"Theatrum Gaudium" in Meckenheim Sketche mit Lokalkolorit und Seitenhieb-Esprit

MECKENHEIM · Obere Mühle, Bahnhof Kottenforst, Herrenhaus Burg Altendorf: Für Touristen mit Tiroler-Hut und geblümtem Dirndl hat die Apfelstadt Meckenheim einige Sehenswürdigkeiten zu bieten. Dumm läuft es allerdings, wenn das interessierte ältere Pärchen beim automatisierten Info-Call-Center landet und statt des Stadtrundgangs plötzlich einen "flotten Dreier" vorgeschlagen bekommt.

 Eine ideale Kulisse für hautnahes Theater mit Kammerspiel-Flair bietet das ehemalige Kino am Neuen Markt.

Eine ideale Kulisse für hautnahes Theater mit Kammerspiel-Flair bietet das ehemalige Kino am Neuen Markt.

Foto: Wolfgang Henry

Was aufgrund der unfreiwilligen Komik der digitalisierten Moderne im ehelichen Zerwürfnis zu enden droht, kriegt dann doch noch die Kurve im einträchtigen Beschluss: nie mehr "Mobile Information Services", lieber ein klassischer Reiseführer aus der Buchhandlung am Ort. Diesen und andere Sketche mit Lokalkolorit und Seitenhieb-Esprit präsentierte das "Theatrum Gaudium" hinterm erstmals gehobenen Vorhang. Das kabarettistische Comedy-Programm "Rheinisch und mehr" machte den Auftakt einer bunten Mischung aus Theater, Comedy, Musik und Kindertheater, mit dem das siebenköpfige Ensemble um Wilfried Esch das ehemalige Kino am Neuen Markt belebt. Die Räume, zu denen neben der Gaststätte "Am Glockenspiel" eine Treppe hinabführt, standen fünf Jahre lang leer - und bieten nun die ideale Kulisse für hautnahes Theater mit Kammerspiel-Flair.

Gut 60 Gäste füllten sämtliche Plätze im Halbkreis um die mittige Spielfläche, die ein altertümelndes Sofa und ein Telefonapparat mit abnehmbarem Hörer dominierten. Einige der kurzen Bühnenstücke stammen aus Eschs Feder, andere von Schauspielerin und Theaterpädagogin Nina Schlegelmilch. Und sie nehmen - gern auch mal in Mundart - das "Fröher wor alles besser" auf die Schippe oder ein sehnsuchtsvolles, sich in Paranoia steigerndes Warten aufs Klingeln des Telefons. In seiner Absurdität besonders schön: der Dialog zwischen dem ängstlichen Keks und der unheilvollen Dose. Vizebürgermeisterin Heidi Wiens überbrachte die Glückwünsche der Stadt zur Premiere und stellte das Novum für Meckenheim heraus: "Wir haben hier viele Kunstschaffende, aber ein Theater hat uns bisher gefehlt."

Theaterleiter Esch dankte der Stadt Meckenheim für einfache Wege durch die Bürokratie sowie für einen Zuschuss zum Kindertheater-Projekt nach den Sommerferien. Für die bis Jahresende mietfreie Überlassung der Räumlichkeiten dankte Esch Immobilieninhaber Werner Decker.

"Theatrum Gaudium", das sind Wilfried Esch, Gregor Jansen, Alexandra Leffers-Knoll, Peter Zachow, Sofia Plich, Alexandra Heimberger und Nina Schlegelmilch. Das weitere Programm nach der gelungenen Premiere sieht einen schaurig-schönen Gruselabend mit Dinner an Halloween und eine Aufführung frei nach dem Grimm-Märchen "Hänsel und Gretel" zu Weihnachten vor.

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