Ausstellung im Siebengebirgsmuseum Rheinromantik in feinen Strichen

KÖNIGSWINTER · Gute Kunst muss nicht immer dem Intellekt zugewandt sein. Manchmal kann die Magie eines Werkes auch schlicht in seiner Einfachheit, seiner Intuition bestehen. Die beiden Biedermeier-Maler Johannes Jakob Diezler (1789-1855) und sein Sohn Anton (1815-1845) aus Koblenz waren Meister der Landschaftsmalerei - ihr Markenzeichen: detailverliebte Kunst, die sich vor allem dem Herzen erschließt.

 Die neue Ausstellung im Siebengebirgsmuseum zeigt Bilder der Biedermeier-Maler Johannes Jakob und Anton Diezler.

Die neue Ausstellung im Siebengebirgsmuseum zeigt Bilder der Biedermeier-Maler Johannes Jakob und Anton Diezler.

Foto: Frank Homann

Wie kaum ein anderer verstanden es die Diezlers, den Kulturraum ihrer Heimat in filigranen Pinselstrichen für die Nachwelt festzuhalten - stets darum bemüht, die zarte Romantik des Moments mit auf die Leinwand zu bannen. Unter dem Motto "... wie in einem Zauberspiegel" zeigt das Siebengebirgsmuseum in Kooperation mit dem Mittelrheinmuseum Koblenz nun erstmals in der Geschichte der rheinischen Kunst das umfassende Werk der beiden Künstler.

55 Gemälde und 20 Grafiken, zur Verfügung gestellt von zahlreichen Leihgebern, stellen in mehreren Ausstellungsräumen das Schaffen von Vater und Sohn Diezler dar, das neben fulminanten Rheinpanoramen stets auch das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben bildlich festhält.

Ob Berge, Hügel und Wälder, ob Klöster, Burgen und Ruinen, sie alle bilden die Kulisse für zahlreiche in großem Detailreichtum festgehaltene Reisende, Arbeiter und Müßiggänger. Zudem sind die Bilder auch von historischem Erkenntniswert, merkte Kunsthistorikerin und Kuratorin Irene Haberland in ihrer Einführungsrede an: "Denn die Ansichten stellen nicht die unberührte Natur in den Fokus, sondern zeigen ein belebtes Rheintal als Kulturlandschaft."

Indem die Werke den Mittelrhein zu bestimmten Zeitabschnitten porträtieren, geben sie nicht nur Auskunft über das damalige Leben der Menschen in der Rheingegend, die sich im Vergleich zu heute landschaftlich nicht allzu sehr gewandelt hat. Die Gemälde sind zugleich Zeugnis der idyllischen Schönheit, vor der sich die beiden Diezlers mit romantischem Feinsinn verneigten.

Was sieht der Maler? Wo steht er, was weiß er? Diesen Fragen kann an einem interaktiven Touchscreen zu Johannes Jakob Diezlers "Ansicht von Niederlahnstein" nachgegangen werden, indem die Besucher einzelne markante Bildelemente berühren und Hintergrundinformationen sowie einen Vergleich mit aktuellen Fotoaufnahmen präsentiert bekommen. Ein ebenso ausgefallener Leckerbissen sind die Original-Bilderuhren Vater Diezlers - etwa "Oberwinter mit Blick auf das Siebengebirge". Im Kirchturm dieser Stadtansicht ist ein echtes Ziffernblatt montiert - dahinter verbirgt sich ein komplettes Uhrwerk, das das sogenannte Angelusgeläut spielen kann. Der friedlichen Idylle des Siebengebirges widmete sich der ältere der beiden Diezlers dann noch einmal im Jahr 1840 mit "Ansicht des Siebengebirges von Westen".

So detailreich sind viele der Diezler-Werke, dass man beinahe meinen könnte, die Künstler hätten die Baumkronen der fernen Waldhänge Blatt für Blatt gemalt. In einer weiteren Panoramaansicht blickt der Vater im Jahr 1847 von der Berghöhe bei Erpel auf sonnengetränkte Felder und Hausdächer hinab; ähnlich romantischem Schwelgen verschrieb sich Sohn Anton 1838 mit "Blick auf Boppard von Norden", einer beinahe modern anmutenden Ode in Öl auf Leinwand, mit deren abrupten Farbübergängen er sich zusehends von der Technik des Vaters löste. Schon um 1830 bewies Anton mit der andächtigen Ruhe und der grandios-mystischen Lichtgestaltung von "Abtei Rommersdorf von Süden", welches künstlerische Potenzial in ihm steckte.

"Mensch, ist das schön" - das Zusammenspiel von regionaler Kulturgeschichte und ausgeklügelter Topographie begeisterte die Besucher sichtlich. Nicht zuletzt aufgrund der positiven Reaktionen bei der Vernissage haben Johannes Jakob und Anton Diezler, beim Publikum bislang noch weitgehend unbekannt, eine eigene Ausstellung mit der umfassenden Präsentation ihres Schaffens mehr als verdient.

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