Unterbringung in der Turnhalle Palastweiher Notunterkunft für 100 Flüchtlinge

KÖNIGSWINTER · Königswinter muss in den nächsten Tagen eine Notunterkunft für voraussichtlich 100 Flüchtlinge schaffen. Das teilte die Bezirksregierung in Köln am Dienstag der Stadt mit. Nach fieberhaften Diskussionen entschied sich die Verwaltung für die Turnhalle Palastweiher als Standort.

Dienstagmorgen erreichte die Stadt der Anruf aus Köln. Der persönliche Referent von Regierungspräsidentin Gisela Walsken teilte mit, dass die Stadt bis zum Wochenende oder spätestens bis Anfang nächster Woche im Rahmen der Amtshilfe eine vorübergehende Notaufnahmeeinrichtung bereitstellen soll.

Den genauen Ankunftstag der Flüchtlinge kennt die Stadt noch nicht. "Uns liegt noch kein schriftlicher Bescheid vor", sagte die zuständige Dezernentin Heike Jüngling gestern Nachmittag. Vorausgegangen waren stundenlange Sitzungen mit einem großen Arbeitsstab, der sofort gebildet worden war. Dienstagabend informierte sich Jüngling in Hennef, das bereits eine Notunterkunft eingerichtet hat.

Bei den Gesprächen in der Verwaltung ging es zunächst einmal um den Standort der Notunterkunft. Nach reiflicher Abwägung entschied man sich für die Turnhalle Palastweiher und einen Teil des dazu gehörenden Parkplatzes, auf dem zum Beispiel Zelte aufgestellt werden könnten.

"Jeder Tag länger hilft mir", sagte Jüngling dem General-Anzeiger. Noch steht nicht fest, welche Hilfsorganisation die Stadt unterstützen wird. In Siegburg beispielsweise, wo die ersten Flüchtlinge am kommenden Montag erwartet werden, erfasst das Deutsche Rote Kreuz die Daten der Flüchtlinge und übernimmt auch die medizinische Versorgung. "Dass das Thema in vielen anderen Kommunen schon durch ist, macht es für uns bei den Materialien und Maßnahmen schwieriger.

Wir müssen gucken, wer noch Kapazitäten hat", so Jüngling. Die Dezernentin legt Wert auf die Feststellung, dass die Unterbringung der Flüchtlinge in der Notunterkunft nur "vorübergehend" ist. Sie geht von einem Aufenthalt von maximal vier Wochen aus. Auch buchungstechnisch sei das Verfahren komplett von der Unterbringung in den Asylbewerberheimen getrennt. "Wir erhalten auch weiter diese Zuweisungen", so Jüngling.

Anfang August lebten in Königswinter rund 260 Asylbewerber. Wie lange die Turnhalle am Palastweiher als Notunterkunft dienen werde, vermochte Jüngling noch nicht zu sagen. "Ich gehe davon aus, dass in der schriftlichen Verfügung eine Befristung angegeben sein wird." Notunterkünfte können in der Regel nicht mehr als wenige Monate genutzt werden, weil in den meisten Fällen kein entsprechendes Baurecht besteht.

Die Turnhalle am Palastweiher ist wie alle Sporthallen in Königswinter komplett belegt. Die Jugenddorf-Christophorusschule, Kindertagesstätten, die Behindertensportgemeinschaft Siebengebirge, der TV Königswinter und die Volkshochschule treiben dort Sport. Sie werden, wie auch die Anwohner, von der Stadt informiert. Außerdem kündigte die Verwaltung an, dass sich die Königswinterer in den kommenden Tagen über ein Bürgertelefon informieren können.

Palastweiher

Die Villa wurde in den Jahren 1910 und 1911, die Turnhalle bereits 1908 als Stiftung des Königswinterer Duftwasser-Fabrikanten Ferdinand Mülhens ("4711") errichtet. Der Unternehmer wollte ein "Volkswohlgebäude" zur Nutzung durch Vereine und für Veranstaltungen schaffen.

Das "Wilhelm-Auguste-Viktoria-Haus" wurde der damaligen Kaiserin gewidmet. Es gab auch eine Bibliothek und ein Lesezimmer. Die Nazis nutzten das Haus als Heim für die Hitlerjugend. 1939 wurde es Mittelschule, nach dem Krieg bis 1971 Mädchenlyzeum. Von 1975 bis 2002 hatte dort die Erziehungs-Beratungsstelle des Rhein-Sieg-Kreises ihren Sitz.

Mieterin des Gebäudes ist seit zehn Jahren die Gruppe Kultur der Lokalen Agenda, die dort ein Kunstforum einrichtete. Der ehemalige Zeichensaal wurde in drei Ateliers aufgeteilt. Im Kunstforum finden viele Veranstaltungen statt. Die Turnhalle ist tonnengewölbt und wird von Strebepfeilern getragen. Im Giebelbereich findet sich die Inschrift "Gut Heil".

Unterbringung für wenige Monate

"Für die Kommunen ist das natürlich ein Kraftakt", sagt Freia Johannsen, Pressesprecherin der Bezirksregierung Köln. Besonders, da die Städte und Gemeinden meist innerhalb kürzester Zeit die Notunterkünfte zur Verfügung stellen müssten.

Umso dankbarer sei man den Kommunen, dass sie im Zuge der Amtshilfe dem Land unter die Arme griffen. Denn die Landeseinrichtungen in Nordrhein-Westfalen seien angesichts des derzeitigen Ansturms von rund 6600 Flüchtlingen in der Woche völlig überfüllt. Die Stadt Königswinter weist in ihrer Mitteilung allerdings auch darauf hin, dass die Stadt das Hilfsgesuch gar nicht ablehnen könne.

"Es geht hier um die Vermeidung von Obdachlosigkeit", betont Sprecherin Johannsen. Die Notunterkünfte seien keine Dauereinrichtung, sondern würden meist nur für "wenige Monate" genutzt.

Die Kommunen - derzeit wendet sich das Land hilfesuchend an Städte und Gemeinden mit mehr als 40 000 Einwohnern - übernähmen eigenverantwortlich die Aufgaben des Landes. So müsse eine Rundumversorgung sichergestellt werden. Dazu gehört neben der Unterbringung und der Ernährung auch die medizinische Versorgung der Flüchtlinge. Neben einer Betreuung müsse zum Beispiel auch Sicherheitspersonal bereitstehen.

Die Rechnungen für diese Leistungen kann die Stadt - mit Ausnahme der Arbeitskraft, die die Verwaltung selbst einbringt - an das Land weiterreichen, das die Kosten übernimmt.

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