Neues "Gotteslob" Regionalkantor Bernhard Blitsch: "Nicht einfach irgendein Buch"

MECKENHEIM · Was wäre ein Gottesdienst ohne Musik und Gesang? Doch viele Texte sind überaltert und haben mit dem Leben der Gläubigen nur noch wenig zu tun. Nach 40 Jahren erhalten die deutschsprachigen Katholiken daher ein neues Gesangbuch mit dem alten Titel "Gotteslob". Nach langem Hin und Her wird das Buch am 22./23. Februar im Erzbistum Köln eingeführt. Regionalkantor Bernhard Blitsch aus Meckenheim spricht im Interview über die Veränderungen zum alten Buch und warum es daran Kritik gab.

 Ein neues "Gotteslob" in Händen: Regionalkantor Bernhard Blitsch.

Ein neues "Gotteslob" in Händen: Regionalkantor Bernhard Blitsch.

Foto: Wolfgang Henry

Sie haben an der Neugestaltung des Gesangbuches mitgearbeitet. Wie lange war die Vorbereitungszeit und wer war daran beteiligt?
Bernhard Blitsch: In einer Gesamtvorbereitungszeit von mehr als zehn Jahren haben sich verschiedene Kommissionen zu Text, Musik- und grafischer Gestaltung gebildet. Im musikalischen Bereich gab es thematische Untergliederungen wie zum Beispiel Lieder, Psalmen, Messgesänge, lateinische Gesänge, Kehrverse und die Begleitpublikationen. Ich bin seit sechs Jahren dabei und habe konkret am begleitenden Klavierbuch und dem Bläserbuch mitgearbeitet.

Wer oder was hat den Impuls für eine Neugestaltung des Buches gegeben?
Blitsch: Das erste "Gotteslob" aus dem Jahre 1975 war ja eine Pionierarbeit. Es war das erste gemeinsame Gesangbuch in der Kirchengeschichte der deutschsprachigen Bistümer überhaupt. So kamen aus den Erfahrungen, die man mit dem alten gemacht hatte, genügend Impulse von allen Seiten zu einer Neugestaltung.

Welche Bedeutung hat das "Gotteslob" allgemein für die Gläubigen?
Blitsch: Das "Gotteslob" ist nicht einfach "irgendein" Buch. Es gehört zum kirchlichen Leben der Katholiken, wie das Amen in der Kirche, denn es begleitet die Gläubigen durch die Jahre von der Taufe bis zur Beerdigung, durch die Jahreszeiten zu allen kirchlichen Festen und natürlich in jeden Gottesdienst.

Worin lagen die Kritikpunkte? Welche Änderungswünsche standen bei der Neuauflage im Vordergrund?
Blitsch: Der Inhalt, vor allem die Lieder, Psalmen und Litaneien waren fast vier Jahrzehnte alt. Seitdem hat sich in der Gesellschaft und in der Musik viel getan. Es hat ein Umdenken zum Beispiel bei Textinhalten stattgefunden. Hier sind Themenkreise wie Frieden und Schöpfung mehr in den Vordergrund gerückt. In der Musik hat sich der Geschmack vor allem in der Melodieführung sehr verändert.

Wie sind die Verantwortlichen denn in der Vorbereitung vorgegangen?
Blitsch: Es brauchte in den fast elf Jahren viele Umfragen und Testsingen in ausgewählten Gemeinden, bis die Theologen und Kirchenmusiker - hier am Beispiel Arbeitsgruppe Lied - ihr neues Repertoire zusammengestellt haben. Es war uns in der Folge wichtig, vor allem die Kirchenchöre über die Neuheiten zu informieren, weil sie sozusagen die Multiplikatoren, also die Vermittler für neue Lieder sind.

Das "Gotteslob" wurde Ihrer Aussage nach radikal entrümpelt. Was ist denn geblieben?
Blitsch: Die Experten haben sich quer durch die Musikgeschichte gearbeitet. Mehr als 2000 Lieder wurden bis zu vier Mal gesungen, bevor eine Entscheidung fiel. Lieder, die keinen rechten Anklang fanden, sei es durch Inhalt oder Melodie, wird man nicht mehr finden. Auf diese Art und Weise wurden etwa 50 Prozent entfernt.

Aber nicht jeder "Klassiker" ist rausgeflogen, oder?
Blitsch: Natürlich bleibt "Großer Gott wir loben dich" oder "Lobet den Herrn" ein Muss, genau wie die Weihnachtsklassiker "Stille Nacht, heilige Nacht" oder "Menschen, die ihr wart verloren". Viele Lieder wird der Benutzer auch wieder mit einem "Ö" markiert finden. Das sind Lieder, die auch in den protestantischen Gesangbüchern stehen.

Wo sind Neuheiten zu finden?
Blitsch: Melodien aus dem europäischen Raum wurden neu hineingenommen, genau wie neue geistliche Lieder und Taizégesänge. Absolut neu ist das Klavierbuch, das es in dieser Form noch nicht gegeben hat. Begleitbücher für die Orgel gibt es schon lange, aber ein Buch, das die Möglichkeiten des Klaviers so konsequent ausschöpft, ist ein Novum. Dadurch erscheinen viele Lieder, nicht nur neue, sondern auch alte, in ganz neuem Licht. Auch gibt es zu 150 Liedern mehrstimmige Chorsätze in unterschiedlicher Besetzung.

Gibt es Gegner, Skeptiker, Kritiker?
Blitsch: Ja, es gibt sie, aber die Kritik geht in beide Richtungen: die einen sagen: zu viel Altes, die anderen: zu viel Neues. Wenn beide Seiten sich zu Wort melden, spricht das meiner Meinung nach für dieses Buch und seine Mischung.

Welche Aktionen haben Sie zur Einführung des neuen "Gotteslob" geplant.
Blitsch: Ich möchte da ganz behutsam vorgehen und die Gemeinde nicht mit Neuheiten überschütten. Geplant sind in Meckenheim offene Chorproben in allen fünf Gemeinden. Jedes Gemeindemitglied ist hier herzlich eingeladen, mit Unterstützung der Sängerinnen und Sänger neue Lieder kennen zu lernen und einzuüben.

Was erhoffen Sie sich vom neuen "Gotteslob"?
Blitsch: Ich erhoffe mir, dass die Gemeinden sich in ihrer Gesamtheit von dem Buch angesprochen fühlen und durch die neuen musikalischen Impulse die Lust am Singen in den Messen quer durch die Generationen gefördert wird.

Zur Person

Der studierte Kirchemusiker Bernhard Blitsch wurde 1965 in Trier geboren. Seit 1993 ist er Kantor in Meckenheim und als Regionalkantor für den linksrheinischen Rhein-Sieg-Kreis zuständig. Zudem ist Blitsch Beauftragter des Erzbistums Köln für den Bereich Instrumentalmusik und Mitherausgeber mehrerer Publikationen rund um das neue Gotteslob. Darüber hinaus war er einige Jahre als Dozent tätig.

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