GA-Märchenserie Hinter dem Glasberg

KÖNIGSWINTER · Sein Metier sind Sagen, die Musik und die Therapie mithilfe der Musik. Den Ittenbacher Peter Wendland im Rahmen der GA-Märchenserie ein Märchen seiner Wahl erzählen zu lassen, liegt dennoch auf der Hand. Wer mit Sagen kann, der kann auch mit den Gebrüdern Grimm. Die Sieben Raben sollen es sein.

 Mystische Geschichten aus dem Siebengebirge sind sein Metier: Peter Wendland vor Schloss Drachenburg.

Mystische Geschichten aus dem Siebengebirge sind sein Metier: Peter Wendland vor Schloss Drachenburg.

Foto: Frank Homann

Jene Geschichte also, in der sieben Brüder sich in eine entsprechende Zahl schwarzer Raben verwandeln. Der Vater hatte sie verwünscht. Er glaubte, die Lausbuben hätten beim Spielen vergessen, das Wasser zu holen, mit dem die im Sterben liegende Tochter getauft werden sollte.

Peter Wendland weiß, wie man sich verwandelt. Und er hofft, dass ihm noch manche Verwandlung gelingen wird in seinem Leben. Der bisher tiefste Einschnitt: Vor fünf Jahren hatte der verheiratete Vater einer heute achtjährigen Tochter und eines sechs Jahre alten Sohnes zu entscheiden, ob er die nächste Karrierestufe im sicheren Job bei der Stadt Königswinter erklimmt oder ob er sich selbstständig macht.

Der Sozialpädagoge tat Letzteres. Seitdem erzählt er mystische Geschichten aus dem Siebengebirge und dem Umland auf Schloss Drachenburg oder in der Nibelungenhalle und therapiert kraft seiner Gitarrenmusik in Kinder- und Seniorenheimen. "Wenn mein Vater damals noch gelebt hätte, hätte er meine Entscheidung sicher nicht verstanden", sagt Wendland.

Den gebürtigen Breslauer hatten nach dem Zweiten Weltkrieg und der Gefangenschaft die Chancen auf Arbeit nach Koblenz getrieben, wo der Sohn zur Welt kam. "Mein Vater war Beamter und ein Sicherheitsmensch, was ich angesichts der damaligen Verhältnisse gut verstehen kann." Doch für den erwachsen werdenden Peter Wendland war Koblenz "wie für den Vogel der goldene Käfig", seine Entscheidung für die Freiberuflichkeit "vielleicht die späte Befreiung vom Vater". Leben, glaubt er, sei nicht nur der Spatz in der Hand, sondern eben auch die Taube auf dem Dach.

Bei den Sieben Raben überlebt die Schwester und macht sich irgendwann auf die Suche nach ihren sieben Brüdern. Sie sucht auf der ganzen Welt und bekommt letztlich von den Sternen den heißen Tipp, hinter den Glasberg zu schauen. Die Sterne geben dem Mädchen einen Hühnerknochen, mit dem sich der Eingang öffnen lässt. Aber sie verliert ihn und nimmt in ihrer Verzweiflung als Schlüsselersatz ihren eigenen abgetrennten Finger. Wendland sagt: "Es gibt auf ihrem Weg schier unüberwindlich scheinende Hindernisse. Sie gelangt an Punkte des Scheiterns, aber gibt nicht auf." Der Familienvater und seine Frau sind gerne kletternd im Berg unterwegs. Immer an der Schnittstelle, wo die Wurzeln der Erde und die Luft der Freiheit nah beieinander liegen. Irgendwann kann der Punkt kommen, an dem etwas keinen Spaß mehr macht. "Dann sollte man etwas verändern", meint der 45-Jährige.

Am Glasberg gelangt die Schwester in die Gemächer der Brüder, und die Raben sind erlöst, als sie ihren Ring in einem Becher finden. Kürzlich gab Wendland in einem Seniorenheim eine Stunde mit einer E-Gitarre. Anschließend überreichte ihm einer der "Schüler" einen Zettel, auf dem stand: "Das war ein schöner Tag, der mich mit Leben erfüllt hat." "Darum geht's", sagt Wendland.

Die GA-Serie

Die Brüder Jacob und Wilhelm Grimm haben im 19. Jahrhundert ihre berühmten Kinder- und Hausmärchen aufgeschrieben. Die beiden sollen auch mal durchs Siebengebirge gewandert sein. Sicher überliefert ist das zwar nicht, aber ihr Name findet sich dennoch in vielfacher Weise in den Orten des Siebengebirges wider.

In einer Serie stellt der General-Anzeiger in lockerer Folge Menschen aus dem Siebengebirge vor, lässt sie ihre allerliebsten Grimm'schen Märchen erzählen und ihren persönlichen Bezug dazu.

Peter Wendland bietet regelmäßig Sagenabende an. Die nächsten kostenpflichtigen Termine zur "Geisterstunde auf Schloss Drachenburg" sind am Freitag, 14. August, 22 Uhr und am Freitag, 11. September, um 20.30 Uhr geplant. Zur "Nacht der Nibelungen" lädt er für Freitag, 21. August, und Freitag, 25. September (jeweils 20 Uhr) ein. Anmeldung und Infos per E-Mail: info@peter-wendland.de.

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