Schwerpunkts", sagt Knauber.

Denn für andere Förderschwerpunkte gelten andere Mindestzahlen: Eine Förderschule Sprache benötigt 66 Schüler in der Sekundarstufe I, Förderschulen für emotionale und soziale Entwicklung 88 Schüler an Schulen mit Primar- und Sekundarstufe. Ob und wie eine Veränderung am Standort Rheinbach möglich wäre, das müsse alles noch geklärt werden - ob zum Beispiel die Aufteilung des Gebäudes geeignet ist und auch inwiefern eine Veränderung des Förderschwerpunkts andere Förderschulen tangieren würde.

Nach Aussage von Knauber wollen die vier Kommunen nun das Gespräch mit dem Rhein-Sieg-Kreis suchen, der seinerseits Förderschulen betreibt. Denkbar wäre auch eine Kooperation oder eine Dependance unter Trägerschaft des Kreises. "Unser Bestreben ist es, Kindern aus den vier Kommunen ein ortsnahes Angebot zu machen", betont Knauber. Auch die Kölner Regierungspräsidentin Gisela Walsken habe jüngst beim Gespräch mit den linksrheinischen Bürgermeistern zugesagt, eine gewisse Förderschullandschaft im Linksrheinischen aufrechtzuerhalten. Eine Kooperation mit der Bornheimer Verbundschule, die als Förderschule mit den Schwerpunkten Sprache und Lernen ebenfalls in ihrer Existenz bedroht ist, scheidet laut Knauber jedoch - obwohl von beiden Städten befürwortet - aus, da auch dafür nicht die erforderliche Mindestzahl erreicht werde.

Unterdessen machen sich viele Eltern von Schülern der Albert-Schweitzer-Schule Sorgen, wie es weitergeht, sagt Schulleiter Philipp Nagel. "Sie fragen sich: Wo bleibt mein Kind, sollte es die Schule nicht mehr geben?" Diese Frage stellt sich auch Beate Schmitt. Ihr 13-jähriger Sohn, der die Schule besucht, hat Schwächen im sprachlichen Bereich und im Rechnen. Auch ein Aufmerksamkeitsdefizit (ADHS) und frühkindlicher Autismus wurden bei ihm festgestellt.

Die Schulpflegschaftsvorsitzende und Mutter von fünf Kindern schätzt an der Albert-Schweitzer-Schule, dass die Schüler"individuell und adäquat, jeder nach seiner Neigung" gefördert würden und dass sie vor allem auch durch Praktika berufsorientierte Unterstützung erhielten. "Es wird so ein großer Hype um die Inklusion gemacht", sagt die Mutter, "und die Förderschulen lässt man aushungern."

Ihre Sorge: "Mein Kind geht doch unter an einer Regelschule." Zumal auch der Lehrerschlüssel an der Förderschule deutlich besser und die Klassen kleiner seien. Es werde nicht so ein Leistungsdruck aufgebaut wie an einer Regelschule. Schmitt fürchtet, dass lernbehinderte Kinder in einer inklusiven Klasse gemobbt werden könnten, wenn sie in Tempo und Auffassungsgabe im Vergleich zu anderen nicht in der Lage seien mitzuhalten.

Die Gefahr des Mobbings sieht auch Knauber. "Inklusion darf nicht zur Exklusion werden", sagt er. "Der geschützte Raum der Förderschulen ist oft förderlicher als der raue Wind an den allgemeinbildenden Schulen." Sein Credo sei: "So viel Inklusion wie möglich, so viel Förderung wie nötig, um den Bedürfnissen der Kinder gerecht zu werden." Für Schmitt stellt sich auch die Frage, wie viele Förderstunden für lernbehinderte Kinder in Regelschulen neben dem normalen Unterricht möglich seien. Und noch ein praktisches Problem sieht die Mutter aus Odendorf: "Mein Sohn muss ja zur Schule gefahren werden." Auch deshalb hofft sie, "dass der Standort Rheinbach erhalten bleibt".

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort