Stadt Rheinbach sucht Nachfolger für Schiedsfrau 15 Jahre lang hat sie Streit geschlichtet

RHEINBACH · Schiedsfrau Gisela Bartels beendet ihre ehrenamtliche Tätigkeit.

 Streitigkeiten am Gartenzaun haben Schiedsfrau Gisela Bartels oft beschäftigt.

Streitigkeiten am Gartenzaun haben Schiedsfrau Gisela Bartels oft beschäftigt.

Foto: Mario Quadt

Jahrelang hatten die Nachbarn nicht miteinander gesprochen. Stattdessen wuchs der Verdruss, jedes weggeworfene Kaugummipapier der Kinder steigerte den Ärger. Grußlos und verschlossen begegnete man sich auf der Straße. Und dann diese Hecke. Fünf Meter hoch war sie an der Grenze gewuchert und warf einen riesigen Schatten. Erlaubt sind gerade einmal 1,80 Meter.

Etwas musste sich ändern. Bevor in solchen Fällen geklagt werden kann, sieht das deutsche Rechtssystem den Gang zu einer Schiedsperson vor. In diesem Fall war es die Rheinbacher Schiedsfrau Gisela Bartels, die den Konflikt als typisch für ihre 15-jährige ehrenamtliche Tätigkeit schildert.

Man vereinbarte einen Termin, saß sich gegenüber. Zuerst einmal wurde es laut. Im Laufe des Gesprächs stellten beide Seiten dann aber fest, dass "Missverständnisse" vorlagen. Man einigte sich. Die Hecke wurde auf 2,50 Meter gestutzt.

Noch mehr freute sich Bartels aber darüber, dass sich beide Seiten danach sogar zum Bier trafen und sich bis heute offenbar gut verstehen. Einer der Beteiligten rief an und bedankte sich: Das habe sie gut hingekriegt.

Nun wird im Rheinbacher Schiedsamtsbezirk II ein Nachfolger für Gisela Bartels gesucht, die das Amt mit 70 Jahren jetzt abgibt. Bewerber für das Ehrenamt müssen gemäß Paragraf 2 des Schiedsamtsgesetzes nach Persönlichkeit und Fähigkeiten geeignet sein. Dies wird bei einem Bewerbungsgespräch mit dem Bund Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen überprüft.

Das Mindestalter liegt bei 30, das Höchstalter bei 70 Jahren. Infrage kommt nur, wer im Schiedsamtsbezirk II (Neukirchen, Merzbach, Queckenberg, Loch, Hilberath, Todenfeld, Wormersdorf) wohnt.

Ausgeschlossen sind Personen, die unter Betreuung stehen oder durch sonstige gerichtliche Anordnung in der Verfügung über ihr Vermögen beschränkt sind. Menschen mit Migrationshintergrund sind ausdrücklich erwünscht, teilt die Stadt in einer Pressemitteilung mit.

Schiedsleute stellen den Rechtsfrieden wieder her

Schiedsleute werden vom Rat der Stadt für fünf Jahre gewählt und vom Amtsgericht bestätigt. Sie sollen zwischen streitenden Parteien schlichten, einen Vergleich herbeiführen und so den Rechtsfrieden wiederherstellen. Bei strafrechtlichen Tatbeständen wie Beleidigung, Hausfriedensbruch, leichte Körperverletzung, Bedrohung, Sachbeschädigung oder Verletzung des Briefgeheimnisses ist solch ein Verfahren sogar Voraussetzung, bevor eine Privatklage beim Amtsgericht erhoben werden kann, teilt die Kommune mit.

Geschlichtet wird aber auch bei vermögensrechtlichen Ansprüchen in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten. Das Schiedsamt arbeitet unbürokratisch und kostengünstig gemäß Schiedsamtsgesetz.

"Man kann viel erreichen, wenn man sich mal ausspricht", weiß Gisela Bartels. An Verhandlungen nehmen die Schiedsperson und die Parteien, wenn gewünscht auch deren Rechtsanwälte, teil. Die Gespräche werden protokolliert. Danach schlägt die Schiedsperson eine Lösung vor. Wird sie angenommen, ist sie bindend wie ein Richterspruch.

Bei einem Scheitern gibt es eine Erfolglosigkeitsbescheinigung für den dann möglichen Gang zum Gericht. In ihrer Praxis hätten sich Erfolg und Misserfolg etwa die Waage gehalten, erinnert sich die scheidende Schiedsfrau. Manchmal wurde sie wöchentlich angerufen, dann wieder gab es ein halbes Jahr Pause.

Viel Schreibkram hatte sie zu erledigen, Ladungen auszustellen, Ortsbesichtigungen zu absolvieren. Inklusive Verhandlung habe sie ein Fall durchschnittlich etwa fünf Stunden gekostet. Selten habe sie bei Beleidigungen geschlichtet. Das böse "A-Wort" ließ sich beispielsweise durch eine Entschuldigung und 50 Euro für den Kindergarten aus der Welt schaffen.

Kontakt

Wer sich für das Schiedsamt interessiert, meldet sich bis Samstag, 15. November, beim Fachgebiet 32 der Stadt, Schweigelstraße 32, Zimmer E 09, Tel. 0 22 26/91 73 37. Schiedsleute des Bezirks II sind zugleich Stellvertreter im Bezirk I (Kernstadt, Flerzheim, Ramershoven, Oberdrees, Niederdrees).

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort