Rolando Machado aus Meckenheim Ein Ronaldo macht noch keinen Sommer

MECKENHEIM · Es ist warm, brütend heiß, mindestens so sommerlich wie an der Atlantikküste Portugals während der allermeisten Wochen des Jahres. Nur die sanfte Meeresbrise muss sich der Besucher in den Geschäftsräumen von "Der Portugiese", einem Fachhandel für ausgesuchte mediterrane Lebensmittel aus dem Land des ersten WM-Gruppengegners der deutschen Elf, im Gewerbehof Am Wiesenpfad in Meckenheim dazudenken.

Dafür surren die Kühlvitrinen im Geschäft von Rolando Machado ihr immergleiches Lied. Wenn am Montagabend die besten Fußballer Deutschlands und Portugals zur WM-Partie auflaufen, dann pochen zwei Herzen in der Brust des gelernten Groß- und Außenhandelskaufmanns.

Bei der Frage, ob er Superstar Ronaldo eher als Genie oder als eitlen Pfau in Fußballschuhen ansieht, verdreht Rolando Machado amüsiert die Augen. "Er macht es ja nicht alleine aus", sagt der 37-jährige in Bonn geborene Meckenheimer, dessen Eltern vor rund 40 Jahren aus Guimarães im Nordwesten Portugals ins Rheinland zogen. Mit Gelassenheit verfolgt der Vater zweier Kinder die Debatte um den Zustand von Ronaldos Knie. "Nur er weiß, wo es Show und Schein ist, oder ob es der Wahrheit entspricht." Der Fachmann für Feinkost sieht den 29 Jahre alten Weltfußballer gereift, er stelle sein überragendes Können in den Dienst der Mannschaft. Die Posen des portugiesischen Kapitäns, etwa vor dem Anlauf zum Freistoß dazustehen wie John Wayne beim Duell in der heißen Wüste, sei nun mal Teil des Showgeschäfts Fußball. "Und jedes Kind auf dem Spielfeld macht es nach. Das sieht lustig aus."

Doch es sei gut, wenn es im Fußball noch Typen gibt, die polarisieren. "Denken Sie an Lothar Matthäus oder an Stefan Effenberg. Die konnten gut Fußball spielen, haben sich aber auch nicht alles diktieren lassen." Ein Cristiano Ronaldo, der Mann mit dem weltberühmten Numeronym CR7, mache allein aber noch keinen brasilianischen Sommer aus, sagt Machado. Heißt: "Wenn er nicht richtig bedient wird, zahlt sich seine Stärke nicht aus." Der heutige Fußballabend ist für den Mann einer deutschen Frau nicht leicht: "Ich bin Deutscher, obwohl ich einen portugiesischen Pass habe", erklärt er, während ein Kunde auf Portugiesisch Fragen zum Weinsortiment stellt und Machado sie in dieser Sprache auch beantwortet. "Meine Heimat ist da, wo ich groß geworden bin."

Nach 37 Jahren in Deutschland fühlt er sich "sehr gut integriert". Darum könne er nicht genau sagen, wem er während der 90 Minuten mehr die Daumen drückt. "Ich habe zwei Klubs im Rennen", sagt er und lacht. Es sei bedauerlich, dass beide gleich im ersten Spiel aufeinander treffen. Einen Tipp auf den Ausgang des Spiels wagt Machado nicht: Zu viele unbekannte Faktoren seien im Spiel - nicht nur das Knie Ronaldos oder die Schulter von Manuel Neuer. Nur dann, wenn die Portugiesen ihre Abwehr nicht vernachlässigten, hätten sie eine Chance gegen "durch die Bank gute deutsche Techniker".

Fußball verfolgt er bevorzugt im (kleinen) Freundeskreis. WM-Spiele seien eine gute Gelegenheit, Freunde zu treffen, die man lange nicht gesehen hat. Ein Freund vom Rudelgucken sei er nicht. Obwohl zwei Herzen in seiner Brust pochen, verfolge er das Spiel wohl recht gelassen: "Mein Leben besteht nicht nur aus Fußball."

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