Prozess gegen 53-Jährigen aus Lohmar Onkel muss lebenslang in Haft

LOHMAR/BONN · Nicht die geringste Regung ist dem Mann auf der Anklagebank anzusehen, als die Bonner Jugendschutzkammer an diesem Tag ihr Urteil über ihn fällt: Der 53-Jährige, der seine Nichten regelmäßig mit K.o.-Tropfen betäubte, missbrauchte und seine sechsjährige Nichte damit am 6. April tötete, wird wegen Vergewaltigung mit Todesfolge zu lebenslanger Haft verurteilt.

Seine Schwägerin, die Mutter der Kinder, ist dem Urteilsspruch ferngeblieben. Sie verbringt den Tag, wie ihre Anwältin Gudrun Roth erklärt, zusammen mit ihrer anderen, schwer traumatisierten Tochter im Kreis von vertrauten Verwandten.

Der Zuschauersaal ist voll, als Kammervorsitzender Volker Kunkel das Urteil verkündet und lange braucht, um alle Straftatbestände aufzulisten: Neben Vergewaltigung mit Todesfolge spricht das Gericht den Angeklagten unter anderem schuldig des versuchten Mordes durch Unterlassen, vielfachen schweren sexuellen Missbrauchs, Vergewaltigung, Abgabe von Betäubungsmitteln an Kinder, in einem Fall mit Todesfolge.

In der Begründung geht Richter Kunkel auf jeden Einzelfall ein und schildert, wie der Mann, dem Mutter und Kinder so vertrauten, alle täuschte, um seiner Neigung rücksichtlos nachzugehen. Wie der Mann, von dem sich seine drei Töchter nun abgewandt haben, begann, Kinderpornos aus dem Internet herunterzuladen, zu sammeln und akribisch zu ordnen. Die Polizei fand bei ihm 48 599 Bilder mit vor allem sehr jungen Kindern. Über das Schicksal dieser Kinder habe sich der Angeklagte, so Kunkel, keine Gedanken gemacht.

Stattdessen habe er begonnen nachzustellen, was er sah. Und da ihn vor allem der Missbrauch von willenlosen Opfern erregte, wie er selbst erklärte, stellte er K.o.-Tropfen her, gab sie den Nichten in Getränke und missbrauchte die betäubten Kinder. Und filmte es, so auch in der Nacht des 6. April.

Da war seine sechsjährige Nichte wie so oft über das Wochenende bei ihm. Beide Kinder, so Kunkel, kamen gerne zu ihm, er war für sie der Vaterersatz. Diesmal gab der Angeklagte dem Kind, wie schon einmal zuvor, die doppelte Dosis K.o.-Tropfen. Als das Kind schlief, stellte er die Kamera in Position und begann mit dem Missbrauch. Das Kind erbrach sich zwei Mal, und spätestens nach dem zweiten Mal, so der Richter, begann die Sterbephase des Kindes. "Er erkannte, dass das Kind in Lebensgefahr war, wie seine Wiederbelebungsversuche beweisen", so Kunkel. Und weil er nicht entdeckt werden wollte, habe er keine Hilfe geholt.

Rechtlich sei das versuchter Mord durch Unterlassen, erklärt Kunkel. Und es sei deshalb nur ein Versuch, weil ungeklärt bleibe, ob das Kind noch hätte gerettet werden können. Dass der Angeklagte bereits mit der Gabe der sehr hohen Dosis K.o.-Tropfen den Tod des Kindes in Kauf genommen habe, um seinen Missbrauch zu verdecken und damit einen vollendeten Mord begangen habe, sieht die Kammer im Gegensatz zu Oberstaatsanwalt Robin Faßbender nicht.

Dass der Angeklagte keine Hilfe geholt habe, so der Richter, sei keine Hilflosigkeit gewesen, wie der Angeklagte erklärt habe. "Als er die Lebensgefahr erkannte, ging er eiskalt, ruhig und beherrscht vor, wie der Film zeigt", sagt Richter Kunkel. Dann listet der Kammervorsitzende die strafschärfenden Punkte auf.

Es ist eine lange Liste: Der Angeklagte habe seine Taten langfristig geplant und mit hohem Nachdruck über einen langen Zeitraum im geschützten häuslichen Rahmen begangen. Er habe die Taten gefilmt, das Vertrauen der Kinder und ihrer Mutter erheblich missbraucht. Und: Die Folgen seien massiv. Ein Kind sei tot, das andere so schwer traumatisiert, dass es niemandem mehr vertraue und sogar von seiner Mutter keine offenen Getränke mehr annehme. Aber vor allem, so Kunkel: "Er hat seine ihm vertrauenden Nichten vollkommen menschenverachtend zu bloßen Objekten herabgewürdigt."

Obwohl der Angeklagte als Hangtäter gefährlich sei, habe die Kammer die beantragte Sicherungsverwahrung aufgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verhängen können, so Kunkel. Oberstaatsanwalt Faßbender ist dennoch zufrieden mit dem Urteil, wie er sagt. Sein Ziel sei lebenslange Haft gewesen, und aus der komme der Angeklagte nur frei, wenn er nicht mehr als gefährlich gelte. Davon aber geht Faßbender nicht aus. Anwältin Roth erklärt: "Meine Mandantin hat sich Gerechtigkeit für ihre Kinder gewünscht und dass deren Würde wiederhergestellt wird. Und das ist ein gerechtes Urteil."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort