Theater "Demenzionen" im Seniorenzentrum Sankt Katharina Ganz dicht an der Lebenswelt

KÖNIGSWINTER · "Vorwärts, seitwärts, ran - rückwärts, seitwärts, ran!" Zwar können die meisten der demenzkranken Bewohner des Sankt Katharina Seniorenwohnheims nicht mehr tanzen.

 Zwischen Bühne und Zuschauerraum ist nicht viel Platz. Schauspielerin Gabriele Kirwald lässt ihr Publikum am Stück teilhaben.

Zwischen Bühne und Zuschauerraum ist nicht viel Platz. Schauspielerin Gabriele Kirwald lässt ihr Publikum am Stück teilhaben.

Foto: Frank Homann

Aber sie wippen auf ihren Stühlen und mit ihren Rollatoren zu Liedern wie "Der Kuckuck und der Esel" oder "Wenn die Elisabeth nicht so schöne Beine hätt'".

Das reisende Theater "Demenzionen" ist an diesem Tag in der Königswinterer Einrichtung zu Gast und trifft dort auf ein sehr lebendiges Publikum - trotz oder wegen des hohen Alters, immerhin sind zwei Damen im Alter von 97 und 96 Jahren mit dabei.

Als "Hoch auf dem gelben Wagen" erklingt, gibt es für die gut gelaunten Senioren kein Halten mehr. Der Zuschauerraum wird endgültig zur Bühne, und es gibt kaum einen, der nicht dem spontanen Chor folgt. "Unser Ziel war es, ein Theaterstück mit interaktiven und biografischen Elementen zu schaffen, dem unsere Zielgruppe gut folgen kann", sagt Jessica Höhn. Die Theaterpädagogin aus Köln hat "Demenzionen" 2013 ins Leben gerufen, um auch Menschen mit einer Demenz-Erkrankung ein künstlerisches Programm zu bieten und sie so weiter am kulturellen Leben teilhaben zu lassen.

Das aktuelle Stück der Regisseurin "Zu Hause ist's doch am schönsten" spielt im Alltag der späten 1950er Jahre und bleibt dicht an der Lebenswelt und vor allem im Gedächtnis des Publikums: das Wohnzimmer mit den typischen Tapeten und Gardinen, Rabattmarken, Lohntüten, Fernsehschauen bei den Nachbarn oder der Sonntagsbraten und obligatorische Kuchen.

"Das sind alles Sachen, die den Menschen total vertraut sind, da das Langzeitgedächtnis meist noch gut funktioniert", sagt Gudrun Borsch. Die Leiterin des Sozialen Dienstes im Seniorenzentrum hat "Demenzionen" nach Königswinter geholt und würde das jederzeit wieder machen. "Es ist toll, dass wir in den Genuss kommen, das Theater hier zu erleben. Schauen Sie sich doch die strahlenden Gesichter an."

Auch für die Schauspieler ist der Auftritt in einem Seniorenheim immer wieder eine Bereicherung. "Die Leute blühen so richtig auf, und das gibt uns total viel zurück", sagt Ulla Klein. Und ihr Kollege Hans-Peter Breuer fügt hinzu: "Wir wollen den Menschen auf Augenhöhe begegnen und ihnen unsere Wertschätzung ausdrücken. Das klappt ganz gut und ich hoffe, wir können noch lange weitermachen." Laut Regisseurin Höhn soll die Finanzierung bis 2016 gesichert sein, vor allem, weil das Katholische Bildungswerk in Bonn die Initiative unterstützt.

"Demenzionen" ist bestes Improvisationstheater, ohne dass die Besucher direkt aufgefordert werden, mitzumachen. Sie beteiligen sich von selbst. Mitsingen ist das eine, Reinrufen das andere. "Das war damals wirklich so", "Das kenne ich auch" oder "Ach, du lieber Gott" sind zu hören, als Vati nach dem Mittagsschlaf im Unterhemd im Esszimmer steht und seine Rasierutensilien auf dem Tisch ausbreitet. "Ich sing' den Badewannen-Tango, bei mir zu Hause, unter der Brause, mit Schaum im Ohr" singen er und einige Männer im Publikum natürlich mit, während ihm drei Damen in der ersten Reihe gekonnt den Rasierspiegel hinhalten.

Eine der charmanten Bewohnerinnen gibt dem frisch rasierten Schauspieler am Ende der Szene sogar einen Kuss auf die Wange. Das ist Mitmach-Theater vom Allerfeinsten, und der Saal ist zu recht amüsiert.

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