Ausstellung im Siebengebirgsmuseum Literarischer Kämpfer gegen Napoleon

KÖNIGSWINTER · Im Siebengebirgsmuseum gibt's Napoleon derzeit sogar als Porzellanfigur. Und begleitend zu der aktuellen Ausstellung "Kampf um den Rhein" sprach dort Norbert Schloßmacher, Leiter des Bonner Stadtarchivs, über Ernst Moritz Arndt (1769-1860), einen der ärgsten Gegner Bonapartes.

 Getrieben vom literarischen Kampf gegen den französischen Kaiser Napoleon war Ernst Moritz Arndt (links, nach einem Gemälde von Julius Röting), der 1860 in Bonn starb.

Getrieben vom literarischen Kampf gegen den französischen Kaiser Napoleon war Ernst Moritz Arndt (links, nach einem Gemälde von Julius Röting), der 1860 in Bonn starb.

Foto: PICTURE ALLIANCE/AP

Bereits seine Zeitgenossen wiesen dem von der Insel Rügen stammenden Schriftsteller eine ganz entscheidende Rolle im Kampf gegen Napoleon zu. Schloßmacher: "Sein publizistischer Erfolg muss demnach enorm gewesen sein." Aber natürlich sei nicht feststellbar, "wie viele junge Männer tatsächlich aufgrund seiner Schriften in den Kampf gegen Napoleon zogen".

Und was den 1913 gebildeten Landsturm im Siebengebirge anbelangte? Schloßmacher: "Unklar ist, ob überhaupt und wer hier am Rhein die Arndtschen Schriften gekannt, gelesen und sich daraufhin zu den Waffen begeben hat. Dennoch wage ich zu behaupten, dass Arndts Popularität, sein Nachruhm und seine spätere Instrumentalisierung durch ganz unterschiedliche Gruppen und politische Systeme ganz vorwiegend, wenn nicht ausschließlich, auf seine publizistische Tätigkeit zwischen 1806 und 1813 zurückzuführen sind."

Er skizzierte Arndt als Vielschreiber, voller Unrast und getrieben vom literarischen Kampf gegen den französischen Kaiser. 1806 sei er erstmals mit der Schrift "Geist der Zeit" als Wächter und Warner erschienen, als selbsternannter Erwecker und Erzieher der Nation und habe Anerkennung in weiten Kreisen des deutschen Sprachraums erhalten. Schloßmacher: "Seine Abscheu gegen Napoleon steigert sich in blanken Hass."

Seine Greifswalder Dozentur wurde ihm von der französischen Besatzung entzogen. Er verlegte seinen Wohnsitz nach Berlin. "Seine gehässigsten Texte", so der Referent, "entstanden zwischen 1812 und 1815."

1817 zog Arndt nach Bonn, baute sein Haus am Rhein, erhielt einen Lehrstuhl für Neuere Geschichte und verlor ihn schon bald wieder wegen seiner Kritik an der Preußischen Innenpolitik. Ein Verfahren gegen ihn gab es nicht, aber eine Wiedereinstellung an der Bonner Universität wurde ausgeschlossen. Erst 1840 durfte Arndt die Lehrtätigkeit wieder aufnehmen, die er bis 1854 fortsetzte.

Er sorgte für volle Hörsäle, auch wenn es Kritik an seinen "langweiligen Vorlesungen gab. Hier wird zum ersten Mal das Symbolische an der Person Arndts spürbar." Im Mai 1848 wurde Arndt Abgeordneter der Deutschen Nationalversammlung. Während des Ersten Weltkriegs wurde der Theologe und Historiker als der "deutscheste aller Deutschen" gern für Zwecke der Kriegspropaganda instrumentalisiert, ebenso wie später von den Nationalsozialisten.

Zum 200. Geburtstag 1969 wurde in Veröffentlichungen im Westen gefragt, ob nicht seine Bedeutung überschätzt worden sei. Hingegen wurde 1985 bei einem Symposium an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität in Greifswald aufgezeigt, wie Arndt "gegen den Widerstand der feudalen Reaktion das Tor zur bürgerlichen Umwälzung" aufgestoßen habe. Schloßmacher: "Man staunt doch immer wieder, wozu Arndt allzu häufig herhalten musste."

Der Referent: "Manches an Arndt beeindruckt uns bis heute, manches verabscheuen wir regelrecht. Er stritt für nationale Einheit und für eine Verfassung und wurde dafür Opfer der Demagogen-Verfolgung. Er galt als einer der wesentlichen geistigen Führer der Befreiungskriege. Diese Rolle bescherte ihm über mehrere Generationen hinweg Ruhm, Respekt und Anerkennung. Dahinter verblassten für lange Zeit - oder wurden geflissentlich übersehen - seine Ressentiments und seine Ausfälle gegenüber Katholiken, mehr noch gegenüber Juden, vor allem aber gegen die Franzosen. Arndt war und blieb der Heros der Befreiungskriege."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort