Brigitte Penner aus Meckenheim Sie war die erste Frau im Kreistag

MECKENHEIM · Fern aller längst überholten Klischees können junge Mädchen mit Fug und Recht "Bundeskanzlerin" oder "Verteidigungsministerin" auf die Frage antworten, was sie denn mal werden möchten. Was heutzutage fast schon selbstverständlich ist, war 1969, als sich der erste Kreistag des gerade gegründeten Rhein-Sieg-Kreises konstituierte, eine kleine Revolution.

 Brigitte Penner (92) war nicht nur die erste Frau im Kreistag, sondern auch erste Vize-Landrätin.

Brigitte Penner (92) war nicht nur die erste Frau im Kreistag, sondern auch erste Vize-Landrätin.

Foto: Wolfgang Henry

Vor 45 Jahren zog Dr. Brigitte Penner aus Meckenheim in das noch junge Kommunalparlament ein - in gleich mehrfacher Hinsicht eine Pionierarbeit, wie sie heute sagt: "Ich war nicht nur die erste und einzige Frau im Kreistag, sondern auch die einzige Neubürgerin, Nichtkatholikin, Ärztin, Flüchtling und Mutter von vier Kindern", berichtet die resolute 92-Jährige.

Der im ostpreußischen Königsberg geborenen Medizinerin half, dass sie aus einer Familie stammt, in der Emanzipation schon immer gelebt wurde, wie sie betont. In ihrer Familie hätten die Frauen sowieso das Sagen gehabt: "Wie meine Großmutter, die zehn Kinder großzog." Ihre politische Karriere begann die Christdemokratin 1963. Sie zog mit Mann Klaus und den Kindern von Berlin nach Meckenheim, das damals gerade mal 3000 Einwohner zählte.

Ihre erste Schulbuchbestellung beantwortete die Dame im Schreibwarenladen mit der Gegenfrage: "Katholisch oder evangelisch?" Eine politische Heimat fand sie 1964 in der CDU-Frauenvereinigung. Im gleichen Jahr entsandte sie der CDU-Stadtverband dank der früheren schulärztlichen Arbeit als sachkundige Bürgerin in den Schulausschuss. Der damalige Chef der Jungen Union und spätere Meckenheimer Stadtdirektor Johannes Vennebusch ermutigte sie, ihr Wissen und ihren Enthusiasmus einzubringen. Dass es damals keine weiterführenden Schulen, kaum Kitas oder Jugendeinrichtungen in Meckenheim gab, ärgerte sie maßlos. "Ich wollte nicht meckern, ich wollte mehr."

1967 gründete sie die "Bürgerinitiative für ein eigenes Gymnasium". 500 Unterschriften kamen zusammen. "Ich habe noch alle im Original." Sie ging Klinkenputzen an örtlichen Grundschulen und fragte die Eltern, wie viele Mädchen und Jungen sie aufs Gymnasium schicken wollten - "eine Hundearbeit", wie sie heute findet. Doch sie bewies Beharrlichkeit und holte einflussreiche SPDler ins Boot, was nicht jeden in ihrer Partei erfreute. "Die Unterschriften haben wir als Petition eingereicht - an den Landtag, an Gott und die Welt." Mit Erfolg: 1967 erteilte die SPD-Landesregierung die Zusage fürs heutige Konrad-Adenauer-Gymnasium, das - wie passend zu ihrer Herkunft - in der Königsberger Straße liegt.

An der Männerwelt damals störte sie nicht nur "der Gestank von Alkohol und Rauch" in den Sitzungen, sondern auch unverhohlenes Kirchturmdenken: "Mancher meinte, wir müssen sehen, dass wir recht viel nach Hause bringen." Zu Handgreiflichkeiten sei es während der Debatte gekommen, welches Autokennzeichen der Kreis haben sollte. BN für Bonn wollten viele. "SU setzten einige mit Sowjetunion gleich."

1975 wählte sie der Kreistag zur ersten Vize-Landrätin. Es habe ihr viel Spaß gemacht, die Verschiedenheit der Orte im Kreis zu erleben. Ihr Mann Klaus unterstützte ihr Engagement. "Er sagte zu mir: Das kannst du. Ich helfe dir." Als er 1981 erkrankte, verließ sie den Kreistag und gab das Amt der Vize-Landrätin ab. Nach 41 Jahren in der Union trat sie 2007 aus der Partei aus. Aus Verärgerung über den Ausspruch eines Mitglieds, die Alten würden nicht mehr gebraucht. Noch heute zeigt die 92-Jährige, was sie zu leisten imstande ist. Sie schreibt Bücher - für ihre vier Kinder, elf Enkel und 14 Urenkel.

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