Stall in Niederscheuren Weder Lärm noch Gestank: Die Aufregung hat sich gelegt

NIEDERSCHEUREN · Wer sich dem Hühnerstall in Niederscheuren nähert, wundert sich. Vor dem Zaun des weiträumigen Geländes verraten weder Geräusche noch Gerüche, dass hier bereits 6000 von später einmal 12.000 Hühnern leben.

 Kaum Emissionen: Der Biohühnerhof in Niederscheuren hat sich bislang als überaus umweltverträglich erwiesen.

Kaum Emissionen: Der Biohühnerhof in Niederscheuren hat sich bislang als überaus umweltverträglich erwiesen.

Foto: Frank Homann

Das Federvieh lebt in einer traumhaft schönen Landschaft. Umgeben vom idyllischen Pleiser Hügelland, das an diesem Abend ein Regenbogen überspannt, während fernes Donnergrollen ein Gewitter ankündigt.

Für Donnergrollen in der Nachbarschaft hatten vor zwei Jahren auch die Pläne für den Hühnerstall gesorgt (siehe Kasten). Erst nach Presseberichten und einer Veranstaltung der Stadt im Mai 2013, als Vertreter der Landwirtschaftskammer und andere Experten über das Vorhaben informierten und verdeutlichten, dass es aus Sicht der genehmigenden Behörden keinerlei Bedenken gebe, hatten sich die Wogen etwas geglättet.

So sind die Immissionen heute viel geringer als die der 120 Milchkühe und 50 Rinder, für die der Landwirt Andreas Brenner vorher eine Genehmigung hatte. "Sie entsprechen genau gesagt denen von 36 Milchkühen", so Brenner. Der befürchtete Mief ist ausgeblieben. Die Gerüche aus dem Stall werden über zehn Meter hohe Kamine abgeleitet. Und das nächste Wohnhaus ist 330 Meter entfernt.

Selbst auf dem riesigen Außengelände, das sich fast bis nach Bockeroth den Berg hoch erstreckt und auf dem sich die Hühner an den derzeit warmen Tagen vor allem am späten Nachmittag und am Abend aufhalten, nimmt man kaum einen Geruch, zumindest keinen unangenehmen, wahr.

Auch die Lärmentwicklung ist gering. Etwas lauter gackern die Hühner nur, wenn sie in den Familiennestern im Stall ein Ei legen. Diese regionalen Bio-Eier können im übrigen in Supermärkten in Oberpleis und Thomasberg gekauft werden. Sie werden über den Naturland Hof Alpermühle in der Region vermarktet. Der Kot der Hühner düngt die Getreideäcker eines landwirtschaftlichen, viehlosen Biohofs im nur einen Kilometer entfernten Hennef-Dambroich. Die vertragliche Futter-Mistkooperation der beiden Höfe liefert auf der einen Seite die Hälfte des Hühnerfutters und auf der anderen Seite die nötigen Nährstoffe für den Ackerboden. "240 Tonnen Hühnerkot im Jahr. So viel ist bei meinen Kühen vorher in nur einem Monat angefallen", sagt Brenner.

Die Eier werden alle paar Tage abgeholt, Futter einmal im Monat angeliefert. Nach einem Gutachten nimmt die Verkehrsbelastung gegenüber früher 578 Fahrten pro Jahr auf nur noch 195 ab. Da es sich um einen Biobetrieb handelt, stehen jedem Huhn vier Quadratmeter Auslauf zu. "Wir haben sogar ein bisschen mehr Auslauf als vorgeschrieben", sagt Brenner. Das heißt mehr als 48 000 Quadratmeter, was einer Fläche von vier Fußballfeldern entspricht.

Ende Februar sind die ersten beiden Gruppen in Niederscheuren eingetroffen. Eine Gruppe bedeutet bei Biobetrieben 3000 Hühner. Auf jede Gruppe kommen 15 Hähne, die mitgeliefert werden.

Zwei weitere Gruppen kommen im September. Bis dahin muss Brenner die zweite Hälfte des 74 Meter langen und 21 Meter breiten Stalls ausgebaut haben. Jede der vier Gruppen hat dann eine Stallfläche von 37 mal 10,60 Metern zur Verfügung. Von den 10,60 gehen 3,60 Meter für den Wintergarten ab, von dem aus die Tiere tagsüber bei gutem Wetter ins Außengelände wechseln können. "Die Hühner haben zwei bis drei Wochen gebraucht, um sich einzugewöhnen", sagt Brenner.

Was sie nicht mögen, sind nahende Flugzeuge. Noch bevor das menschliche Ohr die Flugobjekte wahrnimmt, machen sich die Hühner auf den Weg zurück in den schützenden Stall. Um gleich wieder umzukehren, sobald sich die Silhouette, die sie möglicherweise für einen Hühnerhabicht halten, am Himmel wieder entfernt. Im Außengelände gibt es mehrere Unterstände zum Schutz vor Habichten.

Auch zu den sechs Fütterungen am Tag peilen die Hühner den Stall an. Regen mögen sie nicht. Das leise Donnergrollen in der Ferne stört sie an diesem Abend hingegen nicht. Als sie nach Niederscheuren kamen, waren die Hühner 18 Wochen alt. An durchschnittlich neun von zehn Tagen legen sie ein Ei. Das ist etwas weniger als bei konventioneller Hühnerhaltung. "Durch die viele Bewegung verbrauchen sie viel Energie", sagt Brenner.

Wie sehr ihm seine Hühner ans Herz gewachsen sind, kann der staatlich geprüfte Landwirt nicht verbergen. "Jedes Jahr wird die komplette Gruppe ausgetauscht. Das ist schon ein bisschen traurig", sagt er. Da die Legeleistung bereits nach einem Jahr nachlässt und die Schalenqualität der Eier deutlich abnimmt, ist dem Federvieh nur ein kurzes Leben beschieden. Dann werden die Hühner als Biosuppenhennen geschlachtet.

Der Hühnerstall soll Brenner seine Existenz als Vollerwerbslandwirt sichern. Dafür bräuchte er heute 200 bis 300 Milchkühe, für die er keine Flächen hätte. "Ich glaube, ich habe bisher alles richtig gemacht", sagt er ein bisschen stolz. Aber am liebsten will er nach dem ganzen Ärger mit der Nachbarschaft nur in Ruhe gelassen werden.

Das sagen die Nachbarn

Heftige Kritik hatten vor zwei Jahren die ersten Pläne des Vollerwerbslandwirts Andreas Brenner für den Hühnerstall ausgelöst. Durch die Proteste der Anwohner, die sich sogar zu einer Bürgerinitiative formierten, hatte die Neuansiedlung an der Stadtgrenze von Königswinter nach Hennef eine Öffentlichkeit erlangt, die sonst wohl undenkbar gewesen wäre. Die Bürger taten ihren Protest lautstark kund.

Sie sammelten Unterschriften unter den 120 Einwohnern. Sie befürchteten eine Einschränkung der Lebensqualität vor allem durch Emissionen. Bei den Nachbarn hat inzwischen ein Umdenken eingesetzt. "Der Hauptfehler war, dass man die Bürger nicht vorab informiert hat, sonst wäre die ganze Aufregung gar nicht entstanden", sagt Gernot Richter von der Bürgerinitiative heute. Das Verkehrsaufkommen sei deutlich geringer als vorher beim Kuhstall.

"Wir nehmen weder große Geräuschbelastungen noch Federn oder Gestank wahr", sagt er. Während der Bauarbeiten sei Niederscheuren allerdings durch große Baufahrzeuge belastet worden. "Es scheint, dass das Projekt einen guten Verlauf genommen hat." Er würde sich einen Tag der offenen Tür wünschen, den bereits Dezernent Theo Krämer bei der Infoveranstaltung der Stadt im Mai 2013 vorgeschlagen hatte.

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