Weihnachten vor 100 Jahren Wie Familie Zens in Hasenboseroth Weihnachten feierte

HASENBOSEROTH · Das Christkind war vor einem Jahrhundert doch eher funktional unterwegs, wenn es unter dem Weihnachtsbaum der Familie Zens in Hasenboseroth seine Spuren hinterließ. Socken gab es, mal ein Paar Handschuhe. Der Puppenwagen für die Kinder wurde ausgebessert, die gebrauchte Puppe selbst bekam ein neues Kleidchen.

 "Es hieß immer, das Christkind macht das fertig" Martha Jürgens Hasenboserotherin

"Es hieß immer, das Christkind macht das fertig" Martha Jürgens Hasenboserotherin

Martha Jürgens, geborene Zens, ist zwar erst 91 Jahre alt, aber sie erinnert sich noch daran, was die Eltern Peter und Christine Zens aus den Jahren des Ersten Weltkriegs später erzählten. Drei ihrer älteren Geschwister waren schon auf der Welt, als der Vater in den Krieg zog. Weihnachten 1917 schickte er Post aus Frankreich. Zwei Fotos legte er dazu. Auf einem ist er neben einem geschmückten Weihnachtsbaum zu sehen, auf dem anderen trinkt er mit den Kameraden ein Glas Glühwein. Die Karte an die Familie, in verschnörkeltem Sütterlin geschrieben, endet mit den Worten: "Gott zum Gruß."

In der Familie Zens spielte Religion eine wichtige Rolle. Sie konnten göttlichen Beistand gebrauchen "in dieser schwierigen Zeit. Auch wenn wir keinen Hunger leiden mussten", sagt Martha Jürgens. Ihr Großvater starb 1915. Die Witwe war auf die Mithilfe von Tochter Christine angewiesen, um die Ländereien bewirtschaften zu können. Die Tiere mussten versorgt werden, daneben der Haushalt in Zeiten, in denen es ohne Waschmaschine und Wegwerfwindeln gehen musste.

Zu essen gab es, was der Boden abwarf, in der kalten Jahreszeit oft Eingemachtes. Der Ertrag reichte aus, um einen Teil weiterzuverkaufen. Trotz der kalten Winter in Hasenboseroth bleibt Martha Jürgens ein warmes Gefühl, wenn sie an die Vorweihnachtszeit und die Familienfeste als Kind denkt. "Es war toll, wenn der Schnee fiel, und wir mit dem Kasteröllche die Hügel runterfuhren." Kasteröllche, das ist der Begriff, mit dem sie in Pleeser Mundart den Schlitten meinen. Es war kein Schlitten im üblichen Sinne, wie er heute im Regal eines jeden Spielwarenladens zu finden ist. Peter Zens war ein geschickter Handwerker.

Der Gleisarbeiter bei der Brölbahn baute die Gefährte für seine letzten Endes sieben Kinder aus dem, was die Werkstatt hergab. Ins Hause Zens kam das Christkind stets in der Nacht auf den Ersten Weihnachtstag. Dann war der Tannenbaum geschmückt, die Geschenke lagen unter dem Baum, die kleine, handgefertigte Krippe war aufgestellt. "Es hieß immer, das Christkind macht das fertig", sagt Martha Jürgens. Irgendwann beobachtete sie, wie die Eltern im Festzimmer hantierten. Und das Kind wurde argwöhnisch, ob diese Geschichten voll von Zauberei die Wirklichkeit widerspiegelten. So wie jedes Kind wohl irgendwann argwöhnisch wird.

Am Morgen des Weihnachtstages, als die Kinder aus den Betten stiegen, waren die Eltern schon um 6 Uhr in der Frühmesse der Oberpleiser Kirche gewesen. 20 Minuten strammer Fußmarsch hin, 20 Minuten strammer Fußmarsch zurück. Wenn der Schnee besonders hoch lag, marschierten die Erwachsenen vorne weg, um eine Spur für die Kleinen zu bahnen. Sie waren nicht gerade lauffaul im Hause Zens in Hasenboseroth.

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