Gesamtschule Oberpleis Kein Platz für Linus aus Ruttscheid

OBERPLEIS · Linus liebt Fußball über alles. Er spielt bei den E-Junioren des TuS Oberpleis auf dem Sonnenhügel. Gerade mal einen Steinwurf von seinem Zuhause in Ruttscheid entfernt.

Linus - hier mit seiner Mutter Theresa - muss im nächsten Schuljahr jeden Tag von Ruttscheid nach Asbach zur Schule fahren.

Linus - hier mit seiner Mutter Theresa - muss im nächsten Schuljahr jeden Tag von Ruttscheid nach Asbach zur Schule fahren.

Foto: Homann

Doch ab dem Sommer hat er für Fußball keine Zeit mehr. Der fast Elfjährige, der für sein Alter noch sehr klein ist und die Ittenbacher Grundschule besucht, geht dann in die Realschule plus nach Asbach. An der Gesamtschule Oberpleis, wo er mit dem Rad in fünf Minuten gewesen wäre, wurde er mit seiner Hauptschulempfehlung abgelehnt.

"Wir haben die Mitgliedschaft beim TuS gekündigt, weil Linus aus Asbach erst nach 17 Uhr nach Hause kommt. Dabei ist ihm die Mannschaft so wichtig", sagt seine Mutter Theresa Paul. Um 7.20 Uhr muss der Junge künftig in Eudenbach den Bus nach Asbach nehmen. Eine durchgehende Verbindung gibt es nicht.

Theresa Paul ist immer noch aufgebracht über die Ablehnung von elf Königswinterer Kindern an der Gesamtschule. Besonders, weil nach ihrem Kenntnisstand alle elf Kinder besondere Förderung brauchen. "Ich habe mich mit allen Eltern ausgetauscht. Alle Kinder haben Lese- und Rechtschreibschwäche (LRS), Dyskalkulie oder ADHS, auch wenn dies kein anerkannter Förderbedarf ist", so Paul. Linus hat LRS.

Die Pauls wollen die Ablehnung nicht hinnehmen. Wenn die Widersprüche, die sie - wie die Eltern von fünf weiteren Kindern - bei der Bezirksregierung eingereicht haben, abgelehnt werden sollten, werden sie zusammen mit mindestens einer anderen Familie den Klageweg beschreiten. Eine große Kölner Kanzlei, die auf Schulrecht spezialisiert ist, wird sie vertreten. "Es geht uns ums Prinzip und darum, was hier mit den Eltern und Kindern veranstaltet wird", so Theresa Paul.

Godehard Mai, Leiter der Gesamtschule, hatte zuletzt ausführlich erläutert, nach welchen Gesichtspunkten die Kinder in Oberpleis aufgenommen wurden. Oberstes Kriterium war die Leistungsheterogenität. Das heißt, eine möglichst gleiche Verteilung von Kindern mit Gymnasial-, Realschul- und Hauptschulempfehlung. Da aus Königswinter nur wenige Anmeldungen von Kindern mit Gymnasialempfehlung abgegeben wurden, wurden mehr Schüler mit dieser Empfehlung aus anderen Kommunen aufgenommen. Leidtragende waren vor allem die Kinder aus Königswinter mit Hauptschulempfehlung. Dass Linus überhaupt einen Platz hat, wissen er und seine Eltern seit dem 16. März. "In Asbach wurde ich vom Schulleiter mit Handschlag begrüßt. Wir bekamen noch an Ort und Stelle die Zusage", so Theresa Paul. Sie weiß von anderen Königswinterer Kindern, die ebenfalls in Asbach oder an der Gesamtschule Hennef-West einen Platz gefunden haben.

Hätte Linus den Platz nicht bekommen, wäre die Zwangseinschulung an der Niederpleiser Hauptschule die letzte Möglichkeit gewesen. Christian Züllich aus Frohnhardt wird dorthin gehen. Auch er muss dann morgens vor 7 Uhr das Elternhaus verlassen. "Dabei können wir von zu Hause aus auf die Gesamtschule blicken", sagt seine Mutter Sylvia. Bisher besucht Christian die Grundschule Sonnenhügel und hat eine Hauptschulempfehlung.

Beide Familien haben sogar ernsthaft darüber nachgedacht, ihre Söhne die vierte Klasse wiederholen zu lassen, um dann einen Platz an der Gesamtschule zu bekommen, weil es nächstes Jahr 80 Grundschüler weniger gibt. Das schlossen beide Grundschulen jedoch aus. "Das Schlimmste ist, dass mein Sohn nun glaubt, er habe keinen Platz bekommen, weil er ADHS und LRS hat", sagt Sylvia Züllich. Theresa Paul pflichtet ihr bei: "Unsere Kinder werden einfach abgestempelt. Das tut mir so leid."

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