Kottenforst in Rheinbach Als Jagen streng verboten war

RHEINBACH · Etwa 80 Siedlungsplätze aus der Römerzeit sind im rund 4000 Hektar großen Kottenforst bekannt, darunter militärische Lager. Und römisches Militär brauchte "enorme Mengen an Leder" und die dafür notwendigen Gerbstoffe. Die lieferte damals auch der Kottenforst mit seinen Eichen.

 Der Wald in seinem schönsten Kleid: Leuchtend gelb, rostrot, dunkelgrün und ockerbraun zeigt sich die herbstliche Farbpalette im Kottenforst.

Der Wald in seinem schönsten Kleid: Leuchtend gelb, rostrot, dunkelgrün und ockerbraun zeigt sich die herbstliche Farbpalette im Kottenforst.

Foto: Roland Kohls

Wahrscheinlich habe schon zu römischer Zeit die Beweidung des Kottenforstes eine Rolle gespielt, wie Professor Peter Herz, Lehrstuhl für Alte Geschichte in Regensburg, vermutete.

Rund 50 Wissenschaftler verschiedener Fachrichtungen waren zu einer zweitägigen internationalen Klausur zur "Wald- und Holznutzung in der römischen Antike" am Campus Klein-Altendorf der Landwirtschaftlichen Fakultät der Universität Bonn zusammengekommen. Darunter waren Archäologen, Althistoriker, Archäobotaniker, Dendrologen (Baum- und Gehölzkundler), Forstwirte und Restauratoren aus Deutschland, den Niederlanden, Österreich und der Schweiz.

Diplom-Forstwirt Stephan Schütte vom Regionalforstamt Rhein-Sieg-Erft als Teil des Landesbetriebs Holz und Wald NRW gab den Tagungsteilnehmern unter der Überschrift "Vom Römerlager zum FFH-Gebiet (Fauna-Flora-Habitat, Anm. d. Red.)" einen Überblick über die Nutzungs- und Kulturgeschichte des Kottenforstes. Nach der Zeit der Römer war er karolingisches Königsgut und fränkischer Bannforst. Also ein geschützter Wald, in dem Jagen verboten waren. Bei Verstößen dagegen war der so genannte eine Geldstrafe zu zahlen.

Im Jahr 973 gingen die Nutzungsrechte des bisherigen Reichsgutes per Urkunde Ottos II. an den Erzbischof von Köln. Im Mittelalter sei der Kottenforst auch für Köhlerei sowie für Bau- und Brennholz genutzt worden, so Schütte.

Wie in ganz Mitteleuropa sei über viele Jahrhunderte auch im Kottenforst Schweinemast betrieben worden, vor allem wegen der Eichenbestände. So habe der Spruch "Aus den Eichen wächst der beste Schinken" darin seinen Ursprung. Es sei belegt, dass im Kottenforst bis zu 5000 Schweine gehalten worden sind, mit der Folge der so genannten Devastierung (Verwüstung von Landschaften).

Als sich der Kottenforst ab 1723 im Besitz des Kölner Kurfürsten Clemens August befand, wurde der Wald erstmals vermessen, um Alleen und "ein radiales System von Jagdschneisen" für Parforcejagden (Hetzjagden zu Pferd) anzulegen, so Schütte. Das 1740 gebaute sogenannte "Jägerhäuschen" sei eine Pferdewechselstation gewesen.

Die kurfürstliche Jagdzeit endete in der Zeit Napoleons 1794. Damals sei die Jagd freigegeben worden für alle, was wiederum zur Plünderung und Ausbeutung des Waldes geführt habe. Unter den Preußen begann die planmäßige Waldwirtschaft.

Seit den großen Stürmen der 1990er-Jahre gibt es im Kottenforst naturnahe Waldwirtschaft, so der Diplom-Forstwirt. Heute sind große Teile Natur- und Artenschutzgebiet nach FFH. Mit Blick auf die Zukunft mache der Klimawandel Sorgen, wie Schütte sagte: "Was passiert mit dem Wald, wenn die Temperatur um vier Grad ansteigt?" Die beste Vorsorge sei Mischwald nach dem Motto "Wer breit streut, rutscht weniger".

Die "Initialzündung" zu diesem Workshop zur Wald- und Holznutzung in der römischen Antike hatte die Kölner Archäologin Dr. Tünde Kaszab-Olschewski mit ihrer Innsbrucker Kollegin Ingrid Tamerl bei einem Treffen über Holzfunde. "Dabei ist uns aufgefallen, dass es jedes Jahr Fachtagungen zu Keramik oder Glas gibt, aber keine zu Holz", sagte Kaszab-Olschewski.

Schon nach dem ersten Tag sei deutlich geworden, wie sinnvoll es ist, diese Fachleute erstmals zusammenzubringen. Entdeckungen von Holzgegenständen im Gebiet der damaligen Nordwestprovinzen des Römischen Imperiums zählen zu den besonderen Momenten der Archäologie und der Botanik, so die Wissenschaftlerinnen. Holz sei das verbindende Medium zwischen geistes- und naturwissenschaftlichen Forschungen.

Es liefere mit der Dendrochronologie (Datierungsmethode mittels Jahresringen) sowie mit der Radiokarbonmethode (Datierung über kohlenstoffhaltige organische Materialien) verlässliche Datierungen oder mit Hilfe von Baumpollen werde die Rekonstruktion der römischen Natur- und Kulturlandschaft ermöglicht. Dr. Ursula Tegtmeier vom Labor für Archäobotanik der Uni Köln brachte Holzfunde mit, die beim Bau der Kölner U-Bahn gefunden wurden. "Das war für uns so schön wie vorgezogene Weihnachten", so Kaszab-Olschewski.

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