Flüchtlingsankunft in Königswinter Hilfe an der Grenze des Machbaren

KÖNIGSWINTER · Maximal 100 Flüchtlinge sollten am Freitag in Königswinter eintreffen. Eine angeforderte Liste verzeichnete sogar nur 60. Tatsächlich stiegen am Abend 130 müde und hungrige Männer, Frauen und Kinder aus rund zehn Nationen aus den beiden Bussen; statt eines Babys waren es zehn.

Zwei Bananenkisten mit handschriftlichen Zetteln wurden ausgepackt. "Eine komplette Datenlage gab es nicht", so Sozialdezernentin Heike Jüngling.

So mussten in der Nacht auf Samstag nicht nur zusätzliche 30 Betten und Lebensmittel organisiert werden, sondern die Mitarbeiter der Stadtverwaltung sowie die vielen Helfer hatten auch noch mit dem Papierwirrwarr zu kämpfen. Aber: Zunächst leisteten sie Zuspruch. Viele Flüchtlinge hatten Tränen in den Augen, als sie auf dem Parkplatz am Palastweiher eintrafen und wieder nur eine Zeltstadt vorfanden. Jüngling: "Sie waren davon ausgegangen, nun feste Unterkünfte zu beziehen." So wie eine syrische Frau, die mit ihrer Familie im Schlauchboot geflüchtet war und seit Anfang Juli in der Notaufnahme Hamm untergebracht war. Jüngling: "Aber meine Kollegen und die Ehrenamtler haben die Leute in den Arm genommen und getröstet."

Parallel zur ärztlichen Untersuchung verlief die Registrierung durch die Mitarbeiter der Stadtverwaltung. Jüngling: "Viele haben sich gefreut, erstmals ein Dokument, eine Karte mit Foto, zu erhalten. Sie haben gejubelt, dass sie wenigstens nicht mehr namenlos sind."

Unklar war der genaue Stand der Impfungen und der Tb-Röntgenuntersuchung. Jüngling: "Da stand zum Beispiel auf einer Seite des Papiers, der Flüchtling sei noch ohne Impfung, beim Umblättern fand sich jedoch ein Impfvermerk." Oder: Röntgenbilder oder Befunde fehlten. Fieberhaft war Frank Meurer, Leiter des Einsatzdienstes der Malteser, mit dem Sortieren der Unterlagen und dem Einholen von Informationen zugange, blies dann aber am Samstagmittag das Röntgen ab. Das soll nachgeholt werden, sobald von der radiologischen Praxis in Hamm belastbare Auskünfte vorliegen. Dabei hatte sich im Cura-Krankenhaus am Samstagmorgen bereits medizinisches Personal um Röntgenabteilungsleiterin Elke Klimesch eingefunden, um in der Freizeit noch nicht geröntgte Flüchtlinge zu durchleuchten.

Bis morgens halb vier arbeiteten die Mediziner und Malteser Seite an Seite. Jüngling: "Das lief alles schnell und in beeindruckender Qualität." Außerdem: "Ich bin dankbar, dass wir unseren eigenen Rettungsdienst haben. Leiter Frank Ruppert hat das Netzwerk zu den Maltesern hergestellt. Auch um die 30 Mitarbeiter aus der Verwaltung sind hier unermüdlich tätig, Tag und Nacht. Sie hören sich die Schicksale an, die zu Tränen rühren, kaufen Babynahrung, verschenken Zigaretten." Mit Hilfe ehrenamtlicher Dolmetscher wurden Details geklärt. So konnte Bürgermeister Peter Wirtz schnell Ersatz für die kaputte Brille eines Flüchtlings beschaffen.

Ein völlig verzweifelter Mann suchte Frau und Kinder. Es stellte sich heraus: Er war nach seiner Krankenhausentlassung in Hamm in den Bus nach Königswinter gesetzt worden - und sollte aber eigentlich nach Eschweiler, wohin seine Angehörigen am Tag zuvor abgereist waren. Jüngling bewerkstelligte die Familienzusammenführung genauso wie sie erfolgreich um Äpfel beim Obsthof Siebengebirge "bettelte" und nun noch auf der Suche ist nach einem Frauenarzt für eine Schwangerenvorsorgeuntersuchung.

Die Sozialdezernentin: "Wir bemühen uns, die Betreuung in professionelle Hände zu übergeben." Honnefs Malteser-Stadtbeauftragter Andreas Archut: "An diesem Wochenende sind wir an die Grenzen des Machbaren gelangt."

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