Bewerbung um die Landesgartenschau 2020 Karl Schürmann: "Ein Turbolader für die Stadtentwicklung"

Bad Honnef · Noch ist es eine Vision: eine Landesgartenschau (LAGA) in Bad Honnef. Der Stadtrat im Oktober erstmals darüber beraten, ob eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben wird. Eine solche Studie ist jeder Bewerbung vorgeschaltet. Potenzielles Ziel: die LAGA 2020 auszurichten.

 Ausflugsziel auf Dauer: Auch nach der Landesgartenschau in Zülpich bleiben Seepark und Strandbad erhalten. Von 23,6 Millionen Euro Gesamtkosten hat die Stadt nach eigenen Angaben 5,7 Millionen getragen.

Ausflugsziel auf Dauer: Auch nach der Landesgartenschau in Zülpich bleiben Seepark und Strandbad erhalten. Von 23,6 Millionen Euro Gesamtkosten hat die Stadt nach eigenen Angaben 5,7 Millionen getragen.

Foto: Laga Zülpich 2014

Zu dem Thema referierte Karl Schürmann, Geschäftsführer der Landesarbeitsgemeinschaft Gartenbau und Landschaftspflege (LAGL), jüngst auf Einladung der Initiative Wirtschaft für Bad Honnef.

Was ist Ihrer Ansicht nach Grundvoraussetzung für eine Landesgartenschau?
Karl Schürmann: Absolute Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Landesgartenschau ist, dass die ganze Stadt es will, die Bürger, die politisch Handelnden, die Verwaltung, an ihrer Spitze der Bürgermeister. Sie alle müssen sagen: Ja, wir nehmen diese Herausforderung an, wir wollen das tun für unsere Bürger und unsere Stadt. Schließlich bedeutet eine Landesgartenschau auch einen Schub an Aufgaben, an Arbeit für die Verwaltung. Ich sage immer: Eine Landesgartenschau ist nur etwas für Leute, die wirklich wollen.

Und was sagen Sie Zweiflern?
Schürmann: Skeptiker gibt es immer. Die gab es auch in Zülpich, und nicht zuletzt dort hat sich wieder gezeigt: Inzwischen sind alle begeistert. Zur Ausrichtung einer Landesgartenschau gehört der Wille aller, die Stadt in ein neues Jahrzehnt zu führen.

Welche Flächen sind nötig? Hat Bad Honnef überhaupt die Voraussetzungen?
Schürmann: Ob Bad Honnef die Voraussetzungen hat, muss die Machbarkeitsstudie zeigen. Natürlich braucht man Flächen, eine zusammenhängende Fläche von, sagen wir, sieben bis acht Hektar wäre nicht schlecht. Die Besucher wollen ja etwas sehen, zumal, wenn sie Eintritt zahlen. Zugleich gilt: Dass die Flächen nicht zusammenhängen, ist kein K.-o.-Kriterium. Wir sehen das aktuell in Zülpich, wo es eine Hauptfläche gibt, den Seepark, und weitere Flächen drum herum. Dann muss man sich halt Gedanken machen, wie man die Besucher von A nach B bringt. Wir finden heutzutage eigentlich nur noch Landesgartenschauen, die nicht aus einer zusammenhängenden Fläche bestehen. Die Kunst ist es doch nicht, mit dem Idealen zurecht zu kommen, sondern Lösungen zu finden für auf den ersten Blick weniger Ideales.

Wie sind die Landesgartenschauen organisiert?
Schürmann: Das Land hat aktuell die Landesgartenschauen 2020 und 2023 ausgeschrieben, hierauf sind Bewerbungen möglich, für 2020 bis zum 1. September 2015. Geprüft werden diese von einer Fachkommission, die dem Minister einen Vergabevorschlag macht. Ist die Vergabe erfolgt, wird zur Durchführung eine GmbH gegründet. Trägerin einer Landesgartenschau ist die ausrichtende Stadt, die auch Mehrheitsgesellschafter in der GmbH mit in der Regel 74 Prozent ist. Zweiter Gesellschafter mit 26 Prozent ist die LAGL. Diese Form wurde gewählt, da beim Land der Wunsch bestand, dass der Berufsstand das Know-how liefert.

Den Betrag für die Machbarkeitsstudie im fünfstelligen Bereich müsste die Stadt aufbringen. Was, wenn die Bewerbung scheitert? Wäre das rausgeworfenes Geld?
Schürmann: Nein, auf gar keinen Fall. Und ja, die Stadt träte hier in Vorleistung. Aber selbst, wenn die Bewerbung nicht fruchtet, hätte die Studie nachhaltigen Nutzen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass Städte, selbst wenn sie keinen Zuschlag bekommen haben, damit nachher ein Handlungskonzept in Händen halten.

Wer fertigt eine solche Studie?
Schürmann: Das ist eine Entscheidung der Stadt. Es gibt sehr erfahrene Büros, die schon mehrere Machbarkeitsstudien gemacht haben. Wichtig ist: Die Stadt muss zuerst ihre Ziele definieren. Diese bilden den Rahmen für den Gutachter. Und in diesem Rahmen werden eben auch Fragen zur Stadtentwicklung beantwortet. Wo wollen wir hin? Was sind unsere Potenziale? Das hat immer einen nachhaltigen Effekt.

Wie ginge es weiter nach einem Zuschlag?
Schürmann: Als erstes wird die Durchführungsgesellschaft gegründet. Sie schreibt auch den Wettbewerb für Landschaftsarchitekten aus. Das ist der eigentliche Kick: Die Stadt bekommt eine bundes- und europaweite Expertise für ihre Stadtgestaltung.

Wie wichtig ist die Einbindung der Bevölkerung?
Schürmann: Eine Landesgartenschau ist eine Bürgerbewegung. Nehmen Sie das Beispiel Rietberg 2008: Dort waren 1500 Ehrenamtliche aktiv, es gab an die 1000 Veranstaltungen. Eine Landesgartenschau ist auch die ideale Plattform für Vereine, sich zu präsentieren. Es ist eine wichtige Aufgabe der GmbH, die Bürger mitzunehmen. Ich kenne einen Bürgermeister, der dafür im Vorfeld durch alle Vereine getingelt ist. Und eine Stadt, da standen beim Besuch der Fachkommission 7000 Leute am Marktplatz, um zu zeigen: Wir wollen das!

Wie sieht die Finanzierung der Landesgartenschau aus?
Schürmann: Die GmbH hat einen Durchführungs- und einen Investitionshaushalt - und wir verlangen absolut professionelles Controlling. Wir achten sehr darauf, dass es eine Punktlandung gibt. Natürlich gibt es auch Städte, die die Landesgartenschau als Chance genutzt haben, flankierend in Weiteres zu investieren. Übrigens, auch das ist ein Effekt: Wenn der Zuschlag erteilt ist, steht der Eröffnungstermin fest. Dann kann niemand mehr sagen, wir schieben diese Maßnahme oder jene. Dann wird es gemacht.

Welche Zuschüsse gibt es?
Schürmann: Das Land gibt für die eigentliche Schau fünf Millionen Euro. Zugleich hat eine Landesgartenschau, etwas sperrig gesagt, eine Bündelungsfunktion für andere Fördermittel. In der Regel sind die Mittel aus dem Städtebauetat sogar wesentlich höher als die Landesgartenschau-Mittel. Nehmen Sie wieder das Beispiel Rietberg. Bei einem Investitionshaushalt von zehn Millionen Euro und einem Durchführungshaushalt von 5,5 Millionen Euro gab es die besagten fünf Millionen Euro sowie rund neun Millionen Euro zu städtebaulichen und sonstigen Maßnahmen. Das ist der Turbolader für die Stadtentwicklung.

Eine Landesgartenschau ist also mehr als eine Blümchenschau?
Schürmann: Ja. Sicher, die Besucher wollen Pflanzen sehen und schöne Gärten, wollen Tipps bekommen, wie sie den eigenen Garten gestalten. Auch geht es um Themen wie Umwelt- und Landschaftsschutz. Aber eine Landesgartenschau ist weit mehr, sie ist ein Wirtschaftsförderungsprogramm für die ganze Stadt: Dienstleistung, Handel, Handwerk, Gastronomie. Besucherzahlen, aktuell sind es mehr als 400 000 in Zülpich, zeigen das. Und wer gerne in Zülpich war, kommt auch gerne nach Bad Honnef. Wie gesagt, die Nachhaltigkeit muss von der Besucherzahl unabhängig gesehen werden.

Welchen Tipp geben Sie den Honnefern?
Schürmann: Ich bin sicher: Bad Honnef würde nach einer Landesgartenschau im besten Sinne eine andere Stadt sein als vor der Landesgartenschau. Das ist eine einmalige Chance.

Zur Person

Karl Schürmann, Jahrgang 1955, studierte Betriebswirtschaft in Dortmund sowie Agrarwissenschaften in Bonn, wo er 1984 promovierte. Seit 1986 ist er Geschäftsführer des Verbandes Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Westfalen-Lippe sowie seit 2004 des Verbandes Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau NRW. Schürmann ist Geschäftsführer der Landesarbeitsgemeinschaft Gartenbau und Landespflege NRW als Partner der Landesgartenschauen seit 2000 und gehört seit 1990 ununterbrochen Gremien der Landesgartenschauen an.

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