Lohmarer Verein "Saach hür ens" Die Sprachakrobaten

LOHMAR · Der Lohmarer Verein "Saach hür ens" fördert die Mundart und bildet karnevalistischen Nachwuchs.

 Praxistest (v.l.): Felix Weitz (16), Nancy Sisik (11) und Michelle Sudbrock (16) proben mit Trainerin Selda Akhan-Selbach.

Praxistest (v.l.): Felix Weitz (16), Nancy Sisik (11) und Michelle Sudbrock (16) proben mit Trainerin Selda Akhan-Selbach.

Foto: Paul Kieras

Etwas verloren wirken Celina Domscheit (17) und Max Röhrig (13) auf der riesigen Bühne in der Jabachhalle. Sie proben zurzeit für die Kostümsitzung des Vereins "Saach hür ens" am Samstag, 31. Januar 2015, an selber Stelle.

Als "Zilli unn Mattes" liefern sie sich ein Wortgefecht unter Fußballfans. "Zilli" ist bekennender Borussia-Dortmund-Anhänger, Mattes' Herz schlägt für den 1. FC Köln. "Ich künnt doch nie in nem Biene-Maja-Trikot erüm loofe", teilt er dem (imaginären) Publikum mit. "Ävver Jeesbock is besser, wa", baut sich "Zilli" mit verschränkten Armen vor ihm auf.

Dann unterbricht Selda Akhan-Selbach, bekannt als Schauspielerin und Regisseurin der Kölner "Immi"- und der "Stunk-Sitzung", die zwei Streithähne. "Ihr müsst mehr Körpereinsatz zeigen, mehr Emotionen, Mimik und Gestik", erklärt sie und ergänzt: "Ihr seid Clowns, die den Saal zum Lachen bringen."

Dann beginnt das Duo von vorne - stets unter dem kritischen Blick von Akhan-Selbach, die ihnen "Bühnenpräsenz" beibringt, damit das Ganze auch wirkt. Sie arbeitet bereits zum zweiten Mal mit den Kindern und Jugendlichen aus allen Schulformen in Lohmar zusammen. Finanziert wird ihr Workshop mit der Mundartgruppe der Musik- und Kunstschule der Stadt Lohmar vom Kulturrucksack des Landes NRW und von "Saach hür ens" selbst.

Mehr als 50 Jahre war die Hauptschulsitzung eine feste Größe im Lohmarer Karneval, die weit über die Grenzen der Stadt hinaus beliebt und jedes Mal ausverkauft war. Das lag vor allem daran, dass auf dem Sitzungsprogramm zur Hälfte Beiträge von Schülern und Lehrern standen, die Lehrer Erwin Rußkowski geschrieben und mit ihnen einstudiert hatte. Zum Jubiläum ertönte im Vorjahr der letzte Tusch.

Rußkowski übernimmt Vorsitz

Rußkowski, 35 Jahre lang "Macher" der Veranstaltung, wollte die Arbeit gerne fortführen. Da traf es sich bestens, dass ihn der damalige Bürgermeister Wolfgang Röger darauf ansprach, ob er sich eine weitere Arbeit mit Kindern und Jugendlichen vorstellen könne. Rußkowski konnte und gründete in Kooperation mit der Musik- und Kunstschule bereits im Dezember 2012 "Saach hür ens", einen Brauchtumsverein zur Förderung und zum Erhalt der rheinischen Mundart. Und Rußkowski ist der Vorsitzende. Im März 2013 begann der Unterricht.

"Es gibt zwar einige Theatergruppen, die noch Mundart pflegen, aber ich kenne keinen Verein in der gesamten Region, der die Sprache auch aktiv fördert", so Rußkowski. Er wollte aber nicht nur Theorie vermitteln, sondern den Pänz Gelegenheit geben, das Erlernte auch zu präsentieren - zumal es kaum noch gute Büttenredner gebe. Schon 36 Auftritte haben die aktiven Mitglieder seit der Vereinsgründung im Karneval, aber auch zu allen möglichen weiteren Anlässen im Jahr hinter sich.

Einen ersten überregionalen Erfolg konnten Celina Domscheit und Max Röhrig bereits feiern. Anfang Oktober hatten sie ihren ganz großen Auftritt beim Vorstellabend des Literarischen Komitees im Festkomitee Kölner Karneval, dem der Lehrer im Ruhestand als stellvertretender Vorsitzender angehört.

Der Auftritt von "Zilli unn Mattes" wurde laut Kölner Presse mit tosendem Beifall der fast 1000 Gäste im Saal honoriert. "Ein tolles Ergebnis unserer Arbeit nach nur einem Jahr" berichtete Ruskowski mit Stolz.

Ihm und Selda Akhan-Selbach mache die Ausbildung der Nachwuchskräfte Spaß, weil Kinder freier seien als Erwachsene, die ihre Gefühle eher kontrollierten. Bei den Mädchen und Jungen bleibe durch die Ausbildung viel für das Leben hängen, sie würden selbstsicher und man könne deren Entwicklung beobachten, so Rußkowski.

Auf die Frage, ob Celina sich eine Karriere in der Bütt vorstellen kann, antwortet sie mit Bestimmtheit: "Wenn ich die Chance bekomme, wäre ich doch blöd, wenn nicht." Dabei schaut sie ihren Zwiegesprächspartner Max an. Der nickt, ist sich aber noch nicht ganz so sicher. Erwin Rußkowski würde sich jedenfalls freuen - und auch darüber, viele weitere Kinder und Jugendliche für die Mundart und seinen Verein gewinnen zu können.

Der Verein "Saach hür ens"

Der Verein wurde im Dezember 2012 gegründet und hat aktuell 70 Mitglieder. Außerhalb der Schulferien trifft sich der Verein jeden Dienstag von 17 bis 18.30 Uhr im Erdgeschoss der Realschule Lohmar, Donrather Dreieck 8. Kontakt beim Vorsitzenden Erwin Rußkowski, Telefon 02246/7766, oder per E-Mail an info@saachhuerens.de. Weitere Informationen im Internet unter www.saachhuerens.de.

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