Ärger im Neubaugebiet Steinbüchel Stadt Meckenheim und Investor streiten sich über Erschließung

MECKENHEIM-MERL · Das Neubaugebiet als Teil der Rahmenkonzeption Merl-Steinbüchel hat eine lange und bewegte Geschichte. 14 Jahre lang hatte sich die Bürgerprojektgruppe für die Ansiedlung einer Nahversorgung und die damit verbundene Wohnbebauung eingesetzt. Mit der Vertragsunterzeichnung mit der Werretal Urbanisations-GmbH im Januar 2013 und dem ersten Spatenstich fürs Neubaugebiet fünf Monate später schien alles auf einem guten Weg. Doch hinter der inzwischen errichteten Lärmschutzwand brodelt es.

 Hinter dem Parkplatz des Edeka-Marktes in Merl-Steinbüchel erstreckt sich das neue Wohngebiet.

Hinter dem Parkplatz des Edeka-Marktes in Merl-Steinbüchel erstreckt sich das neue Wohngebiet.

Foto: Wolfgang Henry

Anlieger beklagen Verzögerungen bei der Erschließung, Erde und Bauschutt auf ihren Grundstücken und auch einen fehlenden Kanalanschluss. Die Einwohner von Alt-Merl, insbesondere die Schulkinder, die die Offene Ganztagsschule Merl besuchen, müssen nach wie vor auf die fußläufige Verbindung via Fußgängerbrücke auf den Steinbüchel verzichten.

Werretal-Geschäftsführer Udo Helling beschuldigt die Stadt, Bürgschaften zurückzuhalten und hält die abgeschlossenen Verträge für nichtig. Er habe Baustraßen errichtet, Kanäle und die Lärmschutzwand fertiggestellt, sogar die Rampe zur Brücke nach Alt-Merl realisiert, zu deren Bau er sich genötigt fühle, doch die Stadt verweigere die Auszahlung einer Bürgschaft in Höhe von 130 000 Euro. "Wir haben uns die Finger wund geschrieben", sagt Helling. Daher habe er einen Anwalt konsultiert, der festgestellt habe, dass der Erschließungsvertrag mit der Stadt wegen eines Beurkundungsfehlers nichtig sei. Das diesbezügliche Schreiben an die Stadt mit Datum vom 1. Dezember sei noch nicht beantwortet worden. Hierin hat der Anwalt von Werretal geschrieben: "Wir gehen davon aus, dass das Vertragswerk (der Kaufvertrag über die Grundstücke, der Erschließungsvertrag und der Städtebauliche Vertrag, Anmerkung der Redaktion) insgesamt nichtig ist und rückabgewickelt werden muss."

Helling selbst will neue Verhandlungen über den seiner Auffassung nach nichtigen Erschließungsvertrag führen. Das Risiko, wenn man mit Städten zusammenarbeite, sei, "dass man irgendwann keine andere Möglichkeit mehr hat, als den Forderungen nachzugeben", sagt der Werretal-Geschäftsführer. Nun möchte er einen neuen Vertrag, auch über den Endausbau, der noch aussteht. Auch die Anwohner habe er in einem Brief informiert, sagt der Investor. In diesem Schreiben habe er "äußerst vorsorglich" darauf hingewiesen: "Sollte also irgendwann die Stadt Sie zu Erschließungsbeiträgen gemäß Baugesetzbuch veranlagen, bitten wir Sie, uns zu kontaktieren, damit wir Sie von der Forderung freistellen können." Im Baugebiet sind inzwischen zahlreiche schmucke Häuser entstanden. Die Heinz-Gottschalk-Straße ist bis auf wenige Baulücken bebaut. Die laut Helling fertige Rampe ist allerdings noch nicht befestigt, schlammig und nicht begehbar. Vorläufige Baustraßen führen zu den Häusern, Bürgersteige und Straßenbeleuchtung fehlen.

Hellings Brief ist bei den Anwohnern eingetroffen. Als "Stimmungsmache gegen die Stadt" bezeichnet Elfriede Drechsel (60) das Schreiben, Helling selbst nennt sie einen "Schönredner". Die Bauherrin, die mit ihrem Bungalow auf dem Steinbüchel ihren Traum vom altersgerechten Wohnen realisiert hat, ist nicht gut auf den Investor zu sprechen. Wegen Erdaushubs, der auf ihrem Grundstück lagerte, befindet sich die Merlerin im Rechtsstreit mit der GmbH.

Zum laufenden Verfahren möchte Drechsel nichts sagen, berichtet aber, dass sich die Gemeinschaft der Grundstückseigentümer bereits im Februar schriftlich beim Werretal-Geschäftsführer über die unbefriedigend laufenden Erschließungsmaßnahmen beschwert habe. Sie habe die Herstellung und Nutzbarkeit der Leitungsanschlüsse sowie die Beseitigung von Bauschutt und Schrott auf den Grundstücken gefordert und einen Zustand verlangt, in dem die Durchführung von Vermessungs- und Bauarbeiten möglich sei.

Eigentlich war die Baufreigabe für Oktober 2013 terminiert. Beinahe 40 Betroffene haben unterschrieben. Auch bei Jakob und Maria Redekop lief der Bau nicht reibungslos. Wie sie schildern, haben sie den vertraglich zugesicherten und bezahlten Kanalanschluss trotz Reklamation nicht bekommen, nutzen zurzeit den Anschluss ihrer Nachbarn mit und hoffen, dass sich dies beim Endausbau endlich ändern wird.

Das sagt die Stadt:

Bürgermeister Bert Spilles und der Technische Beigeordnete Heinz-Peter Witt haben zu den Vorwürfen von Werretal-Geschäftsführer Udo Helling Stellung bezogen und versichern: "Die Bürgschaften wurden dem Leistungsstand, den die Firma Werretal erbracht hat, angemessen und vertragskonform freigegeben." Zudem sei ein externer Jurist zu der Auffassung gelangt, dass die Erschließungsverpflichtung für die Werretal Urbanisations-GmbH weiterhin Bestand habe. In Kürze werde die Verwaltung Geschäftsführer Helling besonders im Interesse der Bauherren und Anlieger auffordern, den Endausbau so schnell wie möglich vorzunehmen.

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