Haussammlungen der Caritas in Königswinter Unterstützung kam von der Kirche

THOMASBERG · Vor mehr als zehn Jahren lernten sich Harald und Katja Schmidt (Namen von der Redaktion geändert) kennen und lieben. Wegen Katja zog Harald aufs Land nach Thomasberg. Das Paar hat mehrere kleine Kinder. Es bat darum, in diesem Artikel jeden Hinweis zu vermeiden, der die Familie erkennbar machen könnte.

 Zu 95 Prozent bleiben die Spenden der Kollekten und Haussammlungen in den Pfarrgemeinden.

Zu 95 Prozent bleiben die Spenden der Kollekten und Haussammlungen in den Pfarrgemeinden.

Foto: dpa

Weil der Bauträger, der ihr Traumhaus bauen sollte, pleite ging, mussten die Schmidts Privatinsolvenz anmelden. Als zu allem Überfluss auch noch das dringend benötigte Auto kaputt ging, griff die Caritaskasse der katholischen Pfarrgemeinde der Familie mit einem Darlehen unter die Arme. Ein Beispiel für die Arbeit der kirchlichen Hilfseinrichtung, die dieser Tage in Königswinter wieder Haussammlungen durchführt.

Als die Familie wuchs, reichte die Mietwohnung nicht mehr aus. Das Paar kaufte in Thomasberg ein Grundstück. "Das fanden wir toll für die Kinder", erzählt Harald Schmidt. Das Grundstück gehörte einem Bauträger aus der Nähe von Bremen. Das Eigenheim wurde geplant. "Es sollte unser Traumhaus werden." Das hatte auch seinen Preis: Knapp 400.000 Euro sollte das Projekt kosten. Doch Harald Schmidt hatte einen guten Job, als Abteilungsleiter war er für 70 Mitarbeiter verantwortlich. Er fuhr einen Dienstwagen.

Doch aus dem Traum wurde ein Alptraum. Der Bauträger ging pleite, die Gesamtschadenssumme aller seiner Projekte belief sich auf 4,5 Millionen Euro. Das Unternehmen zog nicht nur die Familie, sondern auch mehrere kleine Firmen mit in den Ruin, die ihre Leistungen lieferten, dafür aber kein Geld sahen.

Ein Handwerker erstattete Strafanzeige gegen die Familie wegen Unterschlagung. "Wir haben an den Bauträger gezahlt, nicht aber an den Handwerker. Der hat sein Geld nicht bekommen", so Schmidt. Der Bauträger hatte nur ein Baukonto und bezahlte die Rechnungen anderer Objekte mit dem Geld der Bauherren-Familie.

Im Februar 2008 zogen die Schmidts mit zwei kleinen Kindern in ein unfertiges Haus, weil sie die monatliche Miete für ihre alte Wohnung und den Bankkredit nicht weiter parallel aufbringen konnten. Sie nahmen, nachdem die weitere Beleihung des Grundstücks nicht mehr möglich war, einen weiteren Kredit auf, um das Haus bewohnbar zu machen. In Eigenleistung versuchte Schmidt, die Arbeiten am Haus voranzubringen. Dann jedoch wurde er arbeitslos. Fast gleichzeitig starb seine Mutter, die als Pflegefall mit im Haushalt wohnte, und ihre Rente fiel weg. Allein mit Schmidts Arbeitslosengeld waren die Kredite nicht mehr zu bedienen. Das Traumhaus, um das sie noch lange kämpften, war irgendwann nicht mehr zu halten.

Im September 2011 meldeten die Schmidts Privatinsolvenz an. "Wir mussten uns das eingestehen, bevor unsere Ehe oder unsere Familie daran zerbrochen wäre", sagt Harald Schmidt. Zwei Jahre müssen sie nun noch mit dem Pflichtsatz auskommen. Jede unvorhergesehene Ausgabe stürzt die Familie daher in große Not. Als Katjas Fahrzeug dann einen Motorschaden hatte, waren sie der Verzweiflung nahe.

Doch dieses Mal kam Hilfe von der Kirche. Nachdem Diakon Udo Casel in einer Messe auf die Caritas hingewiesen hatte, meldete sich Harald Schmidt bei ihm. "Ich wüsste da jemanden, der Hilfe braucht, habe ich ihn angesprochen", erinnert er sich. Die Familie erhielt ein Darlehen in Höhe von 1500 Euro, das sie in monatlichen Raten von 50 Euro zurückzahlt. Später kam dann noch eine Gasnachforderung über 400 Euro dazu. Diese Nachzahlung wurde von der Caritas als Direkthilfe übernommen.

"Ich hätte nie geglaubt, dass ich mal betteln muss", sagt Schmidt. "Ohne Kirche und unsere Freunde wüssten wir nicht, was wir machen würden."

Kurz gefragt

Bis zum 13. Juni finden in Königswinter Haussammlungen für die Caritas statt. Mit Udo Casel, der seit Januar Caritas-Beauftragter für die Pfarrgemeinden im Bergbereich der Stadt ist, sprach Hansjürgen Melzer.

Der Ruf der Caritas ist nicht der beste. Bei Haussammlungen werden die Spendensammler zurückgewiesen. Wie kommt das?
Udo Casel: Die einen verbinden mit der Caritas schlechte Erfahrungen mit der Kirche, die anderen haben gehört, dass angeblich die falschen Leute unterstützt werden. Dabei bleibt das Geld, das bei den Haussammlungen und Kollekten zusammenkommt, zu 95 Prozent in der jeweiligen Pfarrgemeinde, nur fünf Prozent gehen an die Regionalstellen.

Wieviel Geld kommen durch Sammlungen zusammen?
Casel: In den fünf Pfarrgemeinden der Pfarreiengemeinschaft Königswinter Am Oelberg wurden 2014 insgesamt 27.952 Euro eingenommen und 35.631 Euro ausgegeben. In unserer Gemeinde St. Joseph und St. Judas Thaddäus wurden 11.403 Euro ausgegeben. Die Differenz kann nur durch Rücklagen ausgeglichen werden. Wenn die Einnahmen weiter zurückgehen, wissen wir nicht, wie wir weiter diese wichtigen Hilfen vor Ort leisten sollen.

Können Sie bisher alle Hilfesuchenden unterstützen?
Casel: Wer in einer Notlage in eines unserer Pfarrhäuser kommt, darf niemals ohne Hilfe weggeschickt werden. Sind es Durchreisende, erhalten sie einen Lebensmittelgutschein. Sind es Pfarrangehörige, wird mit ihnen überlegt, wie sie langfristig aus ihrer Notlage herauskommen. Sie erhalten auch höhere finanzielle Hilfen, wenn sie etwa ihre Stromrechnung nicht bezahlen können. Damit dies professionell geschieht, stehen hauptamtliche Mitarbeiter auf Regionalebene bereit, die beraten, wo es sinnvoll ist, eine höhere Unterstützung zu gewähren. Manchmal geben wir auch ein Darlehen, aber natürlich nur, wenn die Betroffenen auch bei einer professionellen Beratung mitmachen und dies der einzige Weg ist, wieder auf die Beine zu kommen.

Werden die Anfragen mehr?
Casel: In unseren Gemeinden gibt es mehr Menschen, die in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind, als man glaubt. Es braucht oft lange, bis jemand den Mut hat, zu uns zu kommen.

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