Juniorakademie in Königswinter Fasziniert vom Blick ins Weltall

KÖNIGSWINTER · Die Astronomie gehört für Nadya Ben Bekthi von der Universität Bonn zu den "Menschenfängern". Sie vermag es, sagt die promovierte Physikerin, "den Weg in das gesamte Spektrum dieser Wissenschaft zu ebnen".

 Blick durchs selbst gebastelte Spektroskop: Der Praxisanteil in der Juniorakademie macht etwa ein Drittel der Zeit aus. FOTO: FRANK HOMANN

Blick durchs selbst gebastelte Spektroskop: Der Praxisanteil in der Juniorakademie macht etwa ein Drittel der Zeit aus. FOTO: FRANK HOMANN

Foto: Frank Homann

Womit das Thema des Tages schon mal angeschnitten wäre: Im Astrophysikkurs der Juniorakademie, die am Mittwoch in der Jugenddorf Christophorusschule Königswinter (CJD) begonnen hat, geht es an diesem Tag um Licht und wie es sich aus einzelnen Spektralfarben zusammensetzt. 18 hochbegabte Schülerinnen und Schüler aus ganz Nordrhein-Westfalen sind im Kreativhaus des CJD gewissermaßen auf der Suche nach dem astrophysikalischen Durchblick.

Insgesamt nehmen 54 Jugendliche an der neuntägigen vom nordrhein-westfälischen Schulministerium finanzierten Königswinterer Akademie zu den Gebieten Forensik, Mathematik und eben Astrophysik teil (siehe auch Kasten). Die Schulen konnten jeweils ein Mädchen und einen Jungen aus der achten oder neunten Klasse für diesen Unterricht in den Sommerferien vorschlagen.

Aber der Begriff Unterricht (der Duden erklärt ihn übrigens mit "planmäßige Unterweisung Lernender") trifft eigentlich nicht vollends zu. "Wir sprechen von Kursen, denn die Idee ist es, den Schülern Raum zu geben, sich und ihre Kreativität selbst einzubringen", erklärt Ellen Rauscher, die zum achten Mal die Akademie leitet. Das klassische Lehrer-Schüler-Verhältnis werde bewusst aufgebrochen, auch die Lehrer und Wissenschaftler werden geduzt. Die Themen seien so gewählt, dass sie nicht Unterrichtsstoff vorwegnehmen, sondern möglichst neuen Input geben sollen.

Entsprechend locker, aber durchaus konzentriert geht es im Kreativhaus zu. Über den Pferdekopfnebel, jenes Lichtjahre entfernte Gebilde im Sternbild des Orion wird ebenso diskutiert wie über schwarze Löcher. Eine Begeisterung für Science-Fiction bringen die meisten der Schüler auf. "Das Weltall ist einfach ein unglaublich faszinierender Raum", erklärt Esther ihre Entscheidung für diesen Kurs. Die 14-Jährige aus dem oberbergischen Radevormwald freut sich auch, neue Freundschaften schließen zu können und auf das Freizeitangebot mit Sport, Musik und Tanz. Eine erste Tanzeinheit haben am Donnerstag einige Schülerinnen aus eigenem Antrieb auf die Beine gestellt - ein Beispiel für die Möglichkeiten, die Akademie mit eigenen Ideen zu gestalten.

Die Astrophysiker haben den Wunsch geäußert, das Radioteleskop in Effelsberg, eines der weltweit größten beweglichen Radioteleskope, zu besichtigen. Für Dienstag ist der Ausflug geplant. In diesen Sommertagen ist es nämlich äußerst schwierig, mit den Teleskopen der CJD in die Sterne zu schauen, weil es draußen lange hell ist.

Dennoch werden Physikerin Nadya Ben Bekthi und der Kölner Lehrer Tobias Busche mit ihren Schülern etwa ein Drittel der Kurszeit praktische Versuche auf die Beine stellen. Wie zum Beispiel den Bau eines Spektroskops. So wird ein Gerät genannt, das das weiß erscheinende Licht in seine Spektralfarben aufbricht. Dafür nutzen die Physiker eine CD, auf dessen scheinbar glatter Fläche in Wirklichkeit immer wieder kleine Vertiefungen zu finden sind, ähnlich wie die Rillen bei einer Schallplatte. Dieses reflektierende Raster lenkt die Farben mit ihren jeweiligen Wellenlängen in unterschiedliche Richtungen ab und bricht es so in Einzelfarben auf.

Für Nadya Ben Bekthi ist neben der Vermittlung von Inhalten wichtig, eine Begeisterung für ihr Fach zu transportieren. "Für die Jugendlichen ist es toll, wenn sie auf anschaulichem Weg erfahren, dass jede Formel letztlich ihren Sinn hat." Der 15 Jahre alte Lars aus Elsdorf bei Bergheim hat sich auch deshalb für die Akademie und gegen die Verlockungen sechswöchiger Ferien entschieden, weil dort im Gegensatz zur Schule "auf die eigenen Ideen eingegangen wird". Der Lehrplan lässt den Lehrern gerade in Zeiten der verkürzten Schulzeit bis zum Abitur kaum Möglichkeiten, auf Sonderwünsche einzugehen. "Das funktioniert höchstens in Differenzierungskursen."

Die Forensik-Schüler warten derweil darauf, dass Maden in den von ihnen unterschiedlich präparierten Hähnchenschenkeln schlüpfen. Das mag etwas eklig klingen, soll den Forschern aber wichtige Erkenntnisse liefern. Heute kommt die Kriminalpsychologin, Forensikern und Buchautorin Lydia Benecke, Ehefrau des bekannten Forensikers Mark Benecke, vorbei, um über die Ergebnisse zu sprechen. Auch sie soll mehr Licht in die Materie bringen.

Die Akademie

Die Juniorakademie findet zum mittlerweile zehnten Mal in Königswinter statt. Vom 22. Juli bis zum 31. Juli läuft sie außerdem zeitgleich an den Standorten Jülich, Ostbevern und Petershagen.

Insgesamt nehmen daran 154 Schülerinnen und Schüler teil, 54 davon in jeweils drei Kursen zu je 18 Teilnehmern in Königswinter. An den Juniorakademien beteiligen sich mittlerweile fast alle Bundesländer, die unter dem Dach Deutsche Juniorakademien zusammengeschlossen sind.

In Nordrhein-Westfalen finanziert das Schulministerium das Programm für Hochbegabte der Klassen 8 und 9 seit 2006. Ziel ist es, das Interesse und die Neugierde für Themen zu wecken, die in der Regel nicht im Rahmen des Schulstoffes behandelt werden, aber eben auch das soziale Miteinander mit Freizeitangeboten zu stärken.

Am letzten Akademietag, dem kommenden Freitag, stellen die Schüler ihre Projekte noch einmal vor. NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) wird den Teilnehmern auf der Abschlussveranstaltung ihre Teilnehmerurkunden überreichen.

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