Neunkirchen-Seelscheid Die jüngste Bürgermeisterin im Kreis

Neunkirchen-Seelscheid · Die Fernsicht ist nur zu erahnen. Schwere Regenwolken trüben den Blick aus dem Büro im dritten Stock. Nicole Sander kümmert es wenig.

 Nicole Sander im Ratssaal ihrer Gemeinde.

Nicole Sander im Ratssaal ihrer Gemeinde.

Foto: Thomas Quadt

Ihr bleibt an ihrem neuen Schreibtisch im Rathaus ohnehin kaum Zeit für einen Blick aus dem Fenster. Vor drei Wochen hat sie ihr Amt als Bürgermeisterin der Gemeinde Neunkirchen-Seelscheid angetreten. Seither schlägt sie sich ihren Weg durch den Dschungel an neuen Aufgaben und Herausforderungen.

Als am Wahlabend alle Stimmen ausgezählt waren, hat sich die 34-Jährige zunächst die Augen gerieben. Mit mehr als 57 Prozent hat die SPD-Frau, die von den Grünen unterstützt wurde, ihren Vorgänger Helmut Meng (CDU) nach 15 Jahren des Amtes verwiesen. "Dass es so deutlich ausfiel, hat mich überrascht", erinnert sie sich. Die Anspannung sei in diesem Augenblick von ihr abgefallen: "Ich dachte, jetzt geht es los."

Bürgermeisterin zu werden, sei nie ihr großer Berufswunsch gewesen, sagt Sander. "Ich bin da irgendwie reingerutscht." Vor mehr als zehn Jahren hat sie sich entschieden, parteipolitisch aktiv zu werden. Ihr Engagement für mehr Chancengleichheit fand bei den Sozialdemokraten Widerhall. Von Anfang an war sie im Vorstand der Windecker SPD, deren Vorsitzende sie seit vier Jahren ist. Seit 2012 ist sie im SPD-Kreisvorstand. Verschiedene Wahlkämpfe hat sie koordiniert. "Nie mit dem Fokus, selbst einmal im Mittelpunkt eines Wahlkampfes zu stehen."

Als ihr im Vorfeld der Kommunalwahl die Kandidatur um den Chefposten in Neunkirchen-Seelscheid angetragen wurde, hat sie nicht lange gezögert. Obwohl sie in Waldbröl geboren, in Windeck aufgewachsen ist und nun in Siegburg lebt, eine Verbindung zu Neunkirchen-Seelscheid hat es immer gegeben. Über Freunde, den Job in der Schulverwaltung des Kreises und die politische Arbeit.

Für den derzeitigen Veränderungsprozess fühlt sich die Verwaltungswirtin gut gewappnet. Die Arbeit in einer Verwaltung hat sie von der Pike auf gelernt. Sie machte ihre Ausbildung bei der Kreisverwaltung und arbeitete im Amt für Schulverwaltung und Bildungskoordinierung. Seit 2010 war sie Referatsleiterin beim Technischen Hilfswerk. "Ich weiß, wie eine Behörde funktioniert", sagt Sander. Gleichwohl sei es schwierig, auf einen fahrenden Zug aufzuspringen. "Man braucht jemanden, der einem sagt, wo die richtigen Waggons sind."

Daher war ihr erster Arbeitstag am 23. Juni den insgesamt 100 Mitarbeitern gewidmet. "Ich nutze nun die Zeit, um in Gesprächen mit meinen Führungskräften einen Überblick zu gewinnen." Wichtige Themen, welche die rund 20.000 Einwohner zählende Gemeinde bewegen, seien neben dem Umbau des Antoniuskolleges der Breitbandausbau und Bauprojekte.

Nicole Sanders Tage sind ausgebucht. Viele offizielle Termine stehen an. "Ich versuche, möglichst viele selbst wahrzunehmen", sagt sie, weiß aber mit Ulrich Galinsky (SPD) und Karin Bandow (CDU) zwei erfahrene Stellvertreter an ihrer Seite. Von den Bürgern erhält sie positive Resonanz. "Viele sprechen mich auf unsere Plakataktion an", so Sander, die von SPD- und Grünen-Plakaten lächelte. Dass sie nun die jüngste Bürgermeisterin im Kreis ist, freut Nicole Sander.

"Ich bin so jung, weil die anderen so alt sind", sagt sie, lächelt und räumt ein, dass ein gutes politisches Gremium von der Mischung lebt. Im Bürgermeisterzimmer hat die 34-Jährige noch nicht viel verändert. "Bislang habe ich dafür keine Zeit." Ebenso wenig Zeit bleibt für ihr Leben neben dem Beruf, das sie privat halten will, oder für Gedanken an einen Umzug nach Neunkirchen-Seelscheid. "Ich muss hier erst dienstlich ankommen, vorher möchte ich keine weitere Baustelle aufreißen." Und was ihr Büro betrifft: "Es wird bestimmt kein Mädchenzimmer mit rosa Tapete."

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