Interview mit Autor Arne Molfenter "Es hat mich gepackt"

RHEINBACH · Gespräch am Wochenende: Der Rheinbacher Autor Arne Molfenter hat ein Buch über den Agenten Garbo geschrieben.

 Hat Feuer gefangen fürs Bücher schreiben: Autor Arne Molfenter.

Hat Feuer gefangen fürs Bücher schreiben: Autor Arne Molfenter.

Foto: Wolfgang Henry

Mit ihrer Landung in der Normandie, dem "D-Day", läuteten die Alliierten im Juni 1944 das Ende des Zweiten Weltkriegs ein. Eine Schlüsselrolle beim Erfolg der gigantischen Geheimaktion kam dem Doppelagenten Joan Pujol García, genannt Garbo, zu: Er spielte die Landung als reines "Ablenkungsmanöver" von einer angeblich viel größer geplanten Landung in Calais herunter, so dass Hitler einen Großteil seiner Truppen dort beließ und die Alliierten in der Normandie auf weniger Gegenwehr stießen.

Das Leben Garbos inspirierte nicht nur Graham Greene zu seinem Roman "Unser Mann in Havanna", sondern auch den Rheinbacher Journalisten und Autor Arne Molfenter zu der Biografie "Garbo, der Spion. Das Geheimnis des D-Day." Mit ihm sprach Inga Thulfaut.

Was hat Sie an dem historischen Stoff von Garbo fasziniert?
Arne Molfenter: Die Geschichte kam mir zunächst völlig unglaubwürdig vor: Ein spanischer Hühnerzüchter, der zum erfolgreichsten Doppelagenten des Zweiten Weltkriegs avanciert? Das hat mich gepackt, und bei der Recherche wurde mir klar, dass das stimmt. Und dass Garbo Tausende von Menschenleben auf beiden Seiten gerettet hat.

Inwiefern?
Molfenter: Die Alliierten waren zwar militärisch längst überlegen, aber sie konnten sich des Erfolgs ihrer Landung in der Normandie trotzdem nicht sicher sein. Erst der Schachzug Garbos, die Deutschen glauben zu machen, dass die eigentliche Invasion noch bevorstehe und man daher viele Panzerdivisionen in Calais bereithalten müsse, hat den Alliierten den Weg geebnet und weiteres Blutvergießen verhindert.

Dabei hatten die Briten Garbo zunächst als Spinner abgetan.
Molfenter: In der Tat. Garbo musste das Handwerkszeug der Spionage erst bei den Deutschen erwerben und sie mit fingierten Nachrichten vermeintlich aus London abspeisen, ehe die Briten ihn endlich in ihre Dienste nahmen, um die Deutschen gezielt in die Irre zu führen.

In die Irre geführt hat Garbo die Menschen dann auch noch nach dem Krieg.
Molfenter: Die britische Regierung erklärte ihn zu seinem eigenen Schutz für tot, und er baute sich in Venezuela eine neue Existenz auf - inklusive einer zweiten Familie, nachdem seine erste Frau ihn samt den drei Kindern verlassen hatte. Erst 1984 spürte der britische Unterhausabgeordnete Nigel West ihn auf und holte ihn zur Verleihung des Ritter-Ordens des britischen Empires nach London.

Mit Nigel West konnten Sie ebenso persönlich sprechen wie mit einigen Zeitzeugen oder deren Nachfahren?
Molfenter: Die Gespräche, die sich teils erst nach akribischer Suche der Nachfahren unverhofft ergeben haben, sind mir in der Tat kostbar. So habe ich etwa in Koblenz und Bonn Einblick in private Archive und bewegende deutsche Familiengeschichten bekommen, die mit Garbo verknüpft waren.

Ihr Sachbuch wird in vielen Rezensionen als "spannend wie ein Spionagethriller" gefeiert. Bewegen Sie sich stilistisch an der Genregrenze zum Roman?
Molfenter: Das Buch orientiert sich ganz an der Historie, alles ist belegt, und ich habe auch nichts hinzuerfunden. Dank der Fülle an detailreichem Material konnte ich den Stoff aber sehr plastisch erzählen.

Eine solche Recherche neben einem Vollzeitberuf und der Familie erfordert viel Disziplin, oder?
Molfenter: Das stimmt. Wobei das Internet heutzutage so manche Recherche erleichtert. Vor allem aber hat mich das Interesse vorangetrieben. Es ist einfach spannend, so tief in die Geschichte einzutauchen und sogar noch mit Zeitzeugen sprechen zu können.

Sie scheinen Blut geleckt zu haben: Die nächste Biografie ist schon in Arbeit?
Molfenter: Ja, Ende August wird mein neues Buch erscheinen, das ich mit einem Kollegen zusammen geschrieben habe. Es handelt von einem irischen Priester, der im Zweiten Weltkrieg Tausende Menschen im Vatikan versteckt und gerettet hat.

Biografie "Garbo, der Spion - Das Geheimnis des D-Day", Piper-Verlag, 288 Seiten mit Abbildungen, 19,99 Euro, ISBN-13: 978-3492055833

Zur Person

Arne Molfenter, geboren in Leonberg, studierte Politik und Wirtschaftswissenschaften in München, Berlin und Mailand. Seine Ausbildung zum Redakteur absolvierte er an der Deutschen Journalistenschule in München. Er arbeitete mehrere Jahre als Redakteur, Reporter und Autor unter anderem beim BBC World Service in London, bei der ARD und bei der Zeit. Inzwischen ist der 42-Jährige Pressesprecher bei der UNO und lebt seit 2006 in Rheinbach. Molfenter ist verheiratet und hat drei Kinder.

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