90. Geburtstag: Inspekteur des Bundesgrenzschutzes a.D. Karl-Heinz Amft Dorfjunge macht Polizeikarriere

MECKENHEIM · Türkei im Sommer 2012. Ein deutscher Tourist lässt sich mit einem Gleitschirm von einem Motorboot in die Höhe ziehen. In dem beliebten Ferienort kein ungewöhnliches Ereignis. Ungewöhnlich ist indes das Alter des Sportlers: Karl-Heinz Amft, Inspekteur des Bundesgrenzschutzes a.D., ist 88. Am Pfingstsonntag in diesem Jahr wird er 90 Jahre alt.

 Viel erlebt hat der Jubilar aus Meckenheim Karl-Heinz Amft während seiner Dienstjahre beim Bundesgrenzschutz.

Viel erlebt hat der Jubilar aus Meckenheim Karl-Heinz Amft während seiner Dienstjahre beim Bundesgrenzschutz.

Foto: Axel Vogel

Ein ängstlicher Mensch war er nie. Der Dorfjunge aus Kapsdorf in Schlesien wird 1946 aus der englischen Kriegsgefangenschaft entlassen. Er geht nach Niedersachsen und fängt bei der Polizei an, weil dort Leute ohne NS-Vergangenheit gebraucht werden. An seinem ersten Arbeitstag regelt er ohne weitere Einweisung den Verkehr für eine Kolonne der britischen Militärregierung. "Jede Aufgabe, die sich mir stellte, habe ich gerne übernommen", sagt er im Rückblick.

Mit dieser Einstellung ist er erfolgreich. Amft macht einen Kommissarlehrgang und ist von 200 Schülern der Jahrgangsbeste. Weitere Stationen seiner Karriere: Einsatzbearbeiter im Innenministerium, Dozent im Lehrerseminar an der Polizeischule in Münster-Hiltrup, Chef der Bereitschaftspolizei in Linnich, Leiter der Schutzpolizei in Münster, Vize-Präsident der Polizei-Führungsakademie. 1974 dann Inspekteur der Bereitschaftspolizei (Bepo), einem Großverband der Landespolizeien in Deutschland, der die Landespolizei bei Bedarf unterstützt. In Amfts Amtszeit fallen zum Beispiel Großdemonstrationen gegen das Kernkraftwerk in Brokdorf.

Er ist dabei, nicht als Einsatzleiter, sondern um die Ausstattung und Ausbildung der Bereitschaftspolizei während des Einsatzes zu überprüfen. Mitunter wird er auch zu Beratungen hinzugezogen. Als am 27. Februar 1975 linksextremistische Terroristen der Gruppe "Bewegung 2. Juni" den Berliner CDU-Politiker Peter Lorenz entführen, um sechs Gesinnungsgenossen freizupressen, bezieht Innenminister Ger-hart Baum (FDP) Amft in eine Beratung ein. "Alles, was Rang und Namen hatte, war versammelt, unter anderem der BKA-Chef", erinnert sich Amft: "Als ich in den Raum kam, redeten alle durcheinander." Baum fragt ihn, ob er spontan einen Vorschlag habe. "Ja", sagt Amft, "erstmal halten alle die Klappe. Dann soll jeder einen Vorschlag machen. Und wir kommen zu einem Entschluss."

Die klare Ansage kommt gut an. "Baum hat mir später gesagt: Das war die richtige Intervention", erzählt der Inspekteur a.D.. Die Runde gibt eine Empfehlung, die der Bundesregierung als Entscheidungsgrundlage dient, so Amft. Anfang März werden die Gefangenen in den Jemen ausgeflogen, Lorenz kommt frei.

1980 steigt Amft zum Inspekteur des Bundesgrenzschutzes auf. Sein Hauptziel ist es, die Ausbildung zu verbessern und an die Ausbildung der Polizeien der Länder heranzuführen. "Auch im Hinblick auf die Wiedervereinigung haben wir daran gearbeitet, dass die Nähe des Bundesgrenzschutzes zum Militär nicht mehr so groß war." Für seine Verdienste wird der Inspekteur im April 1985 kurz vor Ende seiner Dienstzeit mit dem Großen Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.

Seit 30 Jahren wohnt Amft in Meckenheim. 59 Jahre ist er mit seiner Frau Edith verheiratet, als sie 2004 unerwartet an Herzversagen stirbt. Zwei Schicksalsschläge hatten die Familie schon vorher getroffen: Sohn Klaus-Dieter stirbt mit nur 36 Jahren an einer seltenen Infektionskrankheit und auch Amfts Schwiegersohn stirbt früh an einer schweren Krankheit. Seine Tochter Sabine (61) lebt heute in Mainz.

Bis ins hohe Alter hat sich Amft die Offenheit und Neugier für Neues bewahrt: Zu seiner Tochter und seinem Enkel Dominik (30) hält er mittels moderner Medien Kontakt: Von seinem iPad videotelefoniert er täglich mit ihnen.

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