Infoabend in Meckenheim Die Grauzone ist groß - sexualisierte Gewalt im Sport

MECKENHEIM · Fast 20.000 Sportvereine mit rund 5,1 Millionen Mitgliedern bieten derzeit in NRW Kindern und Jugendlichen vielfältige Gelegenheiten Sport zu treiben. Die damit verbundene körperliche und emotionale Nähe begünstigt ein gesundes Aufwachsen und fördert den sozialen Zusammenhalt von Kindern und Jugendlichen untereinander sowie den Austausch mit Erwachsenen.

 Körperliche Nähe und Berührungen gehören im Sport manchmal dazu, zum Beispiel bei Hilfestellungen im Turnen. Die Frage, wann Grenzen überschritten werden, hängt auch stark von der persönlichen Bewertung einer Situation ab. Der Landessportbund will Vereine für das Thema sexualisierte Gewalt sensibilisieren.

Körperliche Nähe und Berührungen gehören im Sport manchmal dazu, zum Beispiel bei Hilfestellungen im Turnen. Die Frage, wann Grenzen überschritten werden, hängt auch stark von der persönlichen Bewertung einer Situation ab. Der Landessportbund will Vereine für das Thema sexualisierte Gewalt sensibilisieren.

Foto: dpa

Doch, so wie in Familie und Schule, spielen sexualisierte Übergriffe in den Lebenswelten heranwachsender Mädchen und Jungen auch im Sport eine Rolle. Zu diesem Thema hatte Hanna Esser von der Jugendhilfe der Stadt Meckenheim Trainer, Übungsleiter und Vorstände von Sportvereinen zu einem Vortrag eingeladen, um Handlungsmöglichkeiten zur Prävention und Intervention aufzuzeigen. Referentin war Gitta Axmann, die beim Landessportbund (LSB) mit dem Projekt "Schweigen schützt die Falschen" betraut ist. Mit dieser Kampagne verfolgt der Landessportbund das Ziel, das Thema "Sexuelle Gewalt im Sport" zu enttabuisieren. Alle im Sport Aktiven sollen informiert, sensibilisiert und beim offensiven Umgang gegen sexualisierte Gewalt unterstützt werden.

Unter den vielen Tausenden ehrenamtlichen Trainern und Übungsleitern, die wertvolle Arbeit in Sportvereinen leisten, sind es nur wenige, die ihre Vertrauensposition missbrauchen. Genaue Zahlen den Sport betreffend gebe es nicht, so Axmann. Doch nach Zahlen des Bundesfamilienministeriums sind jedes vierte bis fünfte Mädchen und jeder neunte bis zwölfte Junge schon einmal Opfer sexualisierter Gewalt geworden.

Was ist sexualisierte Gewalt, wo beginnt sie? Auch für Gitta Axmann gibt es da keine Standardformel. Zudem hängt die Beurteilung auch sehr stark von der persönlichen Bewertung einer Situation ab. Liegt etwa schon ein Fall von sexualisierter Gewalt vor, wenn bei einer Siegerehrung der Präsident die siegreichen Sportlerinnen immer besonders herzlich umarmt?, nannte sie ein Beispiel. Oder wenn eine Jungengruppe auf dem Weg in die Umkleidekabine sich gegenseitig versucht, die Hosen herunterzuziehen?

Deutlich wurde, dass es da eine große Grauzone gibt. Aber schon auf scheinbar harmlose Vorfälle sollte konsequent reagiert werden, sagte Axmann. Dazu müsse eine Atmosphäre geschaffen werden, "die potenzielle Täter abschreckt". Denn die testeten in der Regel aus, wie weit sie gehen könnten. So könne ein schlüpfriger Witz theoretisch eine Vorbereitungshandlung für einen späteren Übergriff sein. Axmann: "Straftaten können verhindert werden, wenn schon kleine Grenzüberschreitungen konsequent unterbunden werden." Die Referentin riet den Vereinen, auch auf Prävention zu setzen.

So verlangten viele Vereine erweiterte Führungszeugnisse von allen Mitarbeitern. In der LSB-Zentrale seien Fälle bekannt, in denen sich Vereine aufgrund dessen von Mitarbeitern getrennt haben. Außerdem schrecke ein offensiver Umgang mit dem Thema mögliche Täter ab. Axmann: "Wir müssen die Kinder stark machen. Etwa durch Rollenspiele, Infoveranstaltungen und ein offenes Ohr für alle ihre Sorgen. "Durchschnittlich sprechen Kinder sieben Erwachsene an, bevor etwas passiert", so die Referentin.

Wer in einem konkreten Fall Beratung sucht, kann sich wenden an: Landessportbund: Dorota Sahle, Referentin im Stab Politik- und Gesellschaftsfragen zum Thema Prävention und Intervention sexualisierter Gewalt im Sport, Telefonnummer 0203/7381847, dorota.sahle@lsb-nrw.de; Beratungsstelle gegen sexualisierte Gewalt: www.beratung-bonn.de, info@beratung-bonn.de, Telefonnummer 0228/635524.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort