Volksschule Stieldorf Vor 60 Jahren entlassene Klasse traf sich im "Maruzzella"

STIELDORF · Mit dem Stöckchen gab's auch mal einen kleinen Hieb auf die Finger. "Die Lehrer waren streng, aber gerecht", erinnert sich Alfred Neuhöfer. Vor 60 Jahren wurde seine Klasse aus der Katholischen Volksschule Stieldorf entlassen.

 Die ehemaligen Schüler der Volksschule Stieldorf haben ihren ehemaligen Lehrer Josef Effern in die Mitte genommen.

Die ehemaligen Schüler der Volksschule Stieldorf haben ihren ehemaligen Lehrer Josef Effern in die Mitte genommen.

Foto: Melsbach

Zum Jubiläum organisierte er mit Helmut Wichartz, Herbert Halberstadt, Willi Meger und Karl-Heinz Wicharz ein Klassentreffen. Nach der Messe mit Seelsorger Ferdi Vater in der Pfarrkirche speisten die Ehemaligen im Restaurant "Maruzzella" und tafelten selbst eine Menge Erinnerungen auf.

Unter den Schülern war auch Lehrer Josef Effern mit seiner Frau Marliese. Alfred Neuhöfer schmunzelte: "Unser Lehrer sieht jünger aus als mancher von uns." In der Nacht zuvor war das Ehepaar erst aus dem Urlaub zurückgekehrt, die Koffer waren noch nicht ausgepackt. Aber das Treffen ließ sich Josef Effern nicht nehmen. "Ich komme immer wieder gern hierher", betonte der Lehrer, der von 1952 bis 1962 in Stieldorf unterrichtete und als Junglehrer für Sport und Erdkunde zuständig war. Mit ihm holte die Klasse sogar den Titel eines Amtsmeisters von Oberpleis im Fußball.

Von den 42 Schülern sind elf bereits verstorben. 25 nahmen am Klassentreffen teil. Die weiteste Anreise hatten Annemie Weber aus Nordstrand und Ulrich Meurer aus Bamberg. Die meisten Schüler hielten ihrer Heimat die Treue. Nach ihrer Schulzeit wurden sie tüchtige Leute, viele erlernten ein Handwerk, manche wurden Meister und gründeten ein Unternehmen.

Karl Fußhöller war Klassensprecher und wirkte als Steyler Missionar in Indonesien. Jetzt lebt er in der Schweiz und schickte seinen Schulkameraden ein langes Telegramm. Erstmals bei einem Klassentreffen dabei waren Hannelore Buchholz und Leni Domann, die durch einen Zufall erst jetzt wiederentdeckt wurden.

1946, in der harten Nachkriegszeit, war Einschulung. "In der Schule gab es Milch und Kakao", berichtete Neuhöfer. Er ging allerdings leer aus, denn seine Eltern hatten ein Lebensmittelgeschäft in Oelinghoven. Auch Helmut Wichartz musste den anderen beim Kakaoschlürfen zuschauen. "Selbstversorger mit ein bisschen Landwirtschaft erhielten nichts." Jürgen Marsollek, der später Betriebsprüfer beim Finanzamt wurde, erinnert sich, wie seine Mutter drei Briketts in Zeitungen einrollte - für den Kanonenofen in der Schule.

Die Stieldorfer Schule wurde auch von den Kindern aus den Nachbardörfern Vinxel, Hoholz, Bockeroth, Oelinghoven und Stieldorferhohn besucht. Zu Fuß, bei jedem Wetter. Veilchendienstag war schulfrei. Die Kinder aus Oelinghoven erlaubten sich einen jecken Scherz. "Verkleidet zogen wir morgens zum Schulhaus, sangen Karnevalslieder und schellten mit der Schulglocke bei Schulleiter Adolf Beinlich. Am nächsten Tag mussten wir alle nach vorn kommen, da setzte es Ohrfeigen", erzählte Alfred Neuhöfer.

Streiche lieferten sich die Kinder aus Oelinghoven und Stieldorferhohn, wo es weniger Mädchen gab als in Oelinghoven. Dadurch war das Kräfteverhältnis unausgewogen. Ein Teil des Schulweges war für die beiden Orte identisch. Deshalb traten die Oelinghovener aus Furcht auch schon mal über die Bockerother Felder ihren Heimweg an. Dafür neckten sie die Kinder aus Stieldorferhohn gelegentlich mit dem Spruch: "Höhnsche Pefferlecke kunn no Oelekovve de Teller uslecke." Alfred Neuhöfer: "Dafür bezogen wir Prügel von den Stieldorferhohnern."

Auch Lehrer Effern aus Sonderbusch wusste einiges zu berichten, was heute unvorstellbar wäre. Im Einführungsgespräch mit Hauptlehrer Beinlich ging es um seine kirchlichen Aufgaben. Die Teilnahme an Schul- und Sonntagsmessen war Pflicht. Es mussten drei Sakramentsprozessionen und einige Bittprozessionen mitgemacht werden.

"Alles kein Problem, ich bin früher auch zu Fuß nach Oberpleis zur Kirche und zu Andachten gegangen", so der junge Lehrer. Da fiel Beinlich ein: "Gut, dass Sie mich erinnern. Am Sonntag um 14 Uhr ist Andacht. Sie müssten Aufsicht führen. Ihr Platz ist in der vierten Reihe rechts am Gang." Jedenfalls war auch bei diesem Klassentreffen Efferns Platz mitten unter den früheren Schülern.

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