Philip Oprong Spenner in Rheidt Aus dem Elend ins Leben

NIEDERKASSEL · Sie trafen direkt und unmittelbar ins Herz, die Gesänge, die Worte, die Anekdoten und die Erzählungen von Philip Oprong Spenner. Er war zu Gast im Rheidter Pfarrheim auf Einladung der Initiative "Ein Herz für Pundo". Die fünf Frauen hatten den charismatischen Autor des Buches "Move on up" vergangenes Jahr in Nairobi kennenglernt und gleich nach Rheidt eingeladen.

Rund 90 interessierte Bürger waren ebenfalls der Einladung gefolgt und rangen um Fassung, angesichts der menschenverachtenden Erzählungen von seinem Leben als Straßenjunge Philip, der sich gemeinsam mit seinem Freund Paul auf den Straßen der Großstädte durchschlug.

"Wann haben wir uns das letzte Mal bewusst gemacht, wie gut es uns eigentlich geht. Wir haben ein Zuhause, genug zu essen und unsere Kinder können eine Schule besuchen", führte Britta Schlömer von der Initiative "Ein Herz für Pundo" ins Thema ein.

Mindestens ebenso still, wie es an der Stelle seines Buches war, als Spenner beschlossen hatte, seinem Leben ein Ende zu bereiten, war es im Pfarrsaal, nachdem der Autor begann, die entsprechende Stelle aus seinem Buch zu rezitieren.

Den Lesestuhl braucht Spenner nicht, denn er lebt die Texte und Erzählungen, die er präsentiert, mit.

Immer Blickkontakt zum Publikum, ausgeprägte Gestik und Mimik und Wehmut, die sich vor allem in den Liedern in Luganda - einer Sprache, die in Uganda gesprochen wird - wiederspiegelte.

Seine Sehnsucht nach dem Paradies, wo es weder Hunger, noch Leid oder Schläge gab, wo man sich weder vor Einsamkeit, noch vor der Nacht fürchten musste, hatten den Entschluss reifen lassen, sich das Leben zu nehmen.

Dass es ausgerechnet eine asiatische Touristengruppe war, die ihn schließlich durch intensive Begutachtung seiner Person davon abhielt, lässt einen schmunzeln. Immer wieder teilt der Autor seine Gedanken mit dem Publikum und sorgt so dafür, dass sein ihm eigener Humor auch die Zuhörer im Saal erreicht.

So erinnert er sich noch an die Überlegung, wie er sich am besten vom Felsen stürzen sollte. Mit dem Kopf zuerst am besten, das erhöhe die Wahrscheinlichkeit, sich das Genick zu brechen.

Oder er beschrieb seine Füße, die zum Vorschein kamen weil er sich - warum auch immer - die Schuhe auszog, um zu springen. Sie waren mit Rattenbissen und Schrunden übersät, berichtete Spenner - nicht ohne Respekt vor der "perfekten Strategie" der Ratten, die es immer wieder schafften, die Füße anzuknabbern und dennoch rechtzeitig zu verschwinden.

Die so ersehnte Bildung bekam er als Junge nicht.

Sein Leben bestand aus dem täglichen Kampf um Nahrung und der ständigen Angst, als Straßenkind geschlagen zu werden oder Schlimmeres. Am 14. Mai 2000 verließ er dank des Kontaktes zu einem Hamburger Arzt das erste Mal Kenia und nahm die Herausforderung an, eine völlig neue Kultur kennenzulernen.

Zur Person

Philip Oprong Spenner wurde 1979 in Kenia geboren. Am 14. Mai 2000 kam er nach Hamburg, studierte dort und lehrt heute Englisch an einer Hamburger Stadtteilschule. Bekannt wurde der Autor durch seine Biografie "Move on up. Ich kam aus dem Elend und lernte zu leben", die im Ullstein Verlag 2011 erschienen ist und zum Preis von 18 Euro erworben werden kann.

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