150 Jahre evangelische Christuskirche Ein Gotteshaus für 10 090 Taler

KÖNIGSWINTER · Die Herbstsonne ging langsam unter. Vom Turm der neuen Christuskirche herab tönten die Posaunen: "Eine feste Burg ist unser Gott!" Und die Glocken grüßten, als die evangelischen Christen von ihrem alten Betsaal an der Hauptstraße zur nahen Grabenstraße zogen.

 Innerhalb von zwölf Monaten wurde im Jahr 1864 die Christuskirche in Königswinter errichtet.

Innerhalb von zwölf Monaten wurde im Jahr 1864 die Christuskirche in Königswinter errichtet.

Foto: Homann

Hier schloss Pfarrer Emil Saenger die schwere Tür zum Gotteshaus auf - die Gemeinde konnte am Reformationstag, am 31. Oktober 1864, ihre neue Kirche im neugotischen Stil beziehen. 150 Jahre später, am Abend des Reformationstags, wird die Evangelische Kirchengemeinde Königswinter hier ebenfalls einen Festgottesdienst feiern.

Emil Saenger hatte die Ereignisse von damals in einem Tagebuch aufgezeichnet, das ein Nachfahre jetzt zum Jubiläum der Gemeinde übermittelte. Rund 100 evangelische Christen lebten damals in Königswinter, halb so viele in Honnef, die Saenger ebenfalls zu betreuen hatte. 1848 hatten sie der Muttergemeinde Oberkassel eine Filialgemeinde abgetrotzt. Zunächst versammelten sie sich regelmäßig in einem Betsaal, dem ehemaligen Zilleschen Tanzsaal, wünschten sich aber eine eigene Kirche. Als Saenger im Herbst 1862 seinen Dienst in Königswinter antrat, hatten sie bereits 3000 Taler zusammengetragen.

Aber diese Mittel reichten natürlich noch nicht. Mittlerweile war jedoch die Erlaubnis zu einer Hauskollekte in der Provinz eingegangen. Mehrere Männer zogen neun Monate los, um für den Kirchbau in Königswinter bei den evangelischen Glaubensgenossen zu sammeln. Auch Pfarrer Saenger ging auf Wanderschaft. Seine "Sammeltour" führte ihn durchs ganze Rheinland. Und schließlich reiste er noch nach Holland. Nicht nur Geld, sondern ebenso Kirchengeräte wie eine Taufschüssel brachte er mit zurück. Baumeister Christian Heyden aus Barmen hatte im Frühjahr 1863 seinen Plan für eine einfache Kirche in gotischer Form mit etwa 200 Sitzplätzen vorgelegt. Sie sollte für 7200 Taler gebaut werden mit der Aussicht, dass während des Baus die für die Vollendung des Turms erforderlichen Mittel noch aufgebracht werden. Am 14. Juli 1863 wurde der erste Spatenstich getan, bereits

15 Tage später feierten die Christen die Grundsteinlegung zusammen mit Saengers Ordination.

Im April 1864 war so viel Geld da, dass der Turm sofort vollendet und außerdem auch zwei Glocken für 640 Taler bestellt werden konnten. Im Sommer war der äußere Turm bereits fertig. Aber das Sternengewölbe im Innern machte Sorgen, weil ein Teil abgebrochen war. Dennoch: In nur einem Jahr stand die Christuskirche, die damals übrigens einfach nur "Evangelische Kirche" hieß. Zunächst wollte das Presbyterium sie Melanchthon-Kirche nennen, da der Reformator der Legende nach bei einer Reise auf der Löwenburg übernachtet habe. Wohl auch deshalb ist sein Wappen im Eingangsbereich der Kirche dargestellt. 10 090 Taler betrugen die Baukosten. Eindrucksvoll sind die großen Glasfenster, die von den beiden vermögenden Industriellenfamilien Edelhoff und Clarenbach gestiftet wurden, deren Namen an den Fenstern zu lesen sind. Übrigens gehörten die Clarenbachs zur Familie des Adolf Clarenbach, der 1529 in Köln als erster evangelischer Märtyrer im Rheinland verbrannt wurde.

1871 errichtete der Honnefer Architekt Ottomar Stein die schöne Orgelbühne für die von Adolf Ibach aus Bonn gebaute Orgel. Auch der Altar ist herauszuheben, hat ihn doch einer der besten Schüler des Königswinterer Malers Franz Ittenbach geschaffen: Heinrich Johann Sinkel.

Und noch etwas ist bemerkenswert: Für den Betsaal spendeten katholische Bürger Königswinters 100 Taler. Das war in jener Zeit nicht selbstverständlich. Nach dem Zweiten Weltkrieg stellte der evangelische Pfarrer der Pfarrgemeinde Sankt Remigius die Kirche zur Verfügung, während deren arg zerstörte Pfarrkirche instand gesetzt wurde. Und: Die Glocken beider Kirchen sind auf den Grundton "g" eingestimmt. Ein gutes Zeichen für die Ökumene.

Gottesdienst und Vortrag

Zum Jubiläumsprogramm gehört der Festgottesdienst am Freitag, 31. Oktober, 18 Uhr, in der Christuskirche. Und Präses Manfred Rekowski, das Oberhaupt der Evangelischen Kirche im Rheinland, hält am Dienstag, 28. Oktober, 19 Uhr, im Evangelischen Gemeindehaus an der Grabenstraße 22 einen Vortrag zum Thema: "Wo stehen wir mit unserem Glauben?" Rekowski war als Pfarrer im Raum Wuppertal tätig, bevor er in die Landeskirchenleitung wechselte. Sein Ziel: die Evangelische Kirche im Rheinland zügig aus der Finanzkrise führen. Kritiker stufen in diesem Zusammenhang seinen scharfen Sparkurs als übertrieben ein.

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